Münsingen - Feller geht, Feller bleibt
Seit zwölf Jahren prägt er die Geschicke Münsingens. Nun tritt Erich Feller von der lokalpolitischen Bühne ab. Ganz ohne Politik geht es aber doch nicht: Feller plant bereits den nächsten Wahlkampf.
Die Luftansichten seiner Gemeinde, die persönlichen Diplome, die historischen Stiche, der Wimpel des FC Münsingen. Alles da, an den Bürowänden von Erich Feller. Selbst jetzt, wenige Tage bevor er den Hut nimmt, muss man schon sehr genau hinschauen, um zu erkennen, dass hier einer seinen Abschied plant. Erich Feller, 60-jährig, Gemeindepräsident von Münsingen, hilft gerne nach: Da, unter dem Schreibtisch, sind Klarsichtmäppchen gestapelt, dort, neben dem Bürostuhl, zwei graue Aktenkisten. «Jaja», sagt Feller, während er sich hinsetzt. «Ufruume.»
«Draussen steht eine Mulde»
Die Entscheidung, das Gemeindepräsidium abzugeben, traf Feller vor einem Jahr. Somit blieb ihm genügend Zeit, sich mental auf den Rücktritt einzustellen. Nun geht es nur noch um die Vollstreckung. Abschied nehmen. Aufräumen. Dossiers übergeben, und ja, auch Akten und Unterlagen entsorgen. «Draussen steht eine Mulde», sagt Feller. Da werfe er hinein, was er nicht mehr brauche.
Ist das also, was übrig bleibt, nach intensiven zwölf Jahren an der Spitze der Gemeinde - das Klappern von Papierbündeln in einem Müllcontainer?
Natürlich nicht. Falls ihn das Ende seiner Zeit als Gemeindepräsident sentimental stimmt, so überspielt Feller dies zumindest sehr überzeugend. Allerdings ist das nicht verwunderlich. Zwar liess er sich im Eifer des lokalpolitischen Gefechts hin und wieder von seinen Emotionen hinforttragen - etwa im Parlament, bisweilen auch im Austausch mit Journalisten. So rasch sich sein Gemüt aber jeweils erhitzte, so zügig kühlte es auch wieder ab. Trotz diesen vereinzelten Ausschlägen auf der Fieberkurve bestimmte Feller die Geschicke Münsingens betont nüchtern und pragmatisch.
Grosse Schritte für Familien
Diese Handschrift trägt auch die Entwicklung Münsingens seit der Jahrtausendwende. Prestigeträchtige Leuchtturmprojekte, spektakuläre Visionen, grosse Würfe - all dies sucht man vergebens in der Aaretal-Metropole. Es hat sich aber dennoch vieles getan. Da waren die Regionalisierungen in den sensiblen Bereichen Alter, Jugend, Bildung und Informatik. Da wurden Gemeindeliegenschaften gebaut und saniert. Da konnten Verkehrsmassnahmen umgesetzt werden. In Fellers Ära fällt auch eine Ortsplanungsrevision, die Münsingen in den kommenden Jahren bis zu 500 neue Wohnungen bescheren wird. Umsichtig eingefädelt war auch die Eingemeindung von Trimstein. Und die Gemeindefinanzen geben - auch dank der Aussicht auf neue Zuzüger - wenig Anlass zur Sorge.
Erich Feller selbst sieht seine grössten Erfolge aber weder beim Verkehr noch bei Finanzen und Planung. «Bei den familienergänzenden Tagesstrukturen und im Energiebereich haben wir einen grossen Schritt vorwärts gemacht.» Münsingen sei heute für Familien, und damit auch für Unternehmen, sehr attraktiv, zudem habe man das Energiestadt-Label erfolgreich verteidigt. Darauf ist Feller stolz.
Verdrängen und vergessen
«Ich nehme nur die positiven Erinnerungen mit», sagt Feller. Und die negativen? Er lächelt. Mit ihnen pflege er folgendermassen umzugehen: «Erst verdrängen. Dann vergessen.»
Aber natürlich gibt es sie, die negativen Erinnerungen. Nicht wenige sind verbunden mit dem Projekt Zentrale Verwaltung. Zweimal hat Feller für einen Verwaltungsneubau geworben. Zweimal hat er den Gemeinderat und das Parlament von der Notwendigkeit dieses Vorhabens überzeugt. Zweimal hat das Stimmvolk das Projekt abgeblockt. Nun wird Feller das Dossier seinem Nachfolger Beat Moser (Grüne) übergeben. Davon, dass Münsingen eine zentrale Verwaltung braucht, ist er weiterhin überzeugt. «Ich habe die Niederlagen an der Urne akzeptiert. Aber meine Meinung hat sich nicht geändert.»
Das Häuslein am Murtensee
Was die Zukunft bringt? Feller hat sich vorgenommen, sich aus der Gemeindepolitik rauszuhalten. «Ich habe selbst die Erfahrung gemacht, dass es nicht immer leicht ist, wenn sich Ehemalige einschalten.»
Ganz ohne Politik geht es aber nicht: Im März will Erich Feller seinen BDP-Grossratssitz verteidigen. Wird er wiedergewählt, will er sich weiterhin in der Oberaufsichtskommission engagieren. «Wenn man diese beiden Aufgaben ernst nimmt, dann ergibt das, Aktenstudium eingeschlossen, fast ein 60-Prozent-Pensum», sagt Feller. Nebenher gedenke er nachzuholen, was während der letzten Jahren zu kurz gekommen sei. «Fitness, Familie, Reisen.» Und dann sei da noch das «Häuslein» am Murtensee. «Dort wird man mich künftig häufiger antreffen. Dort kann man ruhig arbeiten.»