Münsingen - "Wir liegen neben dem Volk"
Zum zweiten Mal nach 2008 präsidiert Peter Bolliger (FDP) das Ortsparlament. Er hat eine Erklärung dafür, wieso es so häufig an der Bevölkerung vorbeipolitisiert.
Interview: Johannes Reichen, Berner Zeitung BZ
Peter Bolliger, am Sonntag lehnte die Münsinger Bevölkerung eine Initiative gegen Tempo 30 äusserst knapp ab. Haben Sie sich über das Resultat gefreut?
Peter Bolliger: Nein. Und zwar unabhängig von meiner persönlichen Meinung, die hier nichts zur Sache tut.
Warum haben Sie sich nicht gefreut?
Einmal mehr wich die Meinung des Volks stark von jener des Parlaments ab. Im Parlament mit 30 Sitzen gab es nur 2 Gegenstimmen. Würden wir wirklich die Bevölkerung abbilden, hätten es etwa 14 sein müssen. So war es letztes Jahr auch beim Parkplatzreglement und beim Verwaltungsgebäude. Irgendwie liegen wir neben der Bevölkerung.
Wie kommt das?
Man muss sehen, wie die politischen Geschäfte in Münsingen zustande kommen. Zuerst bereiten Profis in der Verwaltung die Geschäfte vor. Dann bringt jeder einzelne Gemeinderat die Meinung des Gesamtgemeinderats in seine eigene Partei. Es gilt ja das Kollegialitätsprinzip. Schliesslich bringt der zuständige Gemeinderat das Geschäft ins Parlament. Der ist in der Regel auch sattelfester als wir Laienparlamentarier. Das führt letztlich zu einer Vereinheitlichung der Meinungen. Das ist kommunikationspsychologisch erklärbar.
Wie? Sie sind doch Psychologe.
Ich bin Mediziner, aber ich arbeitet beim Psychologisch-pädagischen Dienst der Armee. Der Mensch hat das Bedürfnis, dazuzugehören. Er will nicht Aussenseiter sein. Also sagt mancher Parlamentarier im Saal lieber nichts und schliesst sich der vermeintlichen Mehrheit an. Höchstens macht er beim Rausgehen noch die Faust im Sack. Es sind im Parlament ja auch immer etwa die gleichen Personen, die sich trauen, als Redner vorne zu stehen.
Sie gehören dazu. Und Sie vertreten durchaus Ihre eigene Meinung.
Auch auf die Gefahr hin, mich unbeliebt zu machen und mich zu irren. Aber Mühe hätte ich mit mir selber, wenn ich mich nicht getrauen würde, meine Meinung einzubringen.
Nur, das können Sie ab jetzt als Parlamentspräsident nicht mehr. Bedauern Sie das nicht?
Dafür kann ich jetzt den Stichentscheid geben. Und sonst, etwa in der Fraktion, kann ich auch durchaus meine Meinung sagen.
Sie sind nun schon zum zweiten Mal Parlamentspräsident. Das Amt scheint wohl nicht sonderlich begehrt zu sein, oder?
Es gab vorletztes Jahr in unserer Partei eine Rochade. Darum bin ich eingesprungen als Vizepräsident. Nun bin ich Präsident.
Sie sind seit über 20 Jahren in der Politik tätig. Ist es ihnen noch nicht langweilig geworden?
Nein, es ist nur zwischendurch etwas mühsam. Und die zeitliche Belastung ist nicht zu vernachlässigen. Aber sobald eine Sitzung beginnt und ich nachher nach Hause komme, bin ich eigentlich immer zufrieden.
Sie sind Parlamentarier, Parlamentspräsident, sie waren Gemeinderat, Parteipräsident, Kommissionsmitglied. Eine Aufgabe fehlt noch.
Ich weiss, welche Sie meinen.
Der Job des Gemeindepräsidenten wird nächstes Jahr frei. Wäre das nicht etwas für Sie?
Es gibt Leute die mir sagen, dass dies die Krönung meiner politischen Laufbahn wäre. Aber ich weiss, welchen Arbeitsaufwand Erich Feller hat. Das brauche ich nach so vielen Jahren in der Politik nicht mehr. Zudem liegt mir mein Job zu sehr am Herzen.
So wie Sie denken viele. Wieso tut sich Münsingen so schwer, Kandidaten fürs Gemeindepräsidium zu finden?
Wir versuchen schon, unsere Reihen zu bearbeiten. Aber es geht um ein Vollamt, und etliche geeignete Leute haben in ihrem Beruf schon ein Vollamt oder mehr. Bei einem Teilzeitpräsidium wäre das sicher anders.
Zurück ins Parlament. Können Sie etwas tun, um die Kluft zur Bevölkerung zu verkleinern?
Ich werde das Parlament ab und zu daran erinnern, dass das Volk auch etwas zu sagen hat. Wir müssen deshalb differenziert-kritisch denken und abstimmen.
Zur Person
Peter Bolliger (FDP) ist 63 Jahre alt. Wie schon 2008 präsidiert er dieses Jahr das Parlament, dem er seit 11 Jahren angehört. Davor war er 4 Jahre Gemeinderat. Ende dieses Jahres tritt er infolge der Amtszeitbeschränkung aus dem Parlament aus. Bolliger ist Arzt und leitet den Psychologisch-pädagogischen Dienst der Armee.
Peter Bolliger: Nein. Und zwar unabhängig von meiner persönlichen Meinung, die hier nichts zur Sache tut.
Warum haben Sie sich nicht gefreut?
Einmal mehr wich die Meinung des Volks stark von jener des Parlaments ab. Im Parlament mit 30 Sitzen gab es nur 2 Gegenstimmen. Würden wir wirklich die Bevölkerung abbilden, hätten es etwa 14 sein müssen. So war es letztes Jahr auch beim Parkplatzreglement und beim Verwaltungsgebäude. Irgendwie liegen wir neben der Bevölkerung.
Wie kommt das?
Man muss sehen, wie die politischen Geschäfte in Münsingen zustande kommen. Zuerst bereiten Profis in der Verwaltung die Geschäfte vor. Dann bringt jeder einzelne Gemeinderat die Meinung des Gesamtgemeinderats in seine eigene Partei. Es gilt ja das Kollegialitätsprinzip. Schliesslich bringt der zuständige Gemeinderat das Geschäft ins Parlament. Der ist in der Regel auch sattelfester als wir Laienparlamentarier. Das führt letztlich zu einer Vereinheitlichung der Meinungen. Das ist kommunikationspsychologisch erklärbar.
Wie? Sie sind doch Psychologe.
Ich bin Mediziner, aber ich arbeitet beim Psychologisch-pädagischen Dienst der Armee. Der Mensch hat das Bedürfnis, dazuzugehören. Er will nicht Aussenseiter sein. Also sagt mancher Parlamentarier im Saal lieber nichts und schliesst sich der vermeintlichen Mehrheit an. Höchstens macht er beim Rausgehen noch die Faust im Sack. Es sind im Parlament ja auch immer etwa die gleichen Personen, die sich trauen, als Redner vorne zu stehen.
Sie gehören dazu. Und Sie vertreten durchaus Ihre eigene Meinung.
Auch auf die Gefahr hin, mich unbeliebt zu machen und mich zu irren. Aber Mühe hätte ich mit mir selber, wenn ich mich nicht getrauen würde, meine Meinung einzubringen.
Nur, das können Sie ab jetzt als Parlamentspräsident nicht mehr. Bedauern Sie das nicht?
Dafür kann ich jetzt den Stichentscheid geben. Und sonst, etwa in der Fraktion, kann ich auch durchaus meine Meinung sagen.
Sie sind nun schon zum zweiten Mal Parlamentspräsident. Das Amt scheint wohl nicht sonderlich begehrt zu sein, oder?
Es gab vorletztes Jahr in unserer Partei eine Rochade. Darum bin ich eingesprungen als Vizepräsident. Nun bin ich Präsident.
Sie sind seit über 20 Jahren in der Politik tätig. Ist es ihnen noch nicht langweilig geworden?
Nein, es ist nur zwischendurch etwas mühsam. Und die zeitliche Belastung ist nicht zu vernachlässigen. Aber sobald eine Sitzung beginnt und ich nachher nach Hause komme, bin ich eigentlich immer zufrieden.
Sie sind Parlamentarier, Parlamentspräsident, sie waren Gemeinderat, Parteipräsident, Kommissionsmitglied. Eine Aufgabe fehlt noch.
Ich weiss, welche Sie meinen.
Der Job des Gemeindepräsidenten wird nächstes Jahr frei. Wäre das nicht etwas für Sie?
Es gibt Leute die mir sagen, dass dies die Krönung meiner politischen Laufbahn wäre. Aber ich weiss, welchen Arbeitsaufwand Erich Feller hat. Das brauche ich nach so vielen Jahren in der Politik nicht mehr. Zudem liegt mir mein Job zu sehr am Herzen.
So wie Sie denken viele. Wieso tut sich Münsingen so schwer, Kandidaten fürs Gemeindepräsidium zu finden?
Wir versuchen schon, unsere Reihen zu bearbeiten. Aber es geht um ein Vollamt, und etliche geeignete Leute haben in ihrem Beruf schon ein Vollamt oder mehr. Bei einem Teilzeitpräsidium wäre das sicher anders.
Zurück ins Parlament. Können Sie etwas tun, um die Kluft zur Bevölkerung zu verkleinern?
Ich werde das Parlament ab und zu daran erinnern, dass das Volk auch etwas zu sagen hat. Wir müssen deshalb differenziert-kritisch denken und abstimmen.
Zur Person
Peter Bolliger (FDP) ist 63 Jahre alt. Wie schon 2008 präsidiert er dieses Jahr das Parlament, dem er seit 11 Jahren angehört. Davor war er 4 Jahre Gemeinderat. Ende dieses Jahres tritt er infolge der Amtszeitbeschränkung aus dem Parlament aus. Bolliger ist Arzt und leitet den Psychologisch-pädagogischen Dienst der Armee.