Münsingen - Sie hat ihr Ziel in New York vor der Linse

Karin Gfeller aus Münsingen lebt seit einem halben Jahr in New York. Dort assistiert die 28-Jährige den besten Modefotografen der Welt – und fühlt sich «wie in einem Traum». Ihr Fernziel: als selbstständige Fotografin arbeiten.

Sarah Pfäffli, Berner Zeitung BZ
Am Morgen schwingt sich Karin Gfeller in Manhattan auf ihr Fahrrad und düst los, südwärts. Sie saust die 9th Avenue hinunter, biegt links in die Bleeker Street, wenige Zentimeter neben ihr donnern Busse vorbei, Taxis hupen, Fussgänger huschen über die Strasse. «Velofahren in New York ist gefährlich», sagt die 28-Jährige. Zugestossen ist ihr aber nie etwas auf ihrem Arbeitsweg, der von Chelsea in West Manhattan nach Little Italy führt. Hier steht das Studio des Modefotografen Mario Sorrenti. Seit einem halben Jahr arbeitet Karin Gfeller als dessen Assistentin. Sorrenti hatte schon sämtliche Supermodels vor der Linse, ist für berühmte Kampagnen wie jene von Calvin Klein für das «Obsession»-Parfüm verantwortlich. Steht ein Fotoshooting an, schleppt die gebürtige Münsingerin das schwere Equipment an. Sie installiert Licht, Hintergrund, Stellwände, sorgt dafür, dass eine Speicherkarte in der Kamera ist. Ein Handlangerjob? «Die Arbeit ist körperlich sehr anstrengend und mit viel Verantwortung verbunden», sagt sie, «aber ich lerne auch extrem viel und habe grossen Spass». Zudem berge die Stelle tolle Chancen.

Assistentin von Leibovitz
 
Dass sie zu dem Job kam, sei einer Art «Domino-Effekt» zu verdanken, sagt Karin Gfeller. Vor etwa zwei Jahren meldete sich ein Fotograf aus Zürich bei ihr. Die Münsingerin hatte während ihres Jura-Studiums in Bern und Paris viel fotografiert und Leute aus der Szene kennengelernt. Der Fotograf brauchte einen «Runner», eine Helferin, für ein Shooting einer Fotografin aus New York. Karin Gfeller sagte zu. Und erfuhr erst am Tag vor dem Fototermin, wer dafür eigens nach Zürich eingeflogen war: Die legendäre Annie Leibovitz sollte für ihre Disney-Fotoserie Roger Federer als König Arthur inszenieren. «Von diesem Shooting an lief es wie beim Domino», erzählt Karin Gfeller. Die Leibovitz-Leute empfahlen die Bernerin weiter, sie assistierte auf anderen Sets, machte sich einen Namen und kam schliesslich an die begehrte Stelle bei Mario Sorrenti. Am Ziel ist sie damit noch nicht. «Als nächstes möchte ich drei Jahre als erste Assistentin eines Fotografen arbeiten», sagt sie. Wenn immer möglich versucht sie zudem, an ihrer eigenen Bildsprache zu arbeiten, übt bei Testshootings für Modelagenturen, porträtiert für ihr Portfolio Freunde und Bekannte. Das Fernziel der Münsingerin aber ist die Selbständigkeit als Mode-Fotografin. «Und bis dahin ist es noch ein weiter Weg.»
 
In der Grossstadt zu Hause
 
Immerhin ist Karin Gfeller geografisch schon angekommen. Bereits früh träumte sie, die Bauerntochter, von einem Leben in der Grossstadt. Sie ist viel herumgereist, oft als Backpackerin, nicht selten allein. Aber einen zweiten Ort wie New York hat sie dabei nicht gefunden: «Es ist, als würde hier die ganze Welt zusammenkommen.» Eine Rückkehr in die Schweiz ist deshalb kein Thema. «Die nächsten zehn Jahre will ich hier bleiben.» Sofern es mit dem nächsten Visum klappt. Denn das sei ein riesiger Aufwand. «Ich muss jetzt schon schauen, dass ich ab September 2010 wieder ein Visum kriege», erzählt sie. An Heimweh leidet Karin Gfeller nicht. Ihre Freunde fehlen ihr zwar. Aber die kommen im Moment, da die Flüge und Shopping billig sind, häufig zu Besuch. Auch die Aare vermisst die Münsingerin. Und: «Das Restaurant Mahamaja in der Länggasse.»

Bescheidenheit im Luxus
 
Die Tage im Studio sind oft lang. Spätabends lässt Karin Gfeller ihr Velo manchmal stehen, fährt mit dem Taxi heim, nach Chelsea, wo sie sich mit ihrem New Yorker Freund, der ebenfalls im Modebusiness arbeitet, eine Wohnung teilt. Auch wenn sie in der Branche von Glamour umgeben ist, lebt Karin Gfeller eher bescheiden. Aber sie habe das Gefühl, dass sich alles einmal auszahlen werde. Und überhaupt: Sie sei sehr glücklich. «Seit ich in New York bin, fühle ich mich wie in einem Traum. Und ich hoffe, dass er niemals enden wird.» 

www.karingfeller.ch

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Erstellt: 03.10.2009
Geändert: 03.10.2009
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