Münsingen - «Parlament ist demokratischer als Regierung»

Das Münsinger Gemeindeparlament gibt sich in Sachen Regionalkonferenz mehr Mitspracherechte.

Martin Zimmermann / Der Bund
Wenn die Münsinger Regierung ihre Gemeinde an der Regionalkonferenz Bern Mittelland vertritt, darf das Gemeindeparlament künftig ein gewichtiges Wörtchen mitreden. Das Gremium erklärte am Montagabend eine entsprechende Motion der Spezialkommission Parlamentsrecht (Speko) mit grossem Mehr für erheblich – gegen den Willen des Gemeinderats.

Konkret sieht die Motion vor, dass die Parlamentarier von der Regierung verlangen können, an der Regionalkonferenz eine Behördeninitiative oder ein Behördenreferendum zu starten oder darauf zu verzichten.

Mehr Demokratie wagen

«Ein Parlament ist nun mal demokratischer als eine Regierung, weil da alle Parteien vertreten sind», begründete Jürg Schacher (grüne) von der Speko den Vorstoss. Auch andere Parlamentsgemeinden wie Worb oder Muri-Gümligen hätten ihren Legislativen in punkto Regionalkonferenz mehr Kompetenzen verliehen (siehe Kasten). Andreas Kägi (fdp) doppelte nach: «Die Entscheide der Konferenz haben direkten Einfluss auf die einzelnen Gemeinden. Wir brauchen dieses demokratische Recht, und wir brauchen es jetzt.»

Für Verwirrung sorgte der Umstand, dass die Kommission den Motionstext während der Sitzung änderte: Die ursprüngliche Fassung sah eine Änderung der Gemeindeordnung – also der kommunalen Verfassung – vor. Diese hätte vom Stimmvolk abgesegnet werden müssen. Die neue Version sieht lediglich eine Modifizierung der Geschäftsordnung des Parlaments vor. Diese muss dem Volk nicht vorgelegt werden.

«Stehen ein bisschen im Schilf»

Der Gemeinderat und die Geschäftsprüfungskommission (GPK) sahen sich ob dieser Taktik düpiert: «Die Situation hat sich plötzlich total verändert», sagte Gemeindepräsident Erich Feller (freie wähler münsingen) sichtlich verärgert. Er betonte, dass er sich nicht grundsätzlich dagegen sträube, dem Parlament mehr Kompetenzen zu verleihen. Der Gemeinderat habe aber überhaupt keine Zeit gehabt, sich mit dieser neuen Motion auseinanderzusetzen.

Auch die GPK stehe nun «ein bisschen im Schilf», ergänzte ihr Mitglied Kurt Stämpfli (fdp). Walter Stamm von der BDP forderte gar, die Debatte abzubrechen. Die Speko solle bis zur nächsten Sitzung einen neuen Motionstext ausarbeiten. Der Rückweisungsantrag scheiterte aber letztlich deutlich.

Mehr Rechte für Parlamente

Die Regionalkonferenz Bern-Mittelland umfasst 98 Gemeinden und befindet über die regionale Raumplanungs-, Verkehrs- und Kulturpolitik. Seit ihrem Inkrafttreten am 1. Januar läuft in mehreren Parlamentsgemeinden eine Debatte über die Kompetenzenaufteilung zwischen Legislative und Exekutive. In Worb und in Muri-Gümligen wurden ähnliche Lösungen gefunden wie nun in Münsingen: Die Kompetenzen in Sachen Regionalkonferenz bleiben in den Händen der Gemeinderäte, die Parlamente dürfen aber ihren Regierungen verbindliche Auflagen machen. Auch das Ostermundiger Parlament hat eine Motion überwiesen, die vom Gemeinderat verlangt, die potenziellen Aufgaben des Parlaments verbindlich zu regeln. In der Stadt Bern erarbeitet der Gemeinderat gegenwärtig zwei Varianten: Die erste entspricht dem Münsinger Ansatz, in der zweiten müsste sich der Stadtrat zwingend mit der Regionalkonferenz befassen.

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Erstellt: 31.03.2010
Geändert: 31.03.2010
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