Münsingen - Eine Gemeinde will sich selbst versorgen
Die Gemeinde Münsingen möchte sich soweit möglich selbst und unabhängig mit Strom versorgen. Das aber wird schwierig. Darum bleibt vorerst der Weg das Ziel.
Der Stolz war zu spüren bei «Münsingen erneuerbar». Etwa 120 Personen waren der Einladung einer Bürgerinitiative zu der Veranstaltung gefolgt, der von Experten und dem Gemeinderat bestritten wurde. Stolz kann Münsingen vielleicht dereinst auch darauf sein, dass die Gemeinde wenig Strom verbraucht. Und darauf, dass sie viel von diesem Strom gleich selbst herstellt.
Das Potenzial, das hat Energieberater Lukas Eichenberger berechnet, ist in Münsingen gross. Aber das Ziel ist fern und der Weg steinig, darum bleibt der Weg das Ziel. Und so war vorgestern nicht nur Stolz, sondern auch Skepsis zu spüren.
Grosses Potenzial
Heute werden in Münsingen pro Jahr insgesamt 219 Gigawattstunden Strom verbraucht. Nur etwa ein Zehntel liefert die Gemeinde. Doch Münsingen wäre in der Lage, zwei Drittel des Verbrauchs selbst aus erneuerbaren Energien herzustellen. Zum einen könnte der Verbrauch auf fast die Hälfte gesenkt werden. Zum andern könnte die eigene Produktion stark erhöht werden (siehe Grafik).
Dies hat Eichenberger im Auftrag der Gemeinde und der Infrawerke Münsingen ausgerechnet. Insbesondere in drei Bereichen hat er grosses Potenzial ausgemacht: Solarthermie und Solarstrom, Erdwärme sowie Gebäudeeffizienz.
Ehrgeizige Ziele
Wenn dieses Potenzial genutzt würde, könnte der Pro-Kopf-Energieverbrauch in Münsingen von rund 4300 Watt halbiert werden. Das Ziel der bernischen Energiestrategie – eine 2000-Watt-Gesellschaft bis ins Jahr 2050 – ist in Münsingen demnach realistisch.
Im Januar hat der Gemeinderat ein umfassendes Massnahmenpaket verabschiedet. Es orientiert sich an der 2000-Watt-Gesellschaft, an einem drastisch reduzierten CO2 und am Atomausstieg bis 2035. «Aus meiner Sicht», sagt Eichenberger, «ist es einer der ersten ernsthaften Versuche, die Energiestrategie umzusetzen.»
Konkret bedeutet es, dass in Münsingen beispielsweise jedes Jahr zwei Prozent der Gebäude saniert werden sollen — das sind 46 Sanierungen pro Jahr. Und es bedeutet, dass pro Jahr 45 kleine Fotovoltaikanlagen gebaut werden, dazu 14 mittlere Anlagen sowie 1 Grossanlage. «Das sind massive Veränderungen, sie passieren nicht von selber», sagt Eichenberger.
Eine zentrale Stelle
Der Gemeinderat und die Infrawerke möchten zudem eine zentrale Stelle schaffen, angesiedelt bei den Infrawerken. Und auch «Leuchtturmprojekte» in Angriff nehmen, also innovative Unterfangen mit Strahlkraft. «Die Bevölkerung muss bereit sein, diese Stossrichtung zu unterstützen», sagt dazu die zuständige Gemeinderätin Rosmarie Münger (SP, Ressort Umwelt).
Über finanzielle Folgen äussert sie sich nicht. «Es braucht noch viele Abklärungen, darüber, wie man welche Gelder nützen kann.»