Münsingen - Die Gemeinde beschenkt ihren Gemeinderat
Christoph Maurer erhält den Sozialpreis der Gemeinde. Er ist Gärtnermeister und Gemeinderat. Das wäre nicht überall möglich.
Christoph Maurer ist ein beliebter Mann in Münsingen. Als Politiker der Grünen holt er bei Wahlen regelmässig am meisten Stimmen aller Kandidaten, kürzlich schaffte er die erneute Wahl in den Gemeinderat problemlos. Und als Gärtnermeister betreibt er einen Betrieb, der ein Treffpunkt ist im Dorf. Nun wurde Christoph Maurer von der Gemeinde ausgezeichnet. Gestern Abend erhielt er den zum ersten Mal verliehenen Sozialpreis überreicht. Der Wert: 2000 Franken in bar. Die Frage ist, ob es ein geschickter Entscheid war.
Grosses Engagement
Zusammen mit seiner Frau betreibt Maurer die Gärtnerei in der fünften Generationen. Seit vielen Jahren beschäftigt er Personen mit geistigen, psychischen oder körperlichen Behinderungen. «Es ist so selbstverständlich, dass diese Personen in der Gärtnerei mitarbeiten, das gefällt mir», sagt die Münsingerin Vera Wenger. Darum habe sie Maurer für den Preis vorgeschlagen. Im Übrigen zeichne er sich auch sonst durch grosses Engagement aus, etwa in der Kultur. Wenger ist Parlamentarierin – und bei den Grünen Maurers Parteikollegin. «Ich hätte Christoph Maurer auch vorgeschlagen, wenn er bei der SVP oder bei der FDP wäre», sagt Wenger dazu. Und schliesslich sei es ja die Sozialkommission gewesen, die den Preisträger letztlich bestimmt habe. «Ich hätte auch damit leben können, wenn er nicht gewonnen hätte.»
Knapp, aber eindeutig
Die Sozialkommission kam aber an der Gärtnerei Maurer nicht vorbei. Zwar sei der Entscheid knapp ausgefallen, sagt Gemeinderat und Kommissionspräsident Jakob Hasler (EVP), aber dennoch eindeutig, da nach strengen Kriterien. Entscheidend war ein überdurchschnittliches soziales Engagement, das im Bereich der Arbeitsintegration stattfindet und das zudem ausserhalb des eigentlichen Geschäftszwecks geleistet wird. «Alle Kommissionsmitglieder haben Bewerbungen nach einem Schlüssel bewertet», sagt Hasler. Am Ende habe Maurer am meisten Punkte erreicht. Dass er nun den Preis seinem Gemeinderatskollegen übergab, findet Hasler nicht befremdlich. «Mit seiner Arbeit als Gemeinderat hat die Verleihung überhaupt nichts zu tun.»
Annen lehnte Preis ab
Allerdings gab es kürzlich einen ähnlichen Fall in Kehrsatz – mit einem anderen Ausgang. Die Gemeinde verlieh den Chäsitzerpreis an die Gründungsmitglieder der Arbeitsgruppe Berner Erklärung. Der Vorschlag kam von der Kommission Bevölkerung und Integration. Das letzte Wort hatte der Gemeinderat. Sechs Personen wurden ausgezeichnet. Zu den Gründungsmitgliedern gehörte auch Katharina Annen, die amtierenden FDP-Gemeindepräsidentin von Kehrsatz. Sie lehnte den Preis ab. «Hätte ich selbst den Preis nicht abgelehnt, hätten wir den Preis nicht an die Arbeitsgruppe verleihen können», sagt Annen. «Denn es gibt ein ungeschriebenes Gesetz, dass aktive Behördenmitglieder nicht ausgezeichnet werden können.»
Transparentes Verfahren