Münsingen - Operationstische für die halbe Welt
Die Schaerer Medical AG in Münsingen produziert seit 100 Jahren mobile Operationstische. Diese stehen in Spitälern und Praxen in Europa, Amerika und Asien.
Die altertümlichen Liegen im Eingangsbereich der Schaerer Medical AG in Münsingen ziehen die Blicke auf sich. Die älteste stammt von 1912. Stufenlos verstellbar, solide und unverwüstlich wirken diese mobilen Operationstische, die die Schaerer AG zum Erfolg führten. Heute sind es Hightechgeräte, die 40 000 Franken und mehr kosten. Sie stehen in Operationssälen von über neunzig Ländern in Europa, Amerika und seit kurzem auch in Asien. Trotz eines «schmerzhaften Rückgangs» wegen des tiefen Eurokurses beziffert CEO Hans Rudolf Sägesser den Jahresumsatz mit «10 bis 20 Millionen Franken». Die Basis dafür bilden 40 Mitarbeiter in Münsingen, 15 in den USA und, Sägesser lacht: «Einer in Indien.» Seit 100 Jahren produziert Schaerer Medical Operationstische. Das wird nächstes Jahr gefeiert: mit Symposien, einem Mitarbeiterfest, einem Partnerevent und einer Ausstellung.
Märkte in China und Indien
Im Hauptbetrieb am Münsinger Erlenauweg werden die Operationstische montiert. Die Einzelteile dafür kauft Schaerer Medical AG mehrheitlich in spezialisierten Betrieben in der Schweiz ein, fast 30 Prozent davon im Kanton Bern. Von Schaerers Liegen werden 20 Prozent an Schweizer Spitäler und Praxen verkauft. Ein wachsender Markt besteht in China und Indien, wo sich zunehmend Neureiche in Privatkliniken operieren lassen. Man scheint dort zu wissen, was Schweizer Qualität ist: Operiert wird auf Schaerers Hightechliegen.
In Asien dürften Operationstische in Standardgrösse mit 58 Zentimetern Breite reichen. Dafür wächst in den USA die Nachfrage nach besonders stabilen Exemplaren, die verbreitert werden können. Diese halten schwergewichtige Patienten bis 360 Kilo und mehr aus. Getestet werden diese Tische mit Gewichten von über 1000 Kilogramm. Auch die Nachfrage nach Operationstischen für minimalinvasive und spezialisierte Eingriffe steigt. Das heisst, zur Liege kann die Schaerer AG Zubehör liefern, zum Beispiel Hals- und Armhalter. Zudem wird weltweit immer mehr operiert, was die Nachfrage ebenfalls ankurbelt. 2010 hat Schaerer 200 Operationstische ausgeliefert. 2011 waren es schon 300.
2012: Ein Jubiläumsjahr
Zwar kann ein Schaerer-Operationstisch mit entsprechendem Service gut und gern 20 Jahre gebraucht werden. Aber immer mehr Ärzte führen in ihrer Praxis kleine Operationen selber durch und benötigen deshalb eine Liege. 1912 wurde der erste mobile Operationstisch ausgeliefert, das heisst, nächstes Jahr feiert die Schaerer Medical AG 100 Jahre OP-Tische-Produktion. «Ein schöner Erfolg wenn man bedenkt, dass die Firma 2007 einen massiven Einbruch erlitt», sagt CEO Sägesser. Er führte Schaerer aus der Krise und schaut optimistisch nach vorne. Ein Kooperationsvertrag mit dem Berner Inselspital steht vor dem Abschluss. Es besteht auch die Möglichkeit, dass die Schaerer AG in der Insel ihre antiken Liegen ausstellen kann. Die Firma ist im Medizinermilieu ein Begriff. Soeben erschien eine Dissertation, die die Geschichte des mobilen Operationstisches und die Zusammenarbeit von Schaerer mit dem Berner Chirurgen Professor Theodor Kocher beschreibt – eine Firmengeschichte, geprägt von innovativen Menschen. Dazu Hans Rudolf Sägesser: «Am Schluss der Kette ist der Patient. An den gilt es immer zu denken.»