Münsingen - Kirche, Religion und gute Sitten
Anlässlich des 300-Jahr-Kirchenjubiläums Münsingens nimmt das Museum Schloss seine Besucher mit auf eine Reise durch 1000 Jahre Bau- und Kirchengeschichte – sie dokumentiert, wie sich die Bedeutung der Kirche im Laufe der Zeit verändert hat.
Michelle Schwarzenbach / Der Bund
Postkarten mit Kirchtürmen finden sich an jedem Kioskständer. Als Wahrzeichen und Wegweiser prägt der Kirchturm das Ortsbild jedes Dorfes. Doch seit jeher ist er freilich mehr als nur ein Postkartensujet: Die Kirche prägt Menschen seit Jahrhunderten – im Alltag, im Glauben und im Weltverständnis. Ihre Bedeutung als Gebäude und Institution hat sich aber im Laufe der Zeit stark verändert.
Dieser Wandel ist Thema der Sonderausstellung «Die Kirche bleibt im Dorf» des Museums Schloss Münsingen und wird anlässlich des 300-Jahr-Kirchenjubiläums Münsingens gezeigt. Es ist ein Streifzug durch 1000 Jahre Bau- und Kirchengeschichte, unter besonderer Berücksichtigung der Münsinger Kirche. «Die Kirchengeschichte ist sehr gut dokumentiert», sagt Sarah Pfister, Konservatorin im Museum Schloss. So lieferte etwa das Archiv der Kirchgemeinde Münsingen zahlreiche gut erhaltene Papierdokumente, die sich für die Ausstellung verwenden liessen. Die Reise durch die Kirchengeschichte beginnt im Parterre des Museums, wo dargestellt ist, wie sich der Stellenwert der Kirche über die Jahre hinweg verändert hat.
Angst ums Seelenheil
Erste Station: das Mittelalter. Der Besucher erfährt, dass mittelalterliche Kirchenbauten durch Stiftungen entstanden sind und bei den adligen Geldgebern als einträgliche Errungenschaft galten. Denn Kirchen konnten verkauft, vererbt und verpfändet werden. Dies belegen in der Ausstellung diverse Schenkungs-, Verkaufs- und Verzichtsurkunden.
Neben der materiellen Vorsorge diente die Kirche aber auch der Jenseitsvorsorge. Das Mittelalter war geprägt von Frömmigkeit. Menschen jeglichen Standes hatten Angst um ihr Seelenheil. Der Furcht vor der Gottesstrafe begegnete die Kirche mit Hilfestellungen wie etwa der Stiftung jährlicher Messen. Davon zeugt das Münsinger Jahrzeitbuch von 1419, in dem die Namen der Personen aufgeführt sind, für die jährlich eine Messe zu lesen war. So etwa Heinz Hodel, welcher der Kirche pro Jahr «ein Mütt Dinkel» spendete, um auf diese Weise «die Pein im Fegefeuer für die ganze Familie zu lindern».
Die Zeit der Reformation ist die nächste Station auf dem Streifzug. Ein Hörspiel verdeutlicht, wie der Geist der Reformer auch in Bern Einzug hielt. So werden Zuhörer Zeugen, wie Pfarrer Brunner aus Kleinhöchstetten 1522 vom Münsinger Dekan Ulrich Güntisberg verklagt wird, weil er in seinen Predigten wie Luther gegen das Papsttum angekämpft hat. «Wer dem Papst die Gewalt gegeben hat, dieses Affenspiel auszurichten, lasse ich ihn selber antworten. Ich weiss wohl, dass Gott es ihm nicht befohlen hat», hört man Brunner in seiner feurigen Verteidigungsrede sagen – am Ende des Hörspiels wird der Angeklagte trotz schweren Vorwürfen freigesprochen.
Die Kirche als Sittenwächter
Station drei: Die Kirche im Ancien Régime. Es ist die Zeit, in der die Kirche als verlängerter Arm der weltlichen Obrigkeit fungierte und streng über den Lebenswandel der Bürger wachte – dies illustrieren Chorgerichtsmanuale von 1587 bis 1597, in denen unter anderem Verstösse gegen gute Ehesitten festgehalten sind. So wurde etwa Hans Frey die Ehe verweigert, weil dieser «im bättel erzogen, sich selbst nicht erhalten könne, vil weniger wan er sollte noch weib und kind ernehren». Die letzte Station gehört dem ausklingenden 19. Jahrhundert, als sich die Kirche wieder auf seelsorgerische Aufgaben konzentrierte und sich vom Staat löste. Zu sehen gibt es kunstvoll gefaltete Taufzettel, mit Platz für einen Taufbatzen.
Kirchlein im 8. Jahrhundert?
Im Kellergeschoss des Museums ist die Baugeschichte der heutigen reformierten Kirche Münsingens seit ihrer Entstehung im 12. Jahrhundert rekonstruiert – keine einfache Aufgabe für die Organisatoren. «Da wir kaum Bilder der reformierten Kirche aus früheren Bauphasen hatten, war das Visualisieren schwierig», sagt Sarah Pfister. Vieles beruhe auf Annahmen.
Das genaue Alter der reformierten Kirche ist laut Pfister nicht belegt. Kirchengeschichtlich ist Münsingen 1146 zum ersten Mal erwähnt. Man halte es aber für möglich, dass es bereits im 8. Jahrhundert ein Kirchlein gegeben habe – «doch das ist reine Spekulation», so Pfister. Archäologische Grabungen, die darüber Aufschluss gäben, seien nicht mehr möglich, da beim Neubau der Kirche von 1709 der Kirchhof um vier Meter aufgeschüttet worden sei. Damals wurde das Kirchengebäude in seinem heutigen Umriss erbaut. Heute gibt es den Münsingern nun die Gelegenheit ein 300-Jahr-Kirchenjubiläum zu feiern.
Dieser Wandel ist Thema der Sonderausstellung «Die Kirche bleibt im Dorf» des Museums Schloss Münsingen und wird anlässlich des 300-Jahr-Kirchenjubiläums Münsingens gezeigt. Es ist ein Streifzug durch 1000 Jahre Bau- und Kirchengeschichte, unter besonderer Berücksichtigung der Münsinger Kirche. «Die Kirchengeschichte ist sehr gut dokumentiert», sagt Sarah Pfister, Konservatorin im Museum Schloss. So lieferte etwa das Archiv der Kirchgemeinde Münsingen zahlreiche gut erhaltene Papierdokumente, die sich für die Ausstellung verwenden liessen. Die Reise durch die Kirchengeschichte beginnt im Parterre des Museums, wo dargestellt ist, wie sich der Stellenwert der Kirche über die Jahre hinweg verändert hat.
Angst ums Seelenheil
Erste Station: das Mittelalter. Der Besucher erfährt, dass mittelalterliche Kirchenbauten durch Stiftungen entstanden sind und bei den adligen Geldgebern als einträgliche Errungenschaft galten. Denn Kirchen konnten verkauft, vererbt und verpfändet werden. Dies belegen in der Ausstellung diverse Schenkungs-, Verkaufs- und Verzichtsurkunden.
Neben der materiellen Vorsorge diente die Kirche aber auch der Jenseitsvorsorge. Das Mittelalter war geprägt von Frömmigkeit. Menschen jeglichen Standes hatten Angst um ihr Seelenheil. Der Furcht vor der Gottesstrafe begegnete die Kirche mit Hilfestellungen wie etwa der Stiftung jährlicher Messen. Davon zeugt das Münsinger Jahrzeitbuch von 1419, in dem die Namen der Personen aufgeführt sind, für die jährlich eine Messe zu lesen war. So etwa Heinz Hodel, welcher der Kirche pro Jahr «ein Mütt Dinkel» spendete, um auf diese Weise «die Pein im Fegefeuer für die ganze Familie zu lindern».
Die Zeit der Reformation ist die nächste Station auf dem Streifzug. Ein Hörspiel verdeutlicht, wie der Geist der Reformer auch in Bern Einzug hielt. So werden Zuhörer Zeugen, wie Pfarrer Brunner aus Kleinhöchstetten 1522 vom Münsinger Dekan Ulrich Güntisberg verklagt wird, weil er in seinen Predigten wie Luther gegen das Papsttum angekämpft hat. «Wer dem Papst die Gewalt gegeben hat, dieses Affenspiel auszurichten, lasse ich ihn selber antworten. Ich weiss wohl, dass Gott es ihm nicht befohlen hat», hört man Brunner in seiner feurigen Verteidigungsrede sagen – am Ende des Hörspiels wird der Angeklagte trotz schweren Vorwürfen freigesprochen.
Die Kirche als Sittenwächter
Station drei: Die Kirche im Ancien Régime. Es ist die Zeit, in der die Kirche als verlängerter Arm der weltlichen Obrigkeit fungierte und streng über den Lebenswandel der Bürger wachte – dies illustrieren Chorgerichtsmanuale von 1587 bis 1597, in denen unter anderem Verstösse gegen gute Ehesitten festgehalten sind. So wurde etwa Hans Frey die Ehe verweigert, weil dieser «im bättel erzogen, sich selbst nicht erhalten könne, vil weniger wan er sollte noch weib und kind ernehren». Die letzte Station gehört dem ausklingenden 19. Jahrhundert, als sich die Kirche wieder auf seelsorgerische Aufgaben konzentrierte und sich vom Staat löste. Zu sehen gibt es kunstvoll gefaltete Taufzettel, mit Platz für einen Taufbatzen.
Kirchlein im 8. Jahrhundert?
Im Kellergeschoss des Museums ist die Baugeschichte der heutigen reformierten Kirche Münsingens seit ihrer Entstehung im 12. Jahrhundert rekonstruiert – keine einfache Aufgabe für die Organisatoren. «Da wir kaum Bilder der reformierten Kirche aus früheren Bauphasen hatten, war das Visualisieren schwierig», sagt Sarah Pfister. Vieles beruhe auf Annahmen.
Das genaue Alter der reformierten Kirche ist laut Pfister nicht belegt. Kirchengeschichtlich ist Münsingen 1146 zum ersten Mal erwähnt. Man halte es aber für möglich, dass es bereits im 8. Jahrhundert ein Kirchlein gegeben habe – «doch das ist reine Spekulation», so Pfister. Archäologische Grabungen, die darüber Aufschluss gäben, seien nicht mehr möglich, da beim Neubau der Kirche von 1709 der Kirchhof um vier Meter aufgeschüttet worden sei. Damals wurde das Kirchengebäude in seinem heutigen Umriss erbaut. Heute gibt es den Münsingern nun die Gelegenheit ein 300-Jahr-Kirchenjubiläum zu feiern.