Münsingen - Dörrbohnen aus dem Schulhaus

Im Untergeschoss der Turnhalle Mittelweg werden zurzeit täglich Hunderte von Äpfeln, Birnen, Zwetschgen und Bohnen gedörrt, wie zu Grossmutters Zeiten. Zwei der Öfen sind bereits über 60 Jahre alt.

Ursula Grütter / Berner Zeitung BZ
Zu einer Bernerplatte gehören Dörrbohnen. Unbedingt. Und für einige Familien aus der Region Münsingen müssen die Bohnen aus dem eigenen Garten stammen. Das ist Ehrensache. Jahr für Jahr bringen sie ihre Ernte ins Untergeschoss der Turnhalle Mittelweg in Münsingen. Hier nehmen Mitarbeitende des Frauenvereins die Ware in Empfang, schichten sie auf lange Gitterroste und schieben sie in drei grosse Öfen. Über zwölf Stunden schmoren die frischen Bohnen an der Wärme, bis sie am nächsten Morgen für einen ersten Dörrtest herausgenommen werden. Sind sie ausgetrocknet, kommen sie wieder zurück in die angeschriebenen Körbe und Kisten. Der nächste Winter mit Bernerplatten auf dem Tisch kann kommen.

Ein Zwetschgenjahr

Das Angebot des Frauenvereins Münsingen ist in dieser Form in der Region einzigartig. Entsprechend gross ist die Nachfrage. Und die freiwilligen Helferinnen dörren längst nicht nur Bohnen. «Heute hat jemand angerufen, ob er zehn Kilogramm Peperoni bringen könne», sagt Therese Fahrni, Leiterin der Dörrstation. Sicher sei das möglich, hat sie geantwortet. «Wir dörren auf Wunsch auch Bananen, klein geschnittenes Suppengemüse und natürlich immer wieder Tomaten.» Aber dieses Jahr sei eindeutig ein Zwetschgenjahr, sagt sie. Die dunklen Früchte sind im Verarbeitungsraum überall anzutreffen, mal halbiert in Körben verpackt, mal in gedörrtem Zustand auf den Gitterrosten. «Wir brauchen mehr freie Gitter», ruft eine Helferin und greift nach einem Korb Birnenschnitzen.

Nebst den Zwetschgen sind auch Birnen und Äpfel ganz oben auf der Hitliste des Vereins aufgeführt. «Dahinter steht eine lange Tradition. Zwei der drei Öfen werden seit 1947 betrieben, und die Leute sind es gewohnt, ihre Früchte hierherzubringen», sagt Fahrni. Inzwischen sind die fahrbaren Regale voll beladen, und die vier anwesenden Frauen schieben die Ware zu den Öfen. Gitter um Gitter verschwindet im Innern der grau-grünen Riesen. «Sie sind ins Alter gekommen und haben manchmal ihre Macken», sagt Regula von Mühlenen mit einem besorgten Blick auf die Temperaturanzeige. 19 Jahre leitete sie die Dörranlage, bevor sie die Führung vor drei Wochen an Fahrni übergab. Nebst den beiden alten Öfen steht den Frauen auch eine modernere Anlage zur Verfügung. «Bei diesem System wird der Ofen nur auf 33 Grad erhitzt und dafür die Luftfeuchtigkeit entzogen», erklärt von Mühlenen.

Bohnen aus Belp

Derweilen nimmt Therese Fahrni bereits wieder Ware entgegen. Renate und Ruedi Schürch aus Belp stellen ein Waschbecken voller Bohnen auf den Tisch. «Bei uns gehen so viele Bestellungen für Dörrbohnen ein, dass wir zwei- bis dreimal die Woche kommen», sagt die Bäuerin. Gestern haben die beiden Bauersleute 100 Kilogramm Frischware gebracht, heute nehmen sie 10 Kilogramm Dörrbohnen nach Hause.

«Es gibt einige Landwirte, die hier Früchte und Gemüse für den Verkauf verarbeiten lassen», sagt Leiterin Fahrni. Dazu kämen aber auch viele Kunden, die einen Garten hätten oder einfach einen Apfelbaum. Annemarie Felder aus Konolfingen ist eine von ihnen. «Ich bringe Früchte und Gemüse aus dem Garten und mache daraus Weihnachtsgeschenke», sagt sie. Solche Freiwilligenarbeit, wie sie der Frauenverein anbiete, sei wertvoll.

2000 bis 3000 Franken Gewinn generiert der Frauenverein jährlich aus der Dörranlage. Dieser Betrag kommt jeweils einer Hilfsorganisation zugute. Für die insgesamt 300 Stunden Arbeit erhalten die Helferinnen ein Nachtessen.

Dörrservice: Die Dörranlage im Untergeschoss der Turnhalle Mittelweg in Münsingen ist von Montag bis Donnerstag jeweils von 19 bis 20 Uhr geöffnet. Von Dienstag bis Donnerstag zusätzlich von 7.30 bis 8 Uhr. Im Oktober kann die Ware jeweils am Dienstag abgeliefert werden. Das Dörren kostet zwischen 1.60 und 1.70 Franken pro Kilogramm Frischware. Auskünfte unter der Telefon- nummer 031 721 63 33.

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Erstellt: 31.08.2011
Geändert: 31.08.2011
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