Münsingen - 450 Autos im Beulentest
Im Juni verursachte heftiger Hagel vor allem im Gürbetal grosse Schäden – auch an Autos. Viele der Besitzer lassen den Schaden auf der Schwand von Experten schätzen.
Auf der Münsinger Schwand gibt es am Montagmorgen Kaffee und Gipfeli umsonst, ein grosses Zeitungsangebot und eine schöne Aussicht übers Aaretal. Wer hierher kommt, hat zudem gute Chancen, dass in wenigen Tagen ein paar Hundert oder gar Tausend Franken mehr auf dem eigenen Konto liegen. Und doch ist niemand freiwillig da.
Auch Peter Portner nicht. Der Mühlethurner ist mit seinem hoffnungslos verbeulten Geschäftsauto auf die Schwand gefahren. Der Wagen trägt das Logo des Bauunternehmens, das Portner kürzlich seinem Sohn übergeben hat. «Hagelkörner so gross wie Tennisbälle» seien am 6. Juni vom Himmel gefallen, sagt Portner. Das Unwetter traf vor allem das Dorf Mühlethurnen, aber auch andere Gemeinden im Gürbetal sowie im Aaretal. Deshalb organisiert die Versicherung Mobiliar noch bis Donnerstag einen «Hagel-Drive-in» in Münsingen.
20 Minuten reichten
Rund 450 Versicherte aus dem Gürbe- und Aaretal sowie der Region Thun werden den Schaden am Auto von Experten schätzen lassen. «Bei grösseren Ereignissen ist ein Drive-in sehr praktisch», sagt Michael Wenger, Schadenchef der Generalagentur Belp. «Wir können die Schäden so effizient aufnehmen.» Etwa alle drei Jahre sei das Gürbetal von einem grösseren Hagelwetter betroffen. Jenes von Anfang Juni gehörte zu der heftigeren Sorte in den letzten zwanzig Jahren, in denen Wenger als Schadenchef tätig ist. Das bekam auch Portner zu spüren. An jenem Samstag fand in Mühlethurnen der Gürbetal-Duathlon statt. «Ich habe dort mitgeholfen», erzählt Portner an einem der langen Festwirtschaftstische, wo die Kunden warten, während die Experten am Werk sind. Etwa um 19 Uhr zog ein heftiges Gewitter auf. «Den Kleintransporter konnte ich noch in Sicherheit bringen», sagt Portner. Doch das Geschäftsauto konnte er nicht retten. Während etwa 20 Minuten war es dem eisigen Niederschlag ausgeliefert.
Ein Totalschaden?
Zurück blieben zahlreiche Beulen auf Dach und Kühlerhaube und eine zerbrochene Frontscheibe. «Die habe ich bereits ersetzt», sagt Portner. Das kostete mehrere hundert Franken. Den Blechschaden am drei Jahre alten Auto schätzt Experte Roland Möhl auf 5700 Franken. «Bei einem älteren Fahrzeug müsste man schon über einen Totalschaden diskutieren», sagt Möhl, der aus dem Thurgau angereist ist und schon Tausende beschädigte Autos begutachtet hat, vor allem Unfallautos. Denn die Hagelkörner hätten nicht nur Beulen, sondern auch Risse im Lack verursacht.
Rost verhindern
Peter Portner kann entscheiden, ob er den Schaden beheben lassen oder sich die Schadensumme auszahlen lassen will. Er werde das noch mit dem Sohn diskutieren. «Aber ein paar Schäden werde ich wohl flicken lassen, damit das Auto nicht rostet.» Ein paar Dellen findet er aber nicht weiter schlimm. «Man stellt ja nicht an jedes Auto die gleichen Ansprüche», sagt er und zeigt auf den Wagen eines anderen Autofahrers. Auch dessen schwarzer Mercedes ist voller Beulen.