Münsingen - Kinder gestalteten das letzte Mal Kunst aus Schrott

Die Art-Recycling-Workshops mit Ted Scapa sind beliebt. Auch dieses Jahr liessen sich 200 Kinder von Scapa inspirieren und gestalteten aus Schrott Kunstwerke. Der 12. Anlass dieser Art soll zugleich auch der Letzte sein.

Berner Zeitung BZ
Das Bild, das sich am Samstagnachmittag auf der Schwand bei Münsingen bietet, ist eindrücklich. Die Szene unter dem Zeltdach mutet wie ein gigantischer Ameisenhaufen an. Überall greifen Kinderhände nach Metallrohren, Pfannen, Schrauben und Teilen von Landmaschinengeräten. Mitten auf einem Tisch thront gar ein Vogelkäfig, ergänzt durch zwei ausrangierte Lavabos.

Hier findet der 12. Art-Recycling-Tag mit dem Cartoonist und Künstler Ted Scapa statt. Organisiert wurde der Anlass von der «Genossenschaft EvK», welche Aktivitäten in den Breichen Freizeit und Kultur unterstützt. Mehrere Tonnen Metallabfall von der Stadt Bern stehen bereit und an acht Schweissplätzen warten Fachleute auf ihren Einsatz. Was nicht geschweisst werden kann, wird bei der Leimstation zusammengefügt. Das Ganze ist für die Kinder kostenlos und als Preise winken 10 Mountainbikes und Gutscheine.

Ein Ding mit Augen und Mund

Mitten im Gehämmer und dem kunterbunten Durcheinander befindet sich der Arbeitsplatz vom Shunni Beutler, den er mit zwei weiteren Kindern aus Wichtrach teilt. Sein Werk ist beinahe vollendet. « Ich wollte irgend etwas Ungewöhnliches herstellen, jetzt ist daraus ein ausserirdisches Männlein geworden», sagt der junge Schrottwerker. Er habe einfach einige Sachen aus dem Container geholt und sie vor sich hingelegt. «Dann habe ich entdeckt, dass ich ein Stück aus einem runden Dingsbums herausschlagen kann», erklärt der Zehnjährige. Mit Hilfe des Schweissers ist aus dem runden Ding schliesslich ein Gesicht mit Augen und Mund geworden. Nun erhält der Botschafter fremder Welten noch Arme und Roboterhände.

Neben Shunni betrachtet Roman Bruderer sein Objekt. Es ist eine Kanone. «Ich bin Autofan und daher gibt’s an meiner Kanone auch einen Auspuff», erklärt er. Anfänglich habe er keine Ahnung gehabt, was er machen wolle: «Alle rannten in Richtung der Container und ich stand etwas hilflos da.» Fündig geworden ist Roman gleichwohl. Eine Hantel dient nun als abnehmbares Fahrgestell und ein Chromteil unbekannter Herkunft ist zum Kanonenrohr geworden. Der 11 Jährige aus Wichtrach wird der Jury ein ästhetisch gelungenes Werk präsentieren können.

Voraussichtlich letzte Art-Recycling

Auch Nicole Aebischer und Simone Rohrer aus Bolligen hoffen auf einen guten Platz. Die beiden 15 Jährigen schaffen ein gemeinsames Werk. «Wir wussten, dass wir ein Gebilde mit einem Schnabel herstellen wollten», erklären sie. Eine Mauerkelle, ein Sägeblatt und ein Kochkessel bilden nun Teil des Vogelobjektes. Doch noch fehlen die Flügel. «Das dafür vorgesehene Blech verschwand von unserem Tisch und jetzt sind wir auf der Suche nach Ersatzmaterial», sagen die Beiden und lächeln. Von solchen Umständen lassen sie sich nicht aus der Ruhe bringen.

Etwas weiter vorne bringt Janni Bärtsch gerade ein Schild mit der Nummer 118 an sein Kunstwerk an. Die Nummer dient der Jury als Erkennung. Der 14 Jährige Routinier aus Konolfingen – er ist zum vierten Mal hier – startete mit einem leichten Handicap ins Rennen. «Meine Mutter hat die Bedingung gestellt, dass die Skulptur nicht zu gross werden darf», sagt er. Jetzt sitzt er vor einer Fliege mit nicht gerade bescheidenen Massen. Ein Spühltrog bildet den Kopf, ergänzt mit zwei Sieben als Augen und einem Rollkorb als Körper.

«Einfach fantastisch, wie sie alle mitmachen», stellt Scapa auf seinem Rundgang fest. Die schöpferische Kraft von Kindern sei enorm, findet der Künstler. Er habe dies gerade in Schanghai wieder feststellen können und auch bei seinen Workshops in Iran und Russland. Der 12. Art-Recycling-Workshop sollte eigentlich der Letzte sein, so stand es jedenfalls in der Einladung. Gerade ist sich Ted Scapa da nicht mehr so sicher: «Eine solche Schaffenskraft darf nicht gebremst werden», findet er, «irgendjemand muss einen weiteren Art-Recycling-Tag organisieren».

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Erstellt: 23.08.2010
Geändert: 23.08.2010
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