Münsingen - Die Entlastungsstrasse fällt bei allen Parteien durch
Der Gemeinderat wird seinen Plan wohl begraben müssen: Das Parlament hält nichts von einer einspurigen Entlastungsstrasse.
Mitte Juni lancierte der Münsinger Gemeinderat eine eigenwillige Idee: Eine einspurige Strasse im Westen des Dorfs könnte den Verkehr auf der Ortsdurchfahrt entlasten. Morgens wäre sie in der einen Richtung für ein paar Stunden geöffnet, abends in der anderen Richtung. Sie würde vom Autobahnanschluss in Rubigen entlang der Aare bis zum Sportplatz Sandreutenen führen (siehe Grafik). Im Parlament startete der Gemeinderat eine Umfrage. Denn für eine allfällige Machbarkeitsstudie wollte er sich der Unterstützung der Parteien sicher sein. Denn, so sagte Gemeinderat Andreas Kägi (FDP): «Ich gebe nicht gerne Hunderttausende von Franken für ein Projekt aus, das dann nicht realisiert wird.» Auch auf eine Kostenschätzung wurde vorerst verzichtet.
Bis Anfang Juli konnten sich die Parteien äussern. Kägi und seine Gemeinderatskollegen dürften nun zum Schluss gelangen, dass sich die Gemeinde hohe Ausgaben sparen kann: Die Parteien halten wenig bis nichts vom Vorschlag, und sie wollen keine weiteren Abklärungen dazu.
Originell – mehr nicht
Für Dieter Blatt (EVP) ist die richtungsgetrennte Strasse «auf den ersten Blick ein origineller Denkansatz». Auf den zweiten Blick aber keine taugliche Lösung. Darum spricht sich die evangelische Fraktion gegen eine Studie aus. Sie fordert aber, dass der Gemeinderat nun die Entlastungsvariante Nord (siehe Karte) forciert. Und sie empfiehlt dem Gremium, dass es die Bevölkerung «über die bereits gemachten Abklärungen wie Autobahnausfahrt Süd, Entlastungsstrasse West sowie Korridorstudie» informiert. Auch die SVP will nichts von einer Entlastung im Westen Münsingens wissen. «Wir sind mehrheitlich der Meinung, dass der Nutzen angesichts der hohen Kosten zu klein ist», sagt Hansueli Strahm. «Und persönlich reut mich jeder Quadratmeter Land, der neu zubetoniert wird.» «Es gibt bereits Grundlagen zuhauf», sagt Andreas Oestreicher von den Grünliberalen. Und diese zeigten klar, dass die Entlastungswirkung einer solchen Strasse an einem kleinen Ort zu finden sei. Das Hauptproblem liege beim Dorfkern und werde mit einer solchen Lösung nicht kleiner. «Eine Strasse, die nur vier Stunden pro Tag offen ist – das ist keine Lösung.»
Nicht so schlimm
«Eine solche Strasse nützt nichts», sagt die Grüne Vera Wenger. Aber ihre Partei sei «gegen Denkverbote» und deshalb doch dafür, dass die Idee in bescheidenem Mass geprüft werde. «Dann wird man rasch feststellen, dass es so nicht geht.» Aus ihrer Sicht müsste man die Energie statt für neue Strassen für Lösungen wie etwa Mitfahrdienste verwenden. «Und wenn wir uns umschauen, werden wir merken, dass es gar nicht so schlimm ist.» Deutliche Worte findet auch Ursula Schneider von der SP. «Wir sind nicht begeistert von diesem Vorschlag – er ist eigenartig.» Allein die technische Einrichtung würde eine Herausforderung darstellen. Ihrer Partei passt auch nicht, dass die Strasse je nach Linie durch ein Naturschutzgebiet führen würde. Ein weiterer Nachteil für Schneider: Die Strasse würde im Unterdorf zu Mehrverkehr führen.
Die Ausnahme
Als einzige Fraktion findet die FDP den Vorschlag des Gemeinderats gut. «Damit sind wir einverstanden», sagt Lukas Bolliger. «Es muss eine Ausweichroute gefunden werden.» Der Gemeinderat wird sich diese Woche mit der Entlastungsstrasse und den Antworten der Parteien befassen. Bis dahin äussert er sich nicht dazu.