Münsingen - Die Bahnschalter bleiben sonntags geschlossen

Am 25. April wollten Vertreter der SBB die Gemeinde Münsingen über das künftige Regime am Bahnhof aufklären. «Seltsamerweise», sagt Gemeinderat Hansruedi Schönenberg (FDP), «fand dieses Treffen nicht mit dem Gemeinderat statt, sondern mit der Verwaltung.» Tatsächlich war die Gemeinde an diesem Tag durch zwei Angestellte vertreten, darunter Martin Niederberger, Leiter der Abteilung Bau. Er informierte dann den Gemeinderat darüber, dass der Bahnhof künftig werktags eine halbe Stunde später öffnet – und sonntags geschlossen bleibt.

Was Schönenberg als «seltsam» empfindet, war wohl ein peinlicher Irrtum. Denn die SBB-Vertreter glaubten tatsächlich, zwei Gemeinderäte vor sich zu haben. Dies geht aus einem Brief von Thomas Eyer, Leiter des SBB-Marktgebiets Nord-Ost, an den Gemeinderat hervor.

Über den Inhalt des Treffens gibt es dagegen keine zwei Meinungen. Die Gemeinde sei damit «vor vollendete Tatsachen» gestellt, sagt Gemeinderat Schönenberg. «Es ist kurios: Der Bahnhof wird immer häufiger frequentiert – gleichzeitig gibt es einen Abbau.» Die Gemeinde sei nicht einmal miteinbezogen worden, kritisiert Gemeindepräsident Erich Feller (Freie Wähler). «Dabei ist das für unsere Bevölkerung einschneidend.»

Die SBB hingegen machen das «veränderte Kaufverhalten der Kunden» geltend, wie Sprecher Reto Kormann auf Anfrage mitteilt. Noch 30 Prozent der Billette würden am Schalter gekauft. Zudem hätten wirtschaftliche Überlegungen («Kundenfrequenzen sonntags») eine Rolle gespielt. Zeitlich fällt die Änderung auf die Pensionierung des langjährigen Bahnhofchefs Heinz Weber. Er war ein Verfechter des Sonntagsbetriebs am Bahnhof – und geht Mitte Juli in den Ruhestand. Kormann weist einen Zusammenhang von sich: «Wir haben aber seine Pensionierung zum Anlass genommen, die Situation des Bahnhofs respektive die Öffnungszeiten einer Prüfung zu unterziehen.»

Weber wurde Anfang Juni im «Münsinger Info», dem offiziellen Gemeindeblatt, verabschiedet. Im Artikel bleibt es nicht bei der Rückschau auf seine Jahre in Münsingen. Laut den Autoren ist es nämlich «kein Geheimnis», dass die Bahnhöfe von der SBB-Führung «aus Kostengründen unter Druck gesetzt werden». Die neue Führung in Münsingen werde «wohl einen weiteren Abbau erleben». Feller betont, dass der Artikel nicht die Meinung der Gemeinde wiedergibt.

Laut SBB kommt es jetzt allerdings nicht zu einem Stellenabbau. Jedoch würden gewisse Dienste bereits heute von Angestellten des Bahnhofs Thun erledigt, so Sprecher Kormann. Webers Nachfolgerin ist mittlerweile bestimmt. Während eines Jahres führt Sarah Gasser interimistisch den Bahnhof Münsingen.