Münsingen - Alle gegen einen: Pfarrer Claude Belz muss gehen
Nach einem Streit mit dem Kirchgemeinderat in Münsingen und den anderen Pfarrern muss Claude Belz gehen. Dabei erwiesen sich die Vorwürfe gegen ihn als haltlos.
Seit einiger Zeit ist die reformierte Kirchgemeinde gespalten. Auf der einen Seite: der Kirchgemeinderat und sechs der sieben Pfarrer. Auf der anderen Seite: die meisten aktiven Gemeindemitglieder und Belz, der seit 2003 im Kreis 3 für einen Teil Münsingens sowie Tägertschi zuständig ist.
Belz wurde vorgeworfen, er habe letztes Jahr die Kirchgemeindeversammlung für seine Zwecke instrumentalisiert, als er der Kirchgemeinde das Pfarrhaus abkaufte. Der Vorwurf wurde innerhalb der Reformierten Kirche Bern-Jura-Solothurn untersucht. Belz wurde entlastet. Und doch muss er gehen, nach einem Jahr Streit.
Das Pfarrhaus
Die Kirchgemeindeversammlung vom 5. Juni 2013 war äusserst gut besucht. 96 Stimmberechtigte waren gekommen, um unter anderem über den Verkauf des Pfarrhauses am Giessenweg zu befinden. Jene Liegenschaft, in der Pfarrer Belz mit seiner Frau und den Kindern seit Jahren wohnt. Die Residenzpflicht für den Kirchenkreis 3 war 2011 aufgehoben worden.
Im Vorfeld der Versammlung hatte Belz Interesse am Haus signalisiert. 1,02 Millionen Franken war er zu bezahlen bereit. Das war der Preis, den eine vom Kirchgemeinderat in Auftrag gegebene Schätzung ergeben hatte. Belz würde zudem der Kirche während zehn Jahren Büroräume gratis zur Verfügung stellen, das war sein Plan.
Der Verkauf
Doch der Kirchgemeinderat hatte andere Vorstellungen. Er wollte das Haus öffentlich ausschreiben lassen. Als «Verhandlungsbasis» schwebten ihm 1,2 Millionen Franken vor. Der Rat habe das Haus unbedingt dem Meistbietenden verkaufen wollen, erinnert sich ein Versammlungsteilnehmer. «Viele wunderten sich über diese Haltung.»
Die Mehrheit der Versammlung erachtete das Angebot des Pfarrers denn auch als fair. Mit 74 zu 13 Stimmen wurde der Verkauf an den Pfarrer beschlossen. Seit 1.August 2013 ist Belz Eigentümer des Hauses.
Das Nein-Lager bestand in erster Linie aus den Mitgliedern des Kirchgemeinderats. Ihnen passte der Entscheid gar nicht. Wie sich herausstellte, gefiel er auch den anderen Pfarrern nicht.
Die Kritik
An der Kirchgemeindeversammlung vom 25.November 2013 waren Belz und das Haus wieder ein Thema. Denn gegen Ende des Anlasses trat mit Ausnahme von Belz das gesamte Pfarrteam vor die Anwesenden und übte Kritik.
Das Team distanzierte sich «in aller Form vom Vorgehen, welches Pfarrer Claude Belz im Zusammenhang mit dem Hauskauf im Vorfeld der letzten Kirchgemeindeversammlung gewählt hat», so das Protokoll zur Versammlung. Ihr konkreter Vorwurf, so berichten damals Anwesende: Belz habe an der Versammlung Personen installiert, die für sein Anliegen Partei ergriffen hätten.
Die Unterstützer
Manche Zuhörer empfanden den Auftritt des Pfarrteams als einen Affront. Ein Mitglied der Kirchgemeinde sagt: «Dass der Kirchgemeinderat diesen Auftritt zuliess, ist unglaublich. Man hat Pfarrer Belz unrecht getan.»
Hans Walther, früher selbst Münsinger Kirchgemeindepräsident, war dabei: «Ich weiss gar nicht mehr, was die Pfarrer gesagt haben. Ich war einfach nur baff.» An der Versammlung zuvor hatte er Partei für Belz ergriffen. Er findet den Vorwurf der Instrumentalisierung absurd. Und wenn es doch so gewesen wäre, fände er nichts anstössig daran. «Jeder darf doch für seine Interesse lobbyieren.»
So sieht es auch Alt-Grossratspräsident Werner Lüthi, der ebenso pro Belz geredet hatte. «Ich war einfach der Meinung, dass jemand, der acht Jahre in einem Haus wohnt und einen guten Preis bezahlt, den Zuschlag bekommen sollte.»
Der Freispruch
Ob der Kirchenstreit weitere Gründe hat, ist nicht bekannt. Den bekannten Vorwurf aber hat die Standeskommission des Pfarrvereins Bern-Jura-Solothurn untersucht. Hatte Claude Belz die Standesregeln für Pfarrer verletzt? Nein, wie Andreas Stalder, der kirchliche Beauftragte des Kantons Bern, bestätigt: «Dem Pfarrer konnte kein falsches Verhalten nachgewiesen werden.»