Münsinger Cup Team von A bis Z: Von Energiebündeln und Vereinstreuen
Münsingen ist der erfolgreichste Berner Amateurverein der letzten drei Dekaden. Doch was charakterisiert den 1.-Liga-Klub, der heute Abend im Cup erstmals in einem Pflichtspiel (19.30 Uhr) auf YB trifft? 26 Fakten zu den Aaretalern von A–Z.
A wie Aufstiegsspiele.
Nach dem Aufstieg in die 1. Liga 1988 stand der FCM 6-mal an der Pforte zur Nationalliga B, scheiterte jeweils in den Aufstiegsspielen. Zuletzt 2008, als GC Biaschesi zu stark war. Seit der Eingliederung des FCM in die 1. Liga stand der Verein drei weitere Male in der Barrage für die Promotion League, zog aber jedes Mal den Kürzeren.
B wie Bollwerk.
Die Defensivstärke des FC Münsingen ist legendär, Jahr für Jahr beissen sich die Gegner am Aaretaler Bollwerk die Zähne aus. Auch in der aktuellen Saison stellt der FCM von 42 Erstligisten die zweitbeste Defensive, kassierte in 11 Spielen nur 10 Gegentreffer.
C wie Cuphistorie.
6-mal bekam es der FCM im helvetischen Cup bereits mit einem Vertreter aus der höchsten Schweizer Spielklasse zu tun, verlor jedoch immer. 1996 gegen Basel und 2009 gegen Aarau schaffte es Münsingen immerhin bis in die Verlängerung, bevor es ausschied.
D wie Deutschland.
Innenverteidiger Antonius (22, seit 2015) und Mittelfeldakteur Max Dreier (26, seit 2012) haben sich zu tragenden Säulen im Spiel des FCM gemausert. Die Brüder wuchsen in der Schweiz auf, sind aber deutsche Staatsbürger. Beide spielten als Junioren bei YB.
E wie Energiebündel.
Der Energiehaushalt von FCM-Coach Kurt Feuz ist imposant. Der in Kirchberg wohnhafte Ex-YB-Spieler ist Trainer, Sportchef, Sponsorensucher und Vermarkter in Personalunion. Seine Leidenschaft an der Seitenlinie ist legendär, die Schreikrämpfe und Schimpftiraden Kult. Der pensionierte Familienvater, dessen Sohn Rouven Profi war und später auch beim FCM kickte, lebt Fussball mit jeder Faser seines Körpers. Ohne ihn stünden die Aaretaler wohl kaum da, wo sie im Moment sind.
F wie Frauenfussball.
Ab 1982 stellte der Klub auch ein Frauenteam, das es bis in die NLB schaffte, 1992 jedoch aufgelöst wurde. Seit 2016 nimmt wieder ein Team am Meisterschaftsbetrieb teil, die FCM-Damen agieren in der 4. Liga.
G wie Giesse-Cup.
Vor 11 Jahren rief der FCM mit dem FC Rubigen ein internationales Turnier für D-Junioren ins Leben. Eine Erfolgsgeschichte. Längst nehmen etliche U-12-Teams der Superligisten und Vereine aus dem Ausland am Anlass teil.
H wie Hütter.
YB-Trainer Adi Hütter überlässt nichts dem Zufall. Der Österreicher beobachtete den Cupgegner Münsingen am letzten Samstag im Spitzenkampf der 1. Liga gegen Solothurn (1:1) höchstpersönlich.
I wie «Ich-AGs»
Der FC Münsingen definiert sich seit je übers Kollektiv. «Uns zeichnet aus, dass wir keine Egoisten haben», sagt Flügel Sandro Christen. Sogenannte «Ich-AGs», Spieler, die vorab an die eigene Karriere und weniger an den Klub denken, haben beim FCM keinen Platz.
J wie Juniorenbewegung.
Mehr als 300 Junioren in 13 Teams jagen im Dress der Aaretaler dem Ball nach.
K wie Kulttrainer.
Energiebündel Kurt Feuz steht in seiner 33. Saison als Coach, wird seinen Vertrag in Kürze um 2 weitere Jahre verlängern. Einzig in der Saison 96/97 kehrte Feuz seinem FCM den Rücken, heuerte beim FC Biel an, kehrte aber nach nur einem Jahr im Seeland wieder zu seinem Herzensklub zurück.
L wie Langzeitrekord.
Martin Bürki, langjähriger Goalie des FCM und Vater der Professionals Roman und Marco, stellte 1994 einen Schweizer Rekord auf, der bis heute Bestand hat. Bürki senior blieb 772 Minuten oder fast 9 Spiele de suite ohne Gegentreffer.
M wie Mitglieder.
Der Verein hat etwa 1000 Mitglieder, ist der grösste in der 12 000-Einwohner-Gemeinde und einer der bedeutendsten in der Region.
N wie Nervensäge.
Kurt Feuz, der oft wie ein Vulkan an der Seitenlinie brodelte, ist zwar nicht gerade altersmilde, aber mit Sicherheit ein My ruhiger geworden. Dennoch kann es nach wie vor vorkommen, dass der 65-Jährige seine Spieler mit Anweisungen derart nervt, dass auch schon mal ein Akteur verbal kontert und seinem Coach die Meinung geigt.
O wie «Old School».
In Zeiten, in denen «Laptoptrainer» Gegenpressing zelebrieren lassen, in der Pause Videosequenzen vorführen und von überspielten Gegnern schwadronieren, spielt der FCM einen erzkonservativen, aber äusserst effektiven Fussball alter Schule. Die Viererkette in der Abwehr gehört zum Inventar. Das Team ist stets top organisiert, operiert in Anlehnung ans Englische «Kick and Rush» oft mit weiten Zuspielen, verfügt über physisch starke Spieler im Zentrum und schnelle auf den Flügeln.
P wie Profis.
Die Professionals Michael Frey (FC Zürich), Roman (Borussia Dortmund) und Marco Bürki (YB) lernten das Fussball-ABC bei den Aaretalern.
Q wie Querelen.
Querelen, Unruhe oder Skandale gibt es beim FCM nicht, was auch an der hemdsärmeligen, bescheidenen Art der Vereinsverantwortlichen liegt. Im Aaretal sind Taten wichtiger als grosse Worte.
R wie RotSchwarz.
Rot und Schwarz sind die Klubfarben des FCM.
S wie Senioren.
Das Altherrenteam des FCM gehört zum Besten, was es in der Schweiz gibt. In den letzten 10 Saisons wurde es 8-mal Berner Meister, holte 4-mal den Berner und einmal sogar den Schweizer-Cup-Titel ins Aaretal.
T wie Tribüne.
Seit ein paar Jahren steht auf dem Sportplatz Sandreutenen eine kleine Tribüne, die rund 200 Menschen Platz bietet. Für das heutige Cupspiel kommt eine temporäre, 3-teilige Stahlkonstruktion mit weiteren 2000 Sitzgelegenheiten dazu.
U wie Ursprung.
Die Wurzeln des FCM gehen auf den 1. Juni 1928 zurück. Nächstes Jahr wird der Verein sein 90-jähriges Jubiläum feiern können.
V wie Vereinstreue.
Seit Kurt Feuz das Zepter als Coach schwingt, gehört es zum Merkmal des FCM, dass es in jeder Dekade diverse vereinstreue Akteure gibt. Aus dem aktuellen Kader stehen mit Captain Patric Gasser, Luca Lavorato, Sandro Christen, Patrick Strahm, Daniel Mumenthaler, Christian Plüss, Michael Erzinger, Patrick Karrer, Patrick Funaro, Valon Selmani und Max Dreier nicht weniger als 11 Spieler in ihrer mindestens fünften Saison beim FCM. Der aktuelle Rekordspieler, der knallharte Verteidiger Strahm, kommt auf über 200 Spiele im Fanionteam.
W wie «Wuschu».
YB-Sportchef Christoph «Wuschu» Spycher hat eine FCM-Vergangenheit (s. unten), spielte von 1997 bis 1999 beim damaligen Erstligisten, bevor er seine Profikarriere beim FC Luzern lancierte.
X wie Xamax.
1992 traf der FCM im helvetischen Cup zum ersten Mal auf ein Team aus der höchsten Schweizer Spielklasse. Gegen Xamax verlor man 1:4, 2400 Zuschauer waren damals auf der Sandreutenen zugegen.
Y wie YB.
Noch nie in der fast 90- jährigen Vereinshistorie traf der FCM in einem Pflichtspiel auf YB. Im Kader stehen 9 Spieler mit gelb-schwarzem Bezug: Antonius und Max Dreier, Nick Rothen, Valon Selmani, Luca Lavorato, Sandro Christen, Lars Schädeli, Lukas Schenkel und Patrick Funaro waren YBJunioren, Funaro spielte gar zweimal in der Super League.
Z wie Zwahlen.
Andreas Zwahlen präsidiert den Verein seit 2016.
[i] ALTE BEKANNTE: Mentor und Musterschüler
YB-Sportchef Christoph Spycher lancierte in Münsingen seine Karriere. Damals wie heute Trainer beim Erstligisten: Kurt Feuz.
Als Münsingens Trainer Kurt Feuz vergangene Woche in den Katakomben des Stade de Suisse David von Ballmoos erblickt, fragt er den YB-Torhüter: «U de, bisch scho närvös?» Von Ballmoos lacht, grüsst den einstigen YB-Akteur herzlich. Im Berner Fussball gibt es kaum einen, der den 65-Jährigen nicht kennt. In bald 33 Saisons als Trainer in Münsingen hat er viele Bekanntschaften geknüpft. Von YB-Sportchef Christoph Spycher etwa war Feuz einst der Mentor.
Feuz hatte Spycher 1997 vom SC Bümpliz nach Münsingen geholt, in zwei Jahren formte und förderte er ihn. Die Münsinger trainierten damals wie heute dreimal wöchentlich, alsoabsolvierte Feuz mit dem späteren Nationalspieler Einzeleinheiten. Spycher sei schon in jungen Jahren ein Leader gewesen, sagt Feuz. «Und er stellte sich nie in den Vordergrund.» Feuz pries seinen Musterschüler bei etlichen Profiklubs an, begleitete ihn zu Gesprächen mit Vereinsvertre-tern. «Er hat mich auf sehr tolle Art und Weise unterstützt», sagt der 39-Jährige über Feuz und spricht von einer tiefen Verbundenheit, die auch heute noch zwischen ihnen bestehe. Seit Spycher 2010 nach Bern zurückgekehrt ist, sehen sich die beiden wieder öfter.
YB sah Potenzial nicht
Damals, vor bald 20 Jahren, empfahl Feuz den jungen Spycher auch YB. Doch die damaligen Verantwortlichen sahen im späteren Captain von Eintracht Frankfurt zu wenig Potenzial. «Sie haben geschlafen», sagt Feuz. Stattdessen griff Andy Egli zu, holte Spycher zu Luzern, wo er durchstartete. «Er hat alles richtig gemacht», sagt Feuz über seinen einstigen Spieler. Heute treffen sie sich im Cupachtelfinal wieder: Spycher als YB-Sportchef, Feuz wie eh und je als Trainer in Münsingen. dwu