Münsingen - Gegen 8000 Besucher am grössten Fest des Aaretals

Tausende besuchten am Samstag den Basar des Psychiatriezentrums – und konnten an den 44 Ständen einiges über die Geschichte der Verkäufer erfahren.

Cyril Beck, Berner Zeitung BZ
Monika Lüthi strahlt. Die Leute scharen sich um ihren Stand. Am meisten beeindrucken die aus Holz gefertigten Ketten: «Über 150 Stunden investierte ich pro Kette», erklärt die selbstbewusst wirkende Frau. Die Geschäfte laufen gut: Nebst vielen anderen Objekten hat sie heute bereits eine dieser Ketten verkauft – für über 2000 Franken. Das sie überhaupt am Basar des Psychiatriezentrums Münsingen (PZM) ihre Kunst präsentieren kann, hat auch mit Glück zu tun. «Ich habe einen Suizidversuch hinter mir, den ich nur knapp überlebt habe», erklärt sie offen. «Hier in Münsingen weilte ich 2011 ein halbes Jahr auf der geschlossenen Abteilung, auf eigenen Wunsch. Ich merkte, dass mir das Umfeld guttat. Hier habe ich auch zu meiner Kreativität gefunden», erklärt sie. Heute betätigt sich die 45-jährige Konolfingerin zur Hälfte als Künstlerin. Die restlichen 50 Prozent arbeitet sie im Gartenbau.

Mehr als einfach ein Fest

Von überall her strömen die Leute Richtung PZM – sehr viele Leute sogar. Man gehe von einem neuen Besucherrekord aus, erzählt der Medienverantwortliche Mike Sutter. «Wir schätzen, dass 6000 bis 8000 Leute hier sind.» Auf dem Rundgang wird klar, weshalb der jährliche Basar als «grösstes Begegnungsfest des Aaretals» bezeichnet wird. An den 44 Ständen gibt es die unterschiedlichsten Dinge zu sehen: hochwertiges in den Ateliers des PZM gefertigtes Holzspielzeug, Produkte aus der Korbflechterei, aber auch spezielle Peperoncini aus der hauseigenen Gärtnerei. Kinder vergnügen sich in Hüpfburgen und auf Trampolinen. Im Hof spielt unentwegt eine Band, hier und da schwingen Besucher das Tanzbein. Doch der Basar soll nicht nur der Bevölkerung ein Fest bieten. «Er ist auch Teil der Behandlung: Die Patienten präsentieren hier ihr Schaffen. Daraus sollen sie Selbstvertrauen schöpfen», erklärt Mike Sutter.

«Münsige linggs»

Der Stand von Aline Brand ist nach Mittag fast leergefegt. An ein paar Ästchen baumeln noch ein paar mit Seidenpapier verzierte Glöckchen. Von den selber gemachten Dosen aus PET-Flaschen-Böden ist gar nur noch eine da. Als eine von dreizehn ehemaligen Patientinnen hat die 31-Jährige einen halben Stand gemietet. «Zuerst wollte ich nicht, aber meine Betreuer meinten, dies sei eine gute Gelegenheit, meine Kreativität zu zeigen», sagt die Hausfrau und Mutter etwas verlegen. Von Februar bis Juli war sie im PZM – eine Depression hatte sie aus der Bahn geworfen. Neben der Linderung ihrer Krankheit hat sie auch Freunde gefunden. «Es ist schön, diese Leute hier wiederzusehen.» Das PZM kämpft seit Jahren gegen die Stigmatisierung von psychisch Kranken in der Öffentlichkeit an. Die Redewendung «Münsige linggs» ist wohl den meisten schon untergekommen. Der Basar solle helfen, sich von den antiquierten Vorstellungen der «Versorgungsanstalten für Geisteskranke« zu lösen, sagt Mike Sutter. Und fügt mit einem Augenzwinkern an: «‹Münsige linggs› stimmt übrigens nur, wenn man aus Richtung Thun kommt.» Von Bern her müsse man in Münsingen rechts zum PZM abbiegen.

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Erstellt: 15.10.2012
Geändert: 15.10.2012
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