Nach Gfellers Ankündigung: Wer greift den Gemeindepräsidenten an?
Der Worber Gemeindepräsident Niklaus Gfeller (EVP) will ein fünftes Mal Gemeindepräsident werden. Dies hat er im BERN-OST-Interview vor einer Woche bekanntgegeben. Wir haben eine Umfrage bei den Parteien gemacht. Wer tritt gegen Gfeller an?
«Die Bevölkerung kann mich wählen oder nicht», sagte Gemeindepräsident Gfeller selbstsicher im BERN-OST-Interview von letzter Woche. Die Erfahrung könnte ihm recht geben.
Eine kurze Recherche ergab, dass amtierende Gemeindepräsidenten selten abgewählt werden. Im Kanton Bern geschah dies in den letzten zehn Jahren lediglich vier Mal. Wobei einmal in der Region Bern-Ost. 2016 wurde der parteilose Gemeindepräsident Rudolf Burger in Bolligen abgewählt. Er verlor die Wahl gegen Katharina Zuber von der FDP.
Gfeller sitzt fest im Sattel
Nicht so in Worb. Vier Mal setzte sich Niklaus Gfeller durch. Bei seiner ersten Wahl 2008 zum Gemeindepräsidenten distanzierte er Hanspeter Stoll (FDP) um 579 Stimmen. Vier Jahre später wehrte er einen Angriff der SP ab. Gfeller holte 299 Stimmen mehr als sein Herausforderer Jonathan Gimmel (SP). 2
2016 setzte die FDP auf Lenka Kölliker, Gfeller entschied die Wahl wiederum für sich mit einem Vorsprung von 492 Stimmen. 2020 war wieder die SP dran, doch Gfeller baute seinen Vorsprung aus. Diesmal stimmten 1220 Personen mehr für ihn als für die Gegenkandidatin Sandra Büchel.
Schwieriges Manöver
Wer Niklaus Gfellers fünfte Amtszeit verhindern will, muss sich warm anziehen oder anders gesagt, breit abgestützt sein in der Bevölkerung. Obwohl seine Partei, die EVP, bei den Wähleranteilen erst an fünfter Stelle hinter SP/Grüne, SVP, FDP, Mitte kommt, sitzt Gfeller fest im Sattel.
Wir haben bei den Worber Parteien nachgefragt, was sie zur erneuten Kandidatur sagen und ob sie eine Kandidatin oder einen Kandidaten ins Rennen schicken.
BERN-OST: Matthias Marthaler (Co-Präsident SP Worb), Sie kritisieren Niklaus Gfeller häufig im Grossen Gemeinderat, was sagen Sie zu seiner Ankündigung einer fünften Kandidatur?
Matthias Marthaler: Persönlich muss ich sagen, war ich überrascht, dass er nochmals antritt. Neu haben wir in Worb eine Amtszeitbeschränkung in der Verfassung, diese gilt aber erst ab 2029.
Werden Sie eine Gegenkandidatur lancieren?
Wir wollen eine Kandidatin oder einen Kandidaten aufstellen, da wir nicht nur kritisieren, sondern auch Lösungen anbieten wollen. Ich kann aber noch keine Namen nennen, es laufen noch verschiedene Abklärungen. Wir lassen uns Zeit und überlegen uns das gut.
Sie hatten vier Jahre Zeit sich vorzubereiten.
Jaja, da haben Sie recht.
Wie sieht es aus mit einer Kandidatur der Gemeinderäte Christoph Moser (SP) oder Urs Gerber (Grüne)?
Das sind beides erfahrene Politiker, Christoph Moser hat sich vor acht Jahren zur Verfügung gestellt. (Anm. der Redaktion: Er schied nach dem ersten Wahlgang als Kandidat mit den wenigsten Stimmen aus) Wie gesagt, es laufen Gespräche und ich will nicht vorgreifen.
Niklaus Gfellers EVP holte bei den letzten Wahlen am wenigsten Stimmen. Gleichwohl stellt die EVP seit 16 Jahren den Gemeindepräsidenten. Wie kommt das?
Da sieht man, es geht nicht um Parteien, sondern um Persönlichkeiten.
Der Worber SVP-Präsident Bruno Fivian kandidierte bei den letzten Gemeinderatswahlen selbst und wurde gewählt. Fivian verzichtete aber auf das Gemeinderats-Amt und blieb Parlamentarier im Grossen Gemeinderat von Worb. An seiner Stelle rutschte damals für die SVP die heutige Gemeinderätin Karin Waber nach.
BERN-OST: Bruno Fivian, wie reagierten Sie zur Ankündigung des Gemeindepräsidenten?
Meine persönliche Meinung: Es hat mich überrascht. Ich hatte den Eindruck, er mag nicht mehr, eigentlich könnte er jetzt schon in Pension. Aber für mich ist es ok. Dass er nochmals antritt, heisst auch, dass es keinen neuen Gemeindepräsidenten gibt. Es passiert fast nie, dass ein amtierender Gemeindepräsident abgewählt wird.
Werden Sie eine Gegenkandidatur lancieren? Beispielsweise mit Gemeinderätin Karin Waber (SVP) oder werden sogar Sie antreten?
Aktuell sind weder Karin Waber noch eine Kandidatur meinerseits ein Thema.
Heisst das, die SVP tritt nicht an?
Dafür ist es noch zu früh. Eine Kandidatur ist möglich, wir werden diesbezüglich noch Gespräche führen.
Catarina Jost-Pfister ist Präsidentin der Grünliberalen und Präsidentin des Worber Parlaments. Die GLP bildet mit der Mitte eine eigene Fraktion im Grossen Gemeinderat.
BERN-OST: Catarina Jost-Pfister, was sagen Sie zur Ankündigung von Niklaus Gfeller?
Catarina Jost-Pfister: Ich habe das positiv aufgenommen. Es ist meine dritte Legislatur, Niklaus Gfeller hat fundiertes Wissen, ist sachlich klar, umgänglich und hat ein offenes Ohr.
Werden Sie eine Gegenkandidatur lancieren?
Ich weiss von nichts. Ich habe diesbezüglich auch nichts gehört.
FDP wartet ab
Keinen Kommentar gibt von Seiten der FDP. Laut FDP-Präsident Gregory Graf prüft die Partei derzeit die Alternativen und wird später kommunizieren.
Die Gemeinde- und Präsidiumswahlen finden nächstes Jahr am 22. September statt. Bisher wählte Worb stets Ende November. Neu finden die Wahlen früher statt, da bei einer allfälligen Stichwahl ums Gemeindepräsidium diese erst kurz vor Weihnachten stattfände und dadurch für die Amtsübergabe nur noch wenig Zeit bliebe.
[i] Stimmenverhältnis bei den Gemeinderatswahlen 2020: SP/Grüne 32.7 Prozent, SVP 20 Prozent, FDP 19.7 Prozent, Die Mitte 15.2 Prozent, EVP 12.5 Prozent.