Münsingen - Erst einer will das Gemeindepräsidium
Die Münsinger Ortsparteien gehen neue Wege: Sie suchen gemeinsam Kandidaten für das Gemeindepräsidium. Der Bauverwalter der Gemeinde, Martin Niederberger, hat Interesse.
Martin Niederberger bezeichnet sich als «phantasievoll und kreativ». Darum hat der Münsinger Bauverwalter auch reagiert auf ein Inserat der örtlichen FDP: «Gesucht in Münsingen: Gemeindepräsident(in)». Die Stelle wird ab 1. Januar 2014 frei. «Ich fühle mich vom Inserat angesprochen», sagt Niederberger. Darin wird nicht die Parteizugehörigkeit hervorgehoben, sondern fachliche und persönliche Kompetenzen. Jetzt bewirbt er sich für den Job. Der 48-Jährige hat allen Ortsparteien sein Dossier zugeschickt. Niederberger stösst dort auf Interesse. Bald ist er beispielsweise bei den Grünen zu einem Hearing geladen.
Kein Grossandrang
Der amtierende Gemeindepräsident Erich Feller (Freie Wähler) wird bei den Wahlen vom 27. Oktober nicht mehr antreten. Diese Ankündigung hat die Parteien im vergangenen Herbst überrascht. Einen «Grossandrang» gibt es nun nicht auf die frei werdende Stelle, wie FW-Präsident Urs Münger feststellt. Das hat mehrere Gründe. «Gegenüber leitenden Positionen in der Privatwirtschaft hat ein Gemeindepräsident weniger Gestaltungsmöglichkeiten», sagt BDP-Präsident Walter Stamm. Zudem bestehe das Risiko, nach vier Jahren wieder ohne Job dazustehen. «Für Leute in Kaderpositionen wird es schwierig», sagt SP-Präsidentin Elisabeth Striffeler. Auch fehlt derzeit in Münsingen offensichtlich das Vertrauen in die Behörden. «Es läuft vieles nicht rund», sagt Grünen-Präsidentin Irene Wernli.
Lichte Reihen in den Parteien
Für die aktiven Münsinger Politiker, etwa Gemeinderäte und Parlamentarier, scheint das Präsidium nicht sehr attraktiv zu sein. Bis jetzt hat sich niemand für eine Kandidatur entschieden. Noch nicht das letzte Wort ist bei den Freien Wählern, der FDP, der EVP gesprochen. In diesen Parteien werden Gespräche mit möglichen Kandidaten geführt. «Wir haben jemanden in der Pipeline», sagt etwa EVP-Präsident Werner Fuchser. BDP, Grüne, SVP und SP dagegen stellen fast sicher keine eigenen Kandidaten. Selbst Peter Baumann, früher Gemeindepräsident von Trimstein und nun Gemeinderat in Münsingen, will nun doch nicht, nachdem er Interesse signalisiert und einen SP-Beitritt in Aussicht gestellt hatte.
Mindestens zwei sollens sein
Die Lage scheint ernst zu sein und sorgt dafür, dass die Parteien neue, innovative Wege gehen. Ihre Präsidenten stehen im engen Kontakt, sie treffen sich jetzt regelmässig, sie suchen gemeinsam nach Kandidaten. «Alle Münsinger Bürgerinnen und Bürger sollen sich Gedanken machen», sagt FDP-Präsident Markus Troxler.
Natürlich möchten die Parteien ihre Positionen vertreten sehen. «Ich hoffe schwer, dass sich ein bürgerlicher Kandidat findet», sagt SVP-Präsident Patrik von Allmen. Doch das Hauptziel bis zum nächsten Präsidententreffen im April lautet: mindestens zwei Kandidaturen. «Wenn wir das nicht erreichen, werden wir breit Inserate schalten», sagt Troxler. Alle Parteien gemeinsam, nicht nur in Münsingen.
Niederberger ist offen
So steht also Niederberger derzeit als einziger Interessent für das Amt fest. Seit 19 Jahren arbeitet er in der Bauabteilung Münsingen, seit 8 Jahren ist er Leiter. Er interessiert sich auch von Berufs wegen besonders für die Themen Nachhaltigkeit, Umwelt und Verkehr. Politisch aber will er sich nicht allzu sehr festlegen. Sein Vater und sein Grossvater politisierten in seinem Heimatkanton Nidwalden für die CVP, er aber war nie Mitglied. Nach mehrmaligem Nachfragen sagt er: «Ich bin links der Mitte, primär zukunftsorientiert.» Ob Martin Niederberger einer Partei beitritt, das lässt er offen. Die Parteizugehörigkeit spiele für das Amt des Gemeindepräsidenten nicht die entscheidende Rolle. Für ihn auch nicht. «Jetzt hoffe ich auf die Unterstützung von Parteien, am liebsten von mehreren.»