Münsingen - Kommt die Verwaltung unter die Erde?

Seit Jahren wird in Münsingen schon nach einem Standort für ein neues Verwaltungsgebäude gesucht. Zweimal sagte das Stimmvolk bereits Nein zu entsprechenden Projekten. Die knappen Baulandreserven der Gemeinde machen die Sache auch nicht einfacher. Nun kommt der Gemeinderat mit einer neuen Idee: Die Verwaltung soll in den Untergrund.

Isabelle Berger, isabelle.berger@bern-ost.ch

Die Idee gibt einem zunächst ein eher mulmiges Gefühl: Die Gemeindemitarbeiter und ‑mitarbeiterinnen arbeiten in künstlich beleuchteten Räumen unter Tage – man denkt an Zivilschutzanlagen, schlechte Luft und bleiche Gesichter. Gemeindepräsident Beat Moser (Grüne) revidiert das Bild: „Die heutige Architektur hat neue Lösungen für Bauten ohne direktes Tageslicht“, sagt er. Besonders auch mit der neuen LED- und OLED-Lichttechnik liessen sich Raumeindrücke erzielen, welche dem Tageslicht praktisch gleichgestellt seien.

 

Die Idee sei im Gemeinderat in Anbetracht des grossen Widerstands in der Bevölkerung gegen die Aufzonung am Jungfrauweg aufgekommen. Dort hätten zwei Mehrfamilienhäuser um ein Stockwerk aufgestockt werden sollen. Im November lehnte das Stimmvolk die Umzonung der Parzelle an der Urne ab.

 

Vorbild Helsinki

„Zuerst waren wir selber skeptisch, haben dann aber recherchiert und herausgefunden, dass ähnliche Ideen anderswo auf der Welt bereits umgesetzt worden sind“, sagt Moser. So gebe es besonders in Grossstädten wie New York sogar schon Luxuswohnungen, welche in den Untergrund bestehender Gebäude gebaut wurden. „Die finnische Hauptstadt Helsinki hat zudem einen strategischen 'Underground City Plan', innerhalb dessen der gesamte Untergrund als Teil der Stadt selbst betrachtet wird“, so Moser. Die dortigen Behörden sprechen von der „Shadow City“.

 

Für Moser böten sich mit der Idee zwei gute Möglichkeiten, dem hohen Siedlungsdruck in der Gemeinde entgegenzuwirken. „Einerseits könnten wir rares oberirdisches Bauland sparen, andererseits das Land über dem Verwaltungsgebäude für den Bau von günstigem Wohnraum nutzen“, sagt Moser.

 

Standort in Abklärung

Neben grundsätzlichen Abklärungen zur Machbarkeit prüft der Gemeinderat nun auch mögliche Standorte. In Frage kämen etwa das Grundstück derAlten Moschti, das Areal Bahnhof West oder der Untergrund des geplanten neuen Dorfplatzes. Unklar ist auch noch, wie es um die Finanzierbarkeit eines solchen Projektes steht.

 

Und wie würde sich das oberirdische und damit aus dem Blick verschwindende Verwaltungsgebäude auf die Wahrnehmung der Gemeindeadministration bei der Bevölkerung auswirken? „Da wir in der Schweiz noch keinen vergleichbaren Bau haben, ist dies schwer vorauszusehen“, sagt Moser. Die Gemeinde könnte so aber ein Zeichen setzen, dass sie die Platzprobleme in Münsingen ernst nehme. „Wieso nicht bei sich selber anfangen?“, meint Moser.


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Erstellt: 01.04.2019
Geändert: 01.04.2019
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