Münsingen - "Selbst bestimmen, was geschieht"
Die 14-jährige Alina Zumbrunn aus Münsingen ist Gewinnerin des Literaturpreises des Könizer Kinder- und Jugendmedienfestivals Kibuk. Am liebsten schreibt sie aus der Perspektive männlicher Charaktere.
Diese Zeilen verraten viel über die Autorin, denn Alina Zumbrunn liebt es, Geschichten zu erzählen. In der Kurzgeschichte, aus der die obigen Sätze stammen, beschreibt die 14-Jährige aus Münsingen, wie zwei junge Männer in Berlin ihre Liebe zueinander entdecken. Mit dem Text «Die andere Seite» hat Alina den Literaturwettbewerb des Könizer Kinder- und Jugendmedienfestivals (Kibuk) gewonnen. Als Preisträgerin durfte sie mit anderen Jugendlichen an einer von Profis geleiteten Schreibwerkstatt teilnehmen.
Die angehende Gymnasiastin lebt mit ihrer Familie in einem rosafarbenen Mehrfamilienhaus in der Münsinger Lindensiedlung. Im schwarzen Sommerkleid steht sie in der Wohnungstür und streckt noch vor ihrer Mutter die Hand zum Gruss aus. «Am liebsten schreibe ich aus der Warte männlicher Figuren», verrät Alina am Wohnzimmertisch sitzend. Was manche Frau vergeblich versucht, scheint die junge Literatin offenbar nicht zu schrecken: «Es fällt mir leicht, mich in die Figur - ob Mann oder Frau - hineinzufühlen und ihre Gedanken nachzuvollziehen», sagt Alina. Sie stelle sich einfach vor, wie sie an ihrer Stelle reagieren würde. «Natürlich fliesst da viel von mir selbst mit ein.»
Verarbeiten durch Schreiben
Das erklärt, weshalb eine 14-Jährige über die Homosexualität junger Männer schreiben kann - dazu noch aus der Sicht eines Protagonisten. Denn direkt ist sie mit dem Thema bisher nicht konfrontiert worden, wie Alina selbst sagt. Dem schickt sie allerdings hinterher: «‹Schwul› wird an der Schule häufig als Schimpfwort missbraucht.» Sie habe mit ihrem Text auch aufzeigen wollen, «dass Homosexualität eigentlich etwas Normales ist». Oberflächliche oder humorvolle Themen seien nicht unbedingt ihr Fall, bekennt sie dann und lächelt beinahe entschuldigend. «Eine gute Geschichte lebt von Emotionen - und die findet man nun einmal bei ernsthaften Themen.»
Sich in Buchstaben auszudrücken, ist für Alina nichts Neues. Bereits im Kindergarten habe sie Geschichten und Ideen auf Notizzettel gekritzelt, erzählt sie. Seit drei Jahren, also seit sie einen eigenen Computer besitzt, schreibt sie regelmässig. Das Schreiben gebe ihr die Freiheit, selber zu bestimmen, was geschieht - und somit auch die Möglichkeit, Geschehenes zu verarbeiten. Sie schreibe für sich selber, nicht für andere. «Aber es freut mich natürlich, wenn meine Geschichten auch anderen gefallen», sagt sie mit strahlendem Lächeln. Schliesslich möchte sie dereinst Schriftstellerin werden.
Traumberuf Schriftstellerin
Diesem Traum ist Alina dank des Literaturpreises einen Schritt nähergekommen: Im Rahmen der Kibuk-Literaturwerkstatt feilte sie gemeinsam mit Profis an ihren Schreibkünsten. Vor allem deren direkte Rückmeldungen hätten ihr viel gebracht, sagt sie. Aber auch beim gemeinsamen Verfassen von Texten habe sie viel lernen können. «Toll war auch, zu erleben, wie andere Jugendliche schreiben und ans Schreiben herangehen.» Am 4. September werden die Ergebnisse der Werkstatt am Kibuk-Festival präsentiert.
«Natürlich lese ich auch gerne», bestätigt Alina. Fantasy-Literatur und historische Bücher gefielen ihr besonders. Einen eigentlichen Lieblingsautor habe sie aber nicht. Als Vorbild nennt Alina die deutsche Fantasy-Autorin Nina Blazon. Jeremias Gotthelf und Theodor Storm, die sie im Frühling in der Schule las, findet sie hingegen nicht so toll. Überhaupt sei ihr Lieblingsfach an der Schule eigentlich Mathematik. Daran gefalle ihr, die Zusammenhänge zwischen den Dingen zu erforschen und Lösungswege zu finden. Am liebsten mag sie Mathematik allerdings, «wenn nicht nur Zahlen, sondern auch Buchstaben im Spiel sind», sagt Alina.
«Die andere Seite» findet man im Internet unter: www.schreibzeitschweiz.ch