Münsingen - Eine Rechnung von 25 Rappen

Seit mehr als Sechzig Jahren fährt er nun Auto. Aber so etwas ist dem 81-jährigen Rentner Werner Frey aus Münsingen noch nie passiert: Ende Januar hat er eine Rechnung des Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamtes des Kantons Bern im Briefkasten, Betrag: 25 Rappen. Innert 30 Tagen zu überweisen.

Joël Baumann, Der Bund
Er macht grosse Augen ob des kleinen Betrags: 25 Rappen! Der automobile Rentner wendet sich an die Zeitung seines Vertrauens: «Schildbürgerstreich!», ruft der «SonntagsBlick» förmlich.

25 Rappen - bereits die Papierkosten dürften diesen Minibetrag übersteigen, geschweige denn die Lohnkosten der Sachbearbeiter. Dazu kommt: Ein Rentner erledigt seine Rechnungen natürlich nicht per E-Banking. Nein: Er schlurft am sonnigen Nachmittag zur Post und zahlt am Schalter, was den Kanton weitere 90 Rappen kostet.

Schildbürgerstreich? «Sicher nicht», insistiert Hansulrich Kuhn, Vorsteher des zuständigen Amtes. Die Rechnungen seien alle korrekt. Also Bürokratie? Oder wie kommt sein Amt dazu, solche Rechnungen zu verschicken? «Das ist halt so», sagt Kuhn. Ein Schönheitsfehler des Systems. 1,3 Millionen Rechnungen im Jahr: «Bei uns wird alles automatisiert verrechnet.» Die Minibeträge seien Differenzen aus Rechnungen und Gutschriften und «absolute» Ausnahmen. Im «Promillebereich». Und: Der Autofahrer habe Anspruch auf eine korrekte Abrechnung. Eine neue Informatiklösung sei zu kostspielig. Und es fänden sich immer ein paar, die irgendetwas nicht gut finden, sagt Kuhn.

Dazu gehört wohl auch SVP-Grossrat Thomas Fuchs. Er vermutet mehr als einen Schildbürgerstreich: einen politischen Hintergrund, eine Schikane des Regierungsrats. Die rot-grüne Regierung sei immer noch erbost, dass das Volk für die Senkung der Motorfahrzeugsteuern gestimmt habe. Jetzt komme die Retourkutsche. Fuchs fordert nun vom Regierungsrat eine Antwort.

Dieser Zusammenhang sei «ganz einfach falsch», sagt Kuhn. Solche Abrechnungen seien schon vor der Abstimmung verschickt worden. Damals habe man einfach Sternchen in den Einzahlungsschein gesetzt. Für den Münsinger Rentner gäbe es einen ähnlichen Ausweg: Nicht aufregen und nicht zahlen. Denn: «Bei Beträgen unter einem Franken verschicken wir keine Mahnungen», sagt Kuhn. Dieser Rat kommt zu spät: Der Rentner hat die 25 Rappen bereits bezahlt. Und den Einzahlungsschein wahrscheinlich schon eingerahmt an die Wand genagelt.

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Erstellt: 19.02.2013
Geändert: 19.02.2013
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