Es kommt selten vor, dass der Gemeinderat von Münsingen zu einer Medienkonferenz einlädt. Gestern aber tat er es. «Wir verstehen nicht, warum man unsere Gemeinde ständig schlecht machen will», sagte Gemeindepräsident Erich Feller (Freie Wähler). «Wir fühlen uns angegriffen», sagte Vizegemeindepräsident Hans Rudolf Schönenberg (parteilos, früher FDP). Sie meinten die FDP Münsingen. Viermal im Jahr gibt die FDP ihr Parteiorgan «Trumpetli» heraus. Und das gibt manchmal laute Töne von sich. In der Ausgabe Nummer 1 dieses Jahres hiess es über die ausgeglichene Rechnung der Gemeinde: «Da kann man vorläufig gratulieren. Bei einer genaueren Analyse der frohen Botschaft stellt man aber fest, dass da wiederum einige Nebelpetarden gezündet wurden, um vom wahren Problem abzulenken.» Der Autor war Andreas Kägi, Parlamentarier und Spezialist für Finanzen.
Verunglückter Vergleich
In der Ausgabe Nummer 2 waren die Töne leiser, aber falsch. Die FDP rechnete vor, dass Münsingen im Vergleich mit vier ähnlich grossen Gemeinden aus der Region mit Abstand den höchsten Nettoaufwand pro Einwohner aufweist, nämlich 3610 Franken. Besser ab schnitten: Belp (2970 Franken), Ittigen (2480), Muri (2380) und Worb (2510). Kägi hatte die Zahlen anhand eines Vergleichsinstruments des Kantons im Internet ermittelt. Das «Trumpetli» ging in sämtliche Haushalte in MünsingenNur stimmten die Zahlen eben nicht. «Ich habe mich beim Amt für Gemeinden und Raumordnung vergewissert, dass die Zahlen absolut vergleichbar sind», sagt Kägi. «Ich dachte, darauf könne ich mich verlassen.» Konnte er nicht. Das Hauptproblem: Münsingen integriert die Infrawerke in die Gemeinderechnung. Im FDP-Vergleich wurde der Aufwand der Elektrizitätsversorgung, rund 10 Milllionen Franken, mitgerechnet. Der fast gleich hohe Ertrag aber nicht. «Wir haben uns entschuldigt», sagt Kägi. Er fragt sich aber, warum der Kanton ein Vergleichstool anbietet, mit dem sich keine schlüssigen Vergleiche anstellen lassen.
Fehler auf Website
Kägi hätte allerdings gewarnt sein können. Denn schon in einer Motion von Mitte August verwendete er Zahlen aus jenem Tool – auch sie waren falsch. Kägi zog die Motion dann zwar zurück. Auf der Website der Partei ist sie aber immer noch aufgeschaltet, was Feller und Schönenberg empört. Kägi: «Ich glaube, unser Webmaster ist noch in den Ferien.»
Korrigierte Zahlen
Der Gemeinderat hat die Zahlen nun korrigiert. Dazu hat er Gebührenerträge etwa aus Elektrizitätsversorgung, Abwasserreinigung und öffentlichem Verkehr mitgerechnet. So beträgt der Nettoaufwand 2560 Franken. Noch besser siehts aus, wenn Erträge etwa von der Badi oder von Parkplätzen einbezogen werden: Der Aufwand sinkt auf 2210 Franken. Feller weist darauf hin, dass auch diese Vergleiche unscharf sind. Aber: «Münsingen ist sicher nicht die teuerste Gemeinde. Vielleicht sogar die günstigste.»Erich Feller kritisiert auch, dass die FDP die Zahlen nicht korrigiert hat. Zumal Ende Oktober gewählt wird. «Wir haben sie zweimal aufgefordert, es ist nichts passiert.» Kägi sagt: «Deswegen drucken wir doch das ‹Trumpetli› nicht extra neu.»