Münsingen - Der Mahner und der Mutmacher

Am 27. Oktober wird in Münsingen der Nachfolger des abtretenden Gemeindepräsidenten Erich Feller gewählt. Die Entscheidung fällt zwischen Jakob Hasler (EVP) und Beat Moser (Grüne).

Johannes Reichen, Berner Zeitung BZ
Jakob Hasler (EVP)

Der EVP-Gemeinderat ist Unternehmer und Erfinder. Er bezeichnet sich als Generalisten und will nicht mit schönen Worten gefallen.

 

Montag, 10 Uhr, Bahnhof Münsingen. Jakob Hasler schlägt den Weg zur Industriestrasse ein. Sie befindet sich im unteren Teil des Dorfs und sieht so aus, wie sie heisst. Alte Fabrikgebäude, bunte Wände, die Tür zur Autogarage für «USA-Cars» steht offen. Hier will sich Hasler, 57 Jahre alt, fotografieren lassen, samt Graffiti. «Das ist ein Ort, an dem sich Münsingen verändern könnte», sagt Hasler. Wohnraum und Gewerbefläche sollen hier entstehen, das ist das Ziel. Noch aber sieht es nicht danach aus. Man kann nicht sagen, dass Jakob Hasler die Augen vor den tristen Seiten seines Dorfs verschliesst.

 

Der Techniker

 

Ein Mann der Technik, das ist Jakob Hasler, der Kandidat der EVP für das Gemeindepräsidium. Einst liess er sich zwar zum Sozialpädagogen ausbilden, arbeitete in Heimen, etwa mit Schwererziehbaren. Doch dann studierte er Elektrotechnik. Später gründete er ein Unternehmen und vor etwas mehr als zehn Jahren den Techpark Aaretal Münsingen, ein Netzwerk für kleinere und mittlere Technologieunternehmen. «Ich bin ein Generalist», sagt Hasler über sich. «Und ich packe gerne neue Projekte an.» Eine ideale Voraussetzung für den Job des Gemeindepräsidenten, findet er. Für seine Kandidatur hat er auch die Unterstützung der EDU auf sicher.

 

Der Mahner


«Geradlinig, ehrlich und offen», so beschreibt der Trimsteiner Unternehmer Christian Rupp Hasler. Die beiden kennen sich schon lange. «Er würde nie aus taktischen Gründen etwas vorspielen», sagt Rupp. Hasler sieht sich auch so: «Ich gebe keine Wahlversprechen ab, die ich dann nicht einhalten kann.»

 

Eher gibt Hasler den Mahner, der sich beispielsweise darum sorgt, dass die Gemeinde nicht mehr alle freiwilligen Dienstleistungen bezahlen kann. An Kindertagesstätten oder am Freizeithaus etwa sollten sich Private finanziell beteiligen, findet er.

 

Der Gläubige


Und immer wieder appelliert der EVP-Mann, der auch Mitglied der Freien Evangelischen Gemeinschaft ist, an Werte wie Respekt und Toleranz. Als Gemeinderat ist er seit fünf Jahren für das Sozialwesen zuständig, dieses Amt hat ihn geprägt. «Wenn ich sehe, welche negativen Folgen eine Scheidung haben kann, ist das erschreckend.» Er wünscht sich darum, dass in Münsingen eine vertiefte Wertediskussion stattfindet. Kandidat Hasler blickt in diesen Tagen von Dutzenden Plakaten. Auch persönlich macht er Werbung . «Das gehört dazu», sagt er. Aber nicht zu seinen Lieblingsbeschäftigungen. Ein Selbstdarsteller ist er gewiss nicht. Werner Fuchser, Präsident der EVP Münsingen, sagt: «Mir gefällt seine Bodenhaftung.» Hasler könne durchaus mal auf den Tisch klopfen, wenn ihm etwas nicht passe. Vor allem sei er ein guter Analytiker. «Er ist kein Mann der schnellen Entscheide, er überlegt sich sehr genau, was er tut.»

 

Der Erfinder

 

Diese Eigenschaft braucht er auch als Erfinder. So hat er beispielsweise eine Windturbine entwickelt, die man in den Garten stellen kann. So könnte sie Strom für einzelne Haushalte liefern. Vor einem Jahr setzte er alles auf eine Karte. Er suchte Investoren für seine Turbine. Im Frühling besuchte er die Erfindermesse, bekam zwar gute Echos, aber kein Geld. «Nun liegt dieses Projekt auf Eis», sagt er. Vielleicht wird er die Erfindung jemandem weitergeben.

 

Jakob Hasler ist verheiratet und Vater eines Sohnes und einer Tochter. Doch ausgerechnet jetzt, in diesen aufregenden Wochen, ist seine Frau nicht da. Die gebürtige Peruanerin verfasst in Lima zurzeit ihre Masterarbeit in Sozialwissenschaften. Nicht der beste Zeitpunkt, «aber wenigstens gibt es Internet und Skype», sagt Hasler. Immerhin: Am 26.Oktober, dem Tag vor der Wahl, ist sie zurück. Eine Freude. Das weniger: Vor vier Wochen, auf dem Wahlpodium der «Berner Zeitung», gab ihm Kontrahent Moser den Tipp, etwas mehr «Visionen» zu haben. «Das hat mich doch ein bisschen geärgert», sagt Jakob Hasler. Er habe durchaus Visionen. «Aber man sollte Ideen und Pläne auch umsetzen können.»

 

Beat Moser (Grüne)

 

Der Ex-Parlamentarier der Grünen setzt für die Wahl seinen Job aufs Spiel. Und er denkt, Münsingen sei auf einem guten Weg.

 

Mittwoch, 13.30 Uhr, Bahnhof Münsingen. Beat Moser schlägt den Weg zum Schlossgutareal ein. Dort erheben sich um den gepflästerten Dorfplatz das imposante Schloss, das stattliche Schlossgut mit Restaurant und Festsaal, das Freizeithaus, die Bibliothek. Hier will sich der 54-jährige Moser fotografieren lassen, samt «bluemete Trögli».

 

«Ein solches Zentrum gibt es in kaum einem anderen Dorf», sagt Moser. Das Schlossgutareal ist für ihn das Sinnbild für ein lebendiges und lebenswertes Münsingen. Man kann nicht sagen, dass Beat Moser die schönen Seiten seines Dorfs nicht schätzt.

 

Der Kommunikator

 

Noch zwei Wochen sind es bis zur Entscheidung, und der Grüne Moser ist viel unterwegs. Ständig präsentiert er sich in Aktion: «Beat am Grill», «Beat auf dem Podium», «Beat beim Pizzabacken», und jeden Samstag beim Coop: «Beat offen für Gespräche». Er mache solche Dinge auch sonst, sagt der Kandidat für das Gemeindepräsidium. Nur jetzt natürlich etwas intensiver.

 

Jürg Schacher, einst Parlamentarier und Vizepräsident der Münsinger Grünen, bestätigt das. «So ist er. Er ist gern unter Leuten, er macht das nicht nur wegen der Wahl.» Für Schacher ist das eine grosse Stärke: Moser könne sehr gut mit Leuten umgehen, er könne mit allen gut reden.

 

Der Liberale

 

Über sich selbst sagt Beat Moser, er sei kein typischer Grüner. Er sei liberal und wirtschaftsfreundlich. Er ist überzeugt, dass umweltfreundliche Energien ein wichtiger Wirtschaftsfaktor sein können – auch in Münsingen und im Aaretal. Vor zwanzig Jahren hat er sich selbst eine Fotovoltaikanlage aufs Dach montieren lassen. «Das war die beste Investition meines Lebens.»

 

Mit seiner Kandidatur geht Beat Moser aufs Ganze. Wird er nicht gewählt, steht er ohne Job da. Seinen Posten als Leiter des Finanz- und Rechnungswesens bei einem Liftbauunternehmen hat er gekündigt, der Nachfolger steht bereit. «Dieses Risiko muss ich eingehen», sagt er. Sorgen um die Zukunft macht er sich nicht. Und er rechnet sich auch gute Chancen für die Wahl aus.

 

Die Freien Wähler und die SP unterstützen ihn offiziell – und sogar die SVP. Sonderlich erstaunt ist Moser darüber nicht. «Ich habe mich beispielsweise für den Erhalt der Tägermatt engagiert. Das war auch ein landwirtschaftliches Anliegen.» Moser bewegt sich nicht nur in linksgrünen Kreisen. In der Armee etwa war er Kompaniekommandant, in der Feuerwehr war er Gruppenführer.

 

Der Mutmacher


Jetzt will er eine Gemeinde führen. «Er kann das», sagt sein langjähriger Bekannter Jürg Wenger. Neben dem Gemeinderat und der Verwaltung müsse ein Gemeindepräsident die Bevölkerung führen – was die wirklich anspruchsvolle Aufgabe sei. Die Anliegen und die Nöte der Menschen spüren, die Leute beteiligen, das könne Moser. «Er kann sich mit ihnen auseinandersetzen und dann zu Lösungen kommen.»

 

Zur Politik fand Moser eher spät – durch die eigene Familie. Denn da merkte er, dass er sich für eine «kinder- und enkeltaugliche Welt» einsetzen möchte. Seine Gemeinde sei diesbezüglich auf einem guten Weg. Er ermutigt die Münsinger, so weiterzufahren wie bisher. Doch ist er überzeugt, dass die Verwaltung künftig mit weniger Mitteln auskommen muss. «Da müssen wir die Effizienz steigern.»

 

Der Fasnächtler


Moser ist verheiratet und Vater von vier erwachsenen Kindern. Er war einst Präsident des Fasnachtsvereins, und noch immer ist er aktiver Fasnächtler. Jedes Jahr bricht er mit den «Schisshüsler Münsige» nach Bern zur Bärenbefreiung auf. Zu Fuss und mit einem Fasnachtswagen im Schlepptau. Ein Spass.

 

Das weniger: Vor vier Wochen, auf dem Wahlpodium der Berner Zeitung, gab ihm Kontrahent Hasler den Tipp, etwas öfter «auf dem Boden zu bleiben». Den Vorwurf verstand er nicht. «Ich bin, so glaube ich, nicht dafür bekannt, Luftschlösser zu bauen.»


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Erstellt: 14.10.2013
Geändert: 14.10.2013
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