Münsingen - Leiden mit dem Lötschberger
Ein pendelnder Politiker hat Daten gesammelt: Zweimal pro Monat fällt in Münsingen ein Lötschberger aus. Nun will er die Probleme der BLS nicht länger hinnehmen.
Marco Gehri fährt häufig mit der Bahn. Er wohnt in Münsingen und arbeitet in Bern. Manchmal ärgert er sich über verspätete oder verkürzte Züge des BLSLötschbergers (siehe gestrige Ausgabe). Schlimmer aber sei: «Schon oft stand ich am Bahnhof und wartete vergebens auf den Zug.» So vernahm er dann die Durchsagen über den Lautsprecher und hörte die Meldungen über technische Störungen am Fahrzeug.
Gehri reagierte. Er registrierte sich für den SMS-Dienst der BLS, der über Verspätungen und Störungen informiert. «Seither bekomme ich sicher mindestens einmal pro Woche eine SMS wegen einer Fahrzeugstörung.» Er begann, Buch zu führen über Verspätungen, Zugausfälle und andere Probleme.
Die Liste wurde lang und länger, und nun wird sie zum Politikum. Denn Gehri ist Mitglied der SVP und des Münsinger Gemeindeparlaments. An der nächsten Parlamentssitzung Mitte März wird eine Interpellation Gehris auf der Traktandenliste stehen. Der pendelnde Politiker hofft, dass der Münsinger Gemeinderat wegen der «mangelhaften Zuverlässigkeit» interveniert.
Ausfälle und Platzprobleme
Gehris Liste umfasst den Zeitraum von etwa Mitte Oktober 2017 bis Mitte Oktober 2018. Insgesamt zählte er 29 Ausfälle des Lötschbergers, 25 davon in Richtung Bern. 20 davon waren auf eine Fahrzeugstörung und einen Ausfall ab Spiez zurückzuführen. Mehr als 50-mal zählte Gehri zudem ein «reduziertes Sitzplatzangebot» aufgrund einer Fahrzeugstörung. Hier sind beide Richtungen gleichermassen betroffen. Einen Anspruch auf Richtigkeit und Vollständigkeit gebe es nicht.
Gehris Erkenntnisse passen zu einer Datenanalyse dieser Zeitung. Sie zeigt auf, dass der Lötschberger häufiger als andere Züge verspätet ist, was vor allem an Kupplungsproblemen in Spiez liegt: Dort werden die Kompositionen aus den Richtungen Brig–Domodossola sowie Zweisimmen zusammengehängt, bevor sie via Thun und Münsingen nach Bern fahren. Doch die Betriebssysteme erkennen sich häufig nicht.
«Ich denke, dass diese Kupplungsprobleme auch oft der Grund für die Zugausfälle sind», sagt Gehri. Für Zugfahrer in Münsingen sei das besonders ärgerlich, weil sie nicht wie jene in Thun oder Spiez den IC nehmen könnten, der dort vier Minuten später abfahre als der Lötschberger, in Münsingen aber nicht haltmache. Gehri schlägt deshalb vor, dass der IC bei Lötschberger-Ausfällen auch in Münsingen hält. «In einzelnen Fällen ist das schon vorgekommen.»
BLS sucht Fehler
Die BLS will Gehris Liste nicht kommentieren. Sprecher Stefan Dauner sagt aber: «Zugausfälle, reduzierte Sitzplatzangebote sowie Verspätungen können unterschiedliche Gründe haben.» Und was die Kupplungsprobleme betrifft, sagt Dauner: «Es ist natürlich unser Ziel, dass die Lötschberger so schnell wie möglich wieder zuverlässiger fahren. Wir arbeiten mit Hochdruck daran, die genaue Fehlerquelle zu finden.»
Geht es nach Gehri, macht nun auch die Lokalpolitik Druck.