Münsingen - Die Mauer des Anstosses

Die Gartenmauer beim Blumenhaus in Münsingen soll an einigen Stellen abgetragen werden, damit die geplanten Loft-Wohnungen genügend Tageslicht erhalten. Der Verein für Ortsbildschutz ist empört.

Es ist ein Bijoux, das Blumenhaus in Münsingen. Die Orangerie, die vor über 200 Jahren gebaut wurde, liegt unweit des Schlosses Münsingen und ist von einem gepflegten Garten umgeben. Das gesamte Gelände wird durch drei Mauern gegen Aussen abgegrenzt. Eine davon sorgt in Münsingen derzeit nun aber für grossen Ärger. Oder vielmehr das, was mit der Mauer passieren soll.

Im Gebäude der ehemaligen Fischer Druck AG, das gleich gegenüber des Blumenhauses liegt, sollen insgesamt 23 neue Loft-Wohnungen entstehen. Damit auch die Wohnungen im Kellergeschoss genügend Tageslicht erhalten, muss die Mauer neben dem Gebäude an einigen Stellen abgetragen werden. Dabei handelt es sich aber just um die Gartenmauer des Blumenhauses.

«Zahnlücken» sind unerwünscht

Gegen das Vorhaben, «Zahnlücken» in die Mauer zu schlagen, wehrt sich der Verein für Ortsbildschutz. Bereits im Februar hat er gemeinsam mit dem Berner Heimatschutz Einsprache gemacht, wie er nun mitteilt. Der Verein befürchtet, dass «der Garten durch diesen Eingriff weiter verstümmelt» werde. Es wäre nicht das erste Mal, dass die Gartenanlage wegen eines Bauprojekts in Mitleidenschaft gezogen würde, erklärt Vereinspräsident Rolf Brönnimann auf Anfrage. Bereits vor 40 Jahren, als die benachbarte Druckerei erweitert wurde, sei der Blumengarten «angeschnitten» worden. «Der Regierungsrat hatte sich zuerst gegen die Einzonung gewehrt, stimmte schliesslich aber zu», sagt Brönnimann. Das Argument: Ein wichtiger Arbeitgeber dürfe in seiner Entwicklung nicht behindert werden.

Der Ball ist bei der Gemeinde

Anfang dieses Jahres ist die Druckerei nun aber nach Wabern gezogen. Gegen die geplante neue Nutzung der Druckereiräume habe der Verein an sich nichts einzuwenden, sagt Präsident Brönnimann. Doch das Blumenhaus mit Garten – «ein Vorzeigeobjekt der Gemeinde Münsingen» – müsse ganzheitlich erhalten bleiben. Werde aber die Mauer an gewissen Stellen abgetragen, sei dies nicht mehr gewährleistet. Der Ball liege nun bei der Münsinger Bauverwaltung, sagt Brönnimann. Sie habe zu entscheiden, wie es mit dem Blumenhaus und seinem Garten weitergeht. Er hoffe sehr, dass das Verdikt anders ausfallen werde als vor 40 Jahren: «Schliesslich geht es ja heute nicht um den Erhalt von Arbeitsplätzen, sondern um die finanzielle Maximierung einer Liegenschaft.»

Bisher sei noch kein Entscheid gefallen, sagt Bauverwalter Walter Niederberger auf Anfrage. Solange die Baubewilligung nicht erteilt sei, könne er keine inhaltlichen Angaben zu diesem Fall machen. Die Gemeinde werde aber zu gegebener Zeit informieren. Der Verein will bis dahin «noch ein wenig lobbyieren», wie Brönnimann sagt. Sollte die Gemeinde für den teilweisen Abbau der Mauer dann aber grünes Licht geben, können die Gegner beim Kanton Beschwerde einreichen. Es sei davon auszugehen, dass der Verein bei einem negativen Bescheid der Bauverwaltung von dieser Möglichkeit Gebrauch machen werde, sagt Brönnimann.

Während das Blumenhaus früher ausschliesslich als Überwinterungsort für Zierpflanzen genutzt wurde, wird die Liegenschaft heute vor allem für Geburtstage und Firmenanlässe vermietet.

Lisa Stalder, "Der Bund"

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Erstellt: 23.11.2010
Geändert: 23.11.2010
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