Münsingen - Alte fühlen sich jünger als Junge

«Lieber spät als nicht» heisst das neue Stück der Aaretaler Volksbühne. Trotz vieler lustiger Gags hat die Komödie von Remo la Marra einen sozialkritischen Hintergrund.

Laura Fehlmann, Berner Zeitung BZ
Die ehemaligen Hippies, die kifften und Harley fuhren, sind heute fitte Senioren oder «best agers», auf Neudeutsch. Ihre Kinder stecken im Berufsleben, sind schrecklich bünzlig und frustriert, die Enkel im Teeniealter und virtuell ziemlich ausgelastet. Diese Konstellation zeigt das Stück «Lieber spät als gar nicht – das Altersheim kann warten». Die Aaretaler Volksbühne inszeniert das Zusammenleben von drei Generationen der Familie Liechti unter einem Dach: zwei fitte Alte, ein frustriertes mittelalterliches Elternpaar und zwei Teenager. Konflikte und Spannungen schaukeln sich hoch. Man streitet, dass die Fetzen fliegen. Generationenkonflikte pur, aber mit wohltuend wenigen Klischees.

Unterschiedliche Träume

Hans und Anna Liechti (Hans Abplanalp und Irene Müller) verspüren noch gar keine Lust aufs Altersheim. Weil aber das Leben unter dem Regime von Schwiegertochter Monika (Monika Balsiger) immer ungemütlicher wird, verwirklichen die beiden Alten ihren Traum und reisen mit einer Harley durch die USA. Während die Grosseltern noch einmal Hippieluft schnuppern, gerät zu Hause alles aus dem Lot. Sohn Peter (Marco von Gunten) und Ehefrau Monika sind frustriert. Sie klagt über schlechten Sex, und er fühlt sich alt. Die Teeniekinder (Reto Zoss und Joana Tringaniello) haben ihre eigenen Träume. Die Grosseltern fehlen ihnen schmerzlich, und im Haushalt herrscht Chaos. Dieses wird nicht kleiner, als unangemeldete Besucher aufkreuzen und sich im Zimmer der Grosseltern häuslich niederlassen (Samuel Kobel und Salima Hänni.) Ein bisschen gar viel Klamauk richtet der zusätzliche Besuch einer reichen Erbtante (Therese Wittwer) an, die zum Probewohnen von Amerika in die Schweiz kommt. Irgendwann sehnt sich sogar die giftige Schwiegertochter nach den ordnenden Händen der Schwiegereltern zurück.

Autor führt Regie

Das von der Aaretaler Volksbühne uraufgeführte Stück schrieb Remo la Marra, der auch Regie führt. Beruflich ist der 43-Jährige Naturheilpraktiker, privat widmet er sich schon seit vielen Jahren der Schauspielerei. Jetzt hat er mit «Lieber spät als gar nicht» sein erstes Stück geschrieben. Zum Thema sagt er: «Wir werden alle älter, bleiben länger fit, haben Angst vor dem Alter und wollen ewig jung bleiben.» Diese Aspekte hat er in seinem Erstling gekonnt verwoben. Entstanden ist eine humorvolle Komödie mit ernstem Hintergrund, die überaus sehenswert ist.

[i] Lieber spät als gar nicht: Do., 15. 11., 20 Uhr (Premiere), Schlossgutsaal Münsingen, elf Vorstellungen.

www.aaretaler.ch

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Erstellt: 13.11.2012
Geändert: 13.11.2012
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