Münsingen - Der Stammspieler

Nach zwei Amtszeiten ist für Münsinger Gemeinderäte Schluss. Das galt einst auch für Walter Stamm. Fünfzehn Jahre später mischt er immer noch mit.

Johannes Reichen, Berner Zeitung BZ

Er kann nicht anders. Vorgestern Abend sass Walter Stamm auf den Zuhörerrängen und lauschte der Debatte des Münsinger Gemeindeparlaments. Auf der Traktandenliste stand etwa die Gemeindeordnung, es ging um die Amtszeitbeschränkung für Kommissionsmitglieder, Parlamentarier und Gemeinderäte. Während die Münsinger in der Sonne lagen, Würste grillierten und Fussball schauten, verbrachte der 75-Jährige mehr als drei Stunden im Schlossgutsaal.

Stamm, einst Kommissionsmitglied, Parlamentarier und Gemeinderat, war freiwillig da. Und blieb natürlich bis zum Schluss.

So bekam er mit, dass das Parlament an einer Beschränkung auf zwei Amtszeiten für Gemeinderäte festhalten will. Und dass damit der Gemeinderat mit dem Antrag auf maximal drei Amtszeiten auf verlorenem Posten stand. Noch ist die Gemeindeordnung nicht unter Dach und Fach, am 25. September wird noch dem Volk vorgelegt.

Acht Jahre Gemeinderat

Walter Stamm gehörte in früherer Zeit einmal der Münsinger Schatzungskommission an. Kaum war er Präsident der SVPOrtssektion, wurde er bei den Gemeindewahlen 1993 zur eigenen Überraschung in den Gemeinderat gewählt.

Er blieb acht Jahre. Ende 2001 musst er wegen der Amtszeitbeschränkung aufhören. «Ich empfand das damals als richtig», erinnert er sich. Neben dem Beruf als Bauingenieur sei das Amt sehr anspruchsvoll gewesen.

An dieser Meinung hat sich bis heute nichts geändert. Zwei Amtszeiten seien ein guter Mittelwert. «Für gute Politiker sind drei zu wenig», sagt er. «Und für schlechte ist schon eine Amtszeit zu viel.»

Der vorzeitige Rücktritt

Stamm blieb politisch aktiv. Nach der Spaltung der SVP 2008 trat er der BDP bei. Er wurde erster Präsident der Sektion Münsingen. Kurze Zeit später schaffte er die Wahl ins Gemeindeparlament und wurde vor drei Jahren im Amt bestätigt.

Im Gegensatz zu Gemeinderäten müssen Parlamentarier erst nach drei vollen Amtszeiten definitiv aufhören. Stamm aber trat Ende letzten Jahres nach anderthalb Legislaturen zurück – nach total 28 Sitzungen und einer einzigen Absenz. Er machte einem jüngeren BDP-Mitglied Platz.

Nicht, dass er keine Lust mehr gehabt hätte auf den Ratsbetrieb. «Aber man soll seine Nachfolge rechtzeitig regeln.» Die Sitzungen des Parlaments besucht er ja weiterhin regelmässig – nun als Berichterstatter für seine Parteikollegen.

Spass an der Politik

Man könnte vielleicht annehmen, dass ihm etwas langweilig wäre ohne Politik. Vor einem halben Jahr gab er ja auch noch das Präsidium der BDP Münsingen ab (wobei die Partei bis jetzt noch keinen Nachfolger gefunden hat). Doch die Wahrheit ist die: «Ich habe Spass an der Sache.»

Walter Stamm gehört wohl einfach zum politischen Stammpersonal in Münsingen. Ungeachtet sämtlicher Amtszeitbeschränkungen.


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Erstellt: 23.06.2016
Geändert: 23.06.2016
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