Münsingen/Thun - Zwischen Einsamkeit und Teamwork

Eindrückliches Dokument einer Extremerfahrung: Der Thuner Timon Rupp hat einen Münsinger Lehrer ans härteste Velorennen der Welt begleitet und einen Dokufilm gedreht, der am Sonntag im Kino City gezeigt wird.

Michael Gurtner, Thuner Tagblatt TT
Da fährt er. Ein kleiner Punkt in einer immensen Steinwüste. Nik Zeindler, 51 Jahre alt, Familienvater und Berufsschullehrer aus Münsingen, unterwegs irgendwo in den USA. Am härtesten Radrennen der Welt. Von der West- an die Ostküste, 5000 Kilometer, 50 000 Höhenmeter in zehn Tagen. Allein in einer grandiosen Landschaft. Die Einsamkeit des Langdistanzradlers. Und doch wäre er nichts ohne sein Team. Diesen scheinbaren Gegensatz fängt Timon Rupp eindrücklich mit der Kamera ein. Der 25-Jährige hat Zeindler im letzten Sommer ans «Race across America» begleitet. Und präsentiert jetzt den 60-minütigen Dokufilm «Alles für Nik» über ein grosses Abenteuer und die Suche nach einer ganz speziellen Grenzerfahrung.

Teil des Teams

Timon Rupp zeigt in ruhigen, langen Einstellungen den Radler in grandiosen Landschaften, ist hautnah im Team dabei, wenn es gilt, die richtige Route zu finden, dem Sportler den Weg zu ebnen. Da gibt es auch Auseinandersetzungen, bei denen die Kamera mitläuft, als werde sie gar nicht wahrgenommen. «Das Team war sehr an uns gewöhnt, wir waren ein Teil von ihm», erklärt der Thuner. Er kennt den Extremsportler seit Jahren und war schon Monate vor dem Rennen bei den Vorbereitungen mit der Kamera dabei. Ganz bewusst hat er einen beobachtenden Film gedreht, hat auf Kommentare und Interviews während dem Rennen verzichtet.

Was war für den Filmemacher die grösste Herausforderung? «Es war immer alles in Bewegung – da kannst du nichts wiederholen. Und Nik konnte natürlich keine Rücksicht auf uns nehmen», sagt Rupp, der nach einer Lehre als Konstrukteur mehrere Praktika in der Filmbranche machte und jetzt Video an der Hochschule Luzern studiert. Genau wie der Rest des Teams musste er mit rund vier Stunden Schlaf pro Nacht auskommen. Fasziniert hat ihn die Stimmung im Team, das unter der Leitung von Zeindlers Ehefrau Ursula aus einem Mechaniker, einer Ernährungsberaterin, einem Navigationsexperten, zwei Physiotherapeuten und einem Medienverantwortlichen bestand: «Man ist zehn Tage in höchster Anspannung, richtet alles auf ein Ziel aus, fiebert mit. Das schweisst zusammen.»

Wichtigstes Element: Humor

Nik Zeindler selber habe die dreiköpfige Filmcrew als wichtiges Element empfunden – «wohl auch, weil wir eine gewisse Lockerheit reinbrachten», sagt Rupp. Auf die Frage, was ein Team erfolgreich macht, nennt Zeindler im Film denn auch zuallererst den Humor.

Vor Zeindlers Leistung hat Timon Rupp grössten Respekt. Zwar hat auch der Filmer gerne sportliche Action, ist begeisterter Snowboarder, klettert, surft. «Aber so fokussiert zu sein, schon zwei Jahre vorher morgens um vier Uhr aufzustehen, um vor der Arbeit zwei Stunden auf dem Rollband zu trainieren – das alles ist eine extreme Willensleistung.» Dadurch, dass er und seine Kollegen sich beim Snowboarden filmten, kam Rupp einst auf den Geschmack. Heute ist für ihn klar, dass er sich als Dokumentarfilmer einen Namen machen möchte. «Spielfilme zu drehen reizt mich weniger. Mich fasziniert das Ehrliche am Dokufilm: Er ist nicht inszeniert, erzählt direkt aus dem Leben.» Zurzeit arbeitet der 25-Jährige, der auch schon Musikvideos für Berner Musiker wie Greis oder Patrick Bishop gedreht hat, an der Abschlussarbeit für die Hochschule Luzern und hat bereits wieder ein Projekt für einen längeren Dokufilm – das Thema verrät er noch nicht.

Wo sind die Grenzen?

Vorerst steht sowieso «Alles für Nik» im Mittelpunkt. Rupp und Zeindler sind bei der Vorführung am Sonntag im Thuner Kino City dabei und sprechen danach über den Film, über die Grenzerfahrung. «Ich habe mir erhofft, endlich an die Grenzen zu gelangen», sagt Nik Zeindler im Film. Am Ende des Abenteuers, nach 5000 Kilometern als einer von nur 43 Soloathleten, stellt der Extremradler fest: «Die Linie, die ich im Kopf habe, die gibt es eigentlich nicht.»

[i] «Alles für Nik»: Vorführung des Dokufilms von Timon Rupp, Sonntag, 11. März, 10 Uhr, im Kino City Thun. Türöffnung 9.30 Uhr, freie Platzwahl – Reservationen unter me@timonrupp.com. Eintritt 10 Fr.

www.allesfürnik.ch
www.timonrupp.com

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Erstellt: 09.03.2012
Geändert: 09.03.2012
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