Münsingen - Neue Siedlungen bringen den öffentlichen Verkehr aus dem Takt

Nicht nur neue Arbeitsplätze, sondern auch neue Wohnungen belasten den öffentlichen Verkehr. Das zeigt das Beispiel Münsingen, wo in den letzten Jahren kräftig gebaut worden ist.

Stephan Künzi, Berner Zeitung BZ

Mit dieser Studie will sich die Regionalkonferenz Bern-Mittelland für die Zukunft wappnen. Akribisch hat sie zusammengetragen, wo in der Agglomeration Bern neue Verwaltungszentren geplant sind. Denn immer folgen solchen Projekten die Pendlerströme auf dem Fuss, und dann kommt der öffentliche Verkehr rasch an den Anschlag. Quasi über Nacht wollen Scharen von neuen Passagieren befördert werden – aktuell stellt sich das Thema im Raum Papiermühle, wo der neue Swisscom-Park  mit seinen 2000 Arbeitsplätzen bezogen wird.

     

Erst gestern hat der Regionalverkehr Bern-Solothurn (RBS) direkt beim Neubau die Bushaltestelle Pulverstutz eröffnet. Sie wird das Problem aber nur zum Teil lösen. Am Bahnhof Papiermühle, wo die Swisscom-Leute vom Zug auf den Bus umsteigen, bleiben die Platzverhältnisse  unverändert eng, die Busse selber sind zudem schon heute voll.

     

Gleich zweimal gebüsst

     

Nicht nur neue Verwaltungszentren, auch neue Wohnsiedlungen stellen den öffentlichen Verkehr vor Probleme. Dies zeigt das Beispiel  Münsingen, wo in den letzten Jahren kräftig gebaut worden ist. Und wo mittlerweile so viele Leute die  Ortsbusse zum Bahnhof benützen, dass es gerade zu den Stosszeiten regelmässig  zu Problemen kommt.

     

Die Chauffeure jedenfalls beobachten, dass sie wegen der vielen ein- und aussteigenden Passagiere zum Teil kaum mehr innert nützlicher Frist von den einzelnen Haltestellen wieder wegkommen. Nicht selten verlängert sich die Fahrzeit derart, dass am Bahnhof der Anschlusszug bereits abgefahren ist. Hinzu kommt, dass auf immer mehr Quartierstrassen Tempo 30 gilt. Damit, so die Chauffeure weiter, seien Verspätungen noch schlechter wettzumachen als bislang – vor kurzem jedenfalls habe ein Kollege gleich zweimal kurz hintereinander bei einer solchen Aufholaktion eine Busse kassiert.

     

Die Empfehlung ist unmissverständlich: Wer den Zug wirklich erreichen muss, steigt mit Vorteil einen Kurs früher in den Bus.

     

Viele Autos, schmale Strassen

     

Für den Münsinger Ortsbus ist Postauto Schweiz verantwortlich, und dort weiss man um die Probleme. Allerdings sieht Sprecher Urs Bloch die Ursachen etwas anders als die Chauffeure vor Ort. Zwar streitet auch er nicht ab, dass die Busse mit jedem zusätzlichen Passagier etwas länger an den Haltestellen stehen bleiben. Entscheidend sei dies aber nicht. Viel wichtiger in diesem Zusammenhang sei der stetig zunehmende Autoverkehr, an dem die Zuzüger sicher auch ihren Anteil hätten. In und um Münsingen seien die Strassen morgens wie abends derart verstopft, dass die ohnehin schon zu knapp berechneten Fahrzeiten nicht mehr einzuhalten seien.

     

Dass die neuen Tempo-30-Zonen das Problem noch verschärfen, glaubt Bloch allerdings nicht. Auf den schmalen und kurvenreichen Strassen seien ohnehin keine höheren Geschwindigkeiten möglich. Ja, dank Tempo 30 werde sich der Verkehr in Zukunft etwas verflüssigen, und damit kämen die Busse wohl sogar schneller vorwärts als heute.

     

Die Region lässt abklären

     

Trotzdem lässt die Regionalkonferenz nun abklären, wie der Ortsbus-Fahrplan wieder in den Takt gebracht werden kann. Bis dann wird sich auch geklärt haben, wo die Gründe für die heutigen Probleme tatsächlich liegen – ob die Chauffeure oder die Postautozentrale oder am Ende beide Recht haben.


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Erstellt: 15.04.2014
Geändert: 15.04.2014
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