Münsingen - Ein Leben als Turner
Vor fast 70 Jahren gründete Paul Gilgen den Satus Münsingen. Auch mit 88 Jahren hat er vom Turnen noch nicht genug. Jetzt wird er von der Gemeinde geehrt.
Johannes Reichen / Berner Zeitung BZ
Paul Gilgen turnt, seit er denken kann. Aber erst jetzt, mit 88 Jahren, denkt er manchmal, dass es mit dem Turnen bald vorbei sein könnte. Er sieht zwar jünger aus, als er ist, er bewegt sich noch immer gut und gern, er leitet noch immer Turnlektionen. «Aber ich sehe langsam das Ende kommen», sagt Gilgen zu Hause in Gümligen.
Das liegt nicht nur an ihm, sondern auch an seiner Frau Ruth. Sie ist 86-jährig und leidet an mittelschwerer Demenz. Noch könne er für zwei Stunden das Haus verlassen, sagt Gilgen. Aber immer häufiger habe er ein mulmiges Gefühl, wenn er sie allein zurücklasse. Sie braucht ihn. «Wir möchten so lange wie möglich hier wohnen bleiben», sagt er.
Am Freitagabend wird er wieder einmal weg sein. Dann erhält er von der Gemeinde Münsingen den Sportpreis überreicht. Denn Gilgen turnt nicht nur für sein Leben gern, er animiert auch andere dazu – und dies seit bald 70 Jahren. Denn am 31. Januar 1947 gründete er mit ein paar weiteren jungen Männern im Klösterli den Satus Münsingen.
Kampf um die Turnhalle
Gilgen ist in Rubigen aufgewachsen und war der Sohn eines Arbeiters. Im bürgerlichen Turnverein Münsingen, der 1895 gegründet worden war, hatte es für ihn keinen Platz. «Da gehörten die etwas besseren Leute dazu.» Im Schweizerischen Arbeiter-, Turn- und Sportverband – kurz Satus – fühlte er sich besser aufgehoben.
Doch in Münsingen hatte niemand auf die Arbeiterturner gewartet. «Wir mussten uns beweisen.» Es gab nur eine Turnhalle. Sie war jeden Tag in der Woche durch einen Verein besetzt. Im Wochenwechsel machten sie den Satus-Turnern Platz. «So trainierten wir in der einen Woche am Montag, in der nächsten am Dienstag» und so weiter. «Das war natürlich überhaupt nicht praktisch.» Doch der Ruf wurde besser – «dank guten Leistungen und gutem Benehmen».
Sohn eines Arbeiters
Die Geschichte des Satus ist eng mit der Arbeiterbewegung verbunden, der Verband kooperierte auch von Beginn weg mit der Sozialdemokratischen Partei. Sein Vater war nicht nur Arbeiter, sondern auch Sozialdemokrat. Das bekam er zu spüren. «In der Schule gab es vor allem einen Lehrer, der mich deswegen immer wieder plagte.» Deshalb schwor sich Gilgen, nie der SP beizutreten. Heute ist der Satus politisch neutral.
Aus Gilgen wurde aber ein überzeugter Gewerkschafter beim Schweizerischen Eisenbahnerverband. Beruflich arbeitet er ein Leben lang für das blaue Bähnli. Bei den Betreibergesellschaften war er Maschinenschlosser, Verantwortlicher für das Ersatzteillager und Wagenführer. Mit der Pensionierung 1992 fand er noch mehr Zeit für turnerische Angelegenheiten.
Auch beim TV Mitglied
In den letzten 70 Jahren hat Gilgen unzählige Anlässe miterlebt und viele selbst organisiert. Es gibt kaum eine Funktion, die er einmal nicht innehatte. Er ist Ehrenmitglied im Satus-Kantonalverband. An seinem «Turnerband» hat er die Abzeichen von zig Festen angesteckt. Das Band ist schon lange aus der Mode – aber Gilgen turnt weiter.
Am Mittwochabend steht er vor der älteren Hälfte der Seniorenriege. Danach gibt es jeweils im Ochsen ein Bier. Am Freitagnachmittag leitet er die Altersriege für Männer und Frauen, auch Ruth Gilgen turnt manchmal mit. Danach trifft man sich zu Kaffee und Kuchen. «Es macht einfach grossen Spass.» Und es helfe, fit zu bleiben bis ins hohe Alter. Die Gruppe ist übrigens gemischt – mit Turnern des Satus und des Turnvereins.
Auch Paul Gilgen gehört längst dem TV Münsingen an – er ist sogar Ehrenmitglied. Das ist jedoch klar: «Mein Herz gehört dem Satus.»
Preisverleihung
Neben Paul Gilgen werden auch die Schulhandballerinnen mit dem Münsinger Sportpreis ausgezeichnet. Sie gewannen den dritten Schweizer-Meister-Titel in Serie. Weiter erhält Michael Räber den Sozialpreis für sein Engagement auf der Insel Lesbos zugunsten der Flüchtlinge. Die Trachtengruppe Münsingen wird mit dem Kulturpreis für ihr 80-jähriges Engagement zur Pflege des Brauchtums geehrt. Die Verleihung findet am Freitag um 20 Uhr im Schlossgutsaal statt.
Das liegt nicht nur an ihm, sondern auch an seiner Frau Ruth. Sie ist 86-jährig und leidet an mittelschwerer Demenz. Noch könne er für zwei Stunden das Haus verlassen, sagt Gilgen. Aber immer häufiger habe er ein mulmiges Gefühl, wenn er sie allein zurücklasse. Sie braucht ihn. «Wir möchten so lange wie möglich hier wohnen bleiben», sagt er.
Am Freitagabend wird er wieder einmal weg sein. Dann erhält er von der Gemeinde Münsingen den Sportpreis überreicht. Denn Gilgen turnt nicht nur für sein Leben gern, er animiert auch andere dazu – und dies seit bald 70 Jahren. Denn am 31. Januar 1947 gründete er mit ein paar weiteren jungen Männern im Klösterli den Satus Münsingen.
Kampf um die Turnhalle
Gilgen ist in Rubigen aufgewachsen und war der Sohn eines Arbeiters. Im bürgerlichen Turnverein Münsingen, der 1895 gegründet worden war, hatte es für ihn keinen Platz. «Da gehörten die etwas besseren Leute dazu.» Im Schweizerischen Arbeiter-, Turn- und Sportverband – kurz Satus – fühlte er sich besser aufgehoben.
Doch in Münsingen hatte niemand auf die Arbeiterturner gewartet. «Wir mussten uns beweisen.» Es gab nur eine Turnhalle. Sie war jeden Tag in der Woche durch einen Verein besetzt. Im Wochenwechsel machten sie den Satus-Turnern Platz. «So trainierten wir in der einen Woche am Montag, in der nächsten am Dienstag» und so weiter. «Das war natürlich überhaupt nicht praktisch.» Doch der Ruf wurde besser – «dank guten Leistungen und gutem Benehmen».
Sohn eines Arbeiters
Die Geschichte des Satus ist eng mit der Arbeiterbewegung verbunden, der Verband kooperierte auch von Beginn weg mit der Sozialdemokratischen Partei. Sein Vater war nicht nur Arbeiter, sondern auch Sozialdemokrat. Das bekam er zu spüren. «In der Schule gab es vor allem einen Lehrer, der mich deswegen immer wieder plagte.» Deshalb schwor sich Gilgen, nie der SP beizutreten. Heute ist der Satus politisch neutral.
Aus Gilgen wurde aber ein überzeugter Gewerkschafter beim Schweizerischen Eisenbahnerverband. Beruflich arbeitet er ein Leben lang für das blaue Bähnli. Bei den Betreibergesellschaften war er Maschinenschlosser, Verantwortlicher für das Ersatzteillager und Wagenführer. Mit der Pensionierung 1992 fand er noch mehr Zeit für turnerische Angelegenheiten.
Auch beim TV Mitglied
In den letzten 70 Jahren hat Gilgen unzählige Anlässe miterlebt und viele selbst organisiert. Es gibt kaum eine Funktion, die er einmal nicht innehatte. Er ist Ehrenmitglied im Satus-Kantonalverband. An seinem «Turnerband» hat er die Abzeichen von zig Festen angesteckt. Das Band ist schon lange aus der Mode – aber Gilgen turnt weiter.
Am Mittwochabend steht er vor der älteren Hälfte der Seniorenriege. Danach gibt es jeweils im Ochsen ein Bier. Am Freitagnachmittag leitet er die Altersriege für Männer und Frauen, auch Ruth Gilgen turnt manchmal mit. Danach trifft man sich zu Kaffee und Kuchen. «Es macht einfach grossen Spass.» Und es helfe, fit zu bleiben bis ins hohe Alter. Die Gruppe ist übrigens gemischt – mit Turnern des Satus und des Turnvereins.
Auch Paul Gilgen gehört längst dem TV Münsingen an – er ist sogar Ehrenmitglied. Das ist jedoch klar: «Mein Herz gehört dem Satus.»
Preisverleihung
Neben Paul Gilgen werden auch die Schulhandballerinnen mit dem Münsinger Sportpreis ausgezeichnet. Sie gewannen den dritten Schweizer-Meister-Titel in Serie. Weiter erhält Michael Räber den Sozialpreis für sein Engagement auf der Insel Lesbos zugunsten der Flüchtlinge. Die Trachtengruppe Münsingen wird mit dem Kulturpreis für ihr 80-jähriges Engagement zur Pflege des Brauchtums geehrt. Die Verleihung findet am Freitag um 20 Uhr im Schlossgutsaal statt.