Münsingen - Sprayer wurden zu Unrecht befragt
Die Staatsanwaltschaft stellte zwei Sprayern keinen Anwalt zur Seite. Darum ist die Einvernahme nichtig.
Die Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland muss die Protokolle der Einvernahme zweier junger mutmasslicher Sprayer aus den Akten nehmen, weil sie den beiden keine Anwälte zur Seite stellte. Dies hat das Bundesgericht entschieden und eine Beschwerde der Staatsanwaltschaft abgewiesen. Die Staatsanwaltschaft eröffnete Ende September 2017 wegen Sachbeschädigung durch Sprayereien eine Strafuntersuchung gegen die jungen Männer. Die Taten sollen zwischen Juli und September 2017 begangen worden sein.
Am Tag der Untersuchungseröffnung ordnete die Staatsanwaltschaft auch Hausdurchsuchungen bei den Beschuldigten an. Diese fanden Mitte Oktober 2017 statt. Am gleichen Tag wurden die jungen Männer befragt. Dabei wurde ihnen eine Dokumentation mit rund hundert in Münsingen fotografierten Sprayereien vorgelegt. Die Beschuldigten gaben zu, für jeweils rund zwanzig Sprayereien verantwortlich zu sein.
Erst im Februar dieses Jahres erhielten beide jungen Männer einen Verteidiger beigeordnet – rückwirkend auf Anfang Januar. Die Staatsanwaltschaft hätte den Beschuldigten jedoch schon früher Anwälte zur Seite stellen müssen, hat das Bundesgericht nun entschieden. Das Bundesgericht argumentierte, dass die Schadensumme bei möglicherweise hundert Sprayereien mit 1000 Franken pro Fall über 100 000 Franken liegen könnte. Bei einem solchen Schaden könne eine Freiheitsstrafe von über einem Jahr nicht ausgeschlossen werden. Deshalb habe ein Fall von «notwendiger Verteidigung» vorgelegen.