Am Schluss bebt seine Stimme. Nein, das will er sich nicht bieten lassen, er, Erich Feller, Münsinger Gemeindeoberhaupt seit zwölf Jahren. Am Montagabend, kurz vor 21 Uhr, läuft er im hell erleuchteten Gemeindesaal Schlossgut zu grosser Form und Wucht auf. Einige Dinge, funkelt Feller, als er sich am Rednerpult eingerichtet hat, wolle er schon noch klarstellen. Dann geht das Donnerwetter los. Es entlädt sich der Frust von einigen Jahren.
Vergeblich: Nach einer vom Ratspräsidenten angeordneten Pause schickt das Parlament den Bericht des Gemeinderats zurück an den Absender. Mit 22 zu 6 Stimmen. Eine Ohrfeige.
Wer noch daran gezweifelt hatte, der konnte sich am Montagabend endgültige Gewissheit verschaffen: Die beschauliche Aaretal-Metropole hat sich in den letzten Jahren einen politischen Komplex eingehandelt. Das toxische Thema trägt zwar den unverdächtigen Namen Zentrale Verwaltung. Unverdächtig ist auch die Absicht: Die auf verschiedene Gebäude und Ortsteile verstreuten Abteilungen der Gemeindeadministration sollen an zentraler Lage zusammengefasst werden. Das wäre kostengünstiger, effizienter und bürgernäher als die jetzige Lösung, darin sind sich im Münsinger Parlament alle einig. Doch während ein solches Vorhaben anderswo selbst hartgesottenen Einsprache-Rittern und Mitbestimmungs-Verfechtern kaum ein müdes Aber entlocken könnte, gerät das Münsinger Blut in Wallung.
Der Grund liegt wie so oft in der Vergangenheit. Zweimal schon - 2008 und 2012 - wurde ein Projekt für den Verwaltungsbau ausgearbeitet. Zweimal fand es im Parlament fast nur Befürworter. An der Urne jedoch erlitt die Zentrale Verwaltung zweimal Schiffbruch. 2008 kam das Nein zur hellen Verwunderung der Gemeindepolitiker aus heiterem Himmel. 2012 zeichnete sich eine Ablehnung ab. Das präsentierte Projekt war von den Bürgern schlecht aufgenommen worden. Manche sprachen vom Glaspalast und dem König, der darin residieren wolle. Natürlich, eine unschöne Vorstellung. Aber was tun, wenn sich der «König» auf demokratischem Wege an der Macht hält? Die Münsinger stürzten immerhin seinen Palast. Die Abstimmungen haben ihre Spuren im Selbstbild der Gemeinde hinterlassen. Da hat sich ein Graben aufgetan zwischen der Politik und dem Volk. Man versteht sich nicht mehr. Die Politiker hat dies ins Grübeln versetzt, die Bürger aber sind selbstbewusster als zuvor.
Wenn nun die Zentrale Verwaltung die Traktandenliste ziert, dann füllen sich die Zuschauerreihen im Gemeindesaal. Und dann sieht sich das Parlament allein schon durch eine Machbarkeitsstudie - nicht ein konkretes Projekt - zu einer Beratung in mittlerer Spielfilmlänge herausgefordert.
So auch am Montag. Da wogt die Diskussion hin und her. Da werden Anträge formuliert und ausgehandelt. Und da werden Meinungsverschiedenheiten statt mit dem Florett auch mal mit gröberem Gerät ausgetragen. Doch nach geschlagener Schlacht befindet man sich wieder auf Feld eins. Wie das? Die Studie des Gemeinderates hat ergeben, dass zwei Standorte für die Zentrale Verwaltung nicht weiterverfolgt werden können. Einerseits die Alte Moschti, wo die Migros ihren Laden erweitert. Andererseits die Parzelle im Dorfzentrum, auf welcher der Coop sein neues Lokal plant. Übrig blieb die dritte Variante: der heutige Coop am Dorfplatz.
Der Gemeinderat wünschte, dass das Parlament, das diese Machbarkeitsstudie vor fünf Monaten in Auftrag gegeben hatte, seinen Bericht genehmigt. Der Geschäftsprüfungskommission und dem Parlament ging das zu schnell. Der Bericht wurde zurückgewiesen, verbunden mit dem Auftrag, der Gemeinderat solle eine Infoveranstaltung durchführen und die Zentrale Verwaltung unter Einbezug der Bevölkerung noch einmal anschauen.
Erich Feller indes wird damit kaum mehr zu tun haben. Er geht Ende Jahr in den Ruhestand. Um diese Baustelle wird sich ein neuer «König» kümmern müssen. Man kann ihm nur Glück wünschen. Und viel Geduld.