Motorrad - Tom Lüthis verzögerte Jagd auf den WM-Titel

Der Weltmeister Marc Marquez weg, der WM-Dritte Andrea Iannone weg – 2013 wären die Chancen auf WM-Rang 1 für den «ewigen Titelanwärter» Tom Lüthi so gut wie fast noch nie. Nur: Der Berner ist auch weg und greift voraussichtlich erst am 5. Mai in Jerez ins Geschehen ein.

si / NZZ
Am Donnerstag beginnt mit den ersten freien Trainings in Ad-Dauha die Motorrad-Saison 2013. Tom Lüthi, der auf dem Papier stärkste Schweizer in der Moto2-Klasse, wird aber den Nacht-GP von Katar am Sonntag ebenso verpassen wie wohl auch das zweite Rennen am 21. April in Austin (USA). Am 14. Februar hatte der Thailänder Ratthapark Wilairot bei den Tests in Valencia den 125er-Weltmeister von 2005 von hinten ins Elend befördert: zertrümmerter Ellbogen, Bruch von Speiche, Elle und Oberarm, Bänder in der Schulter gerissen - Lüthi musste sich in der Schweiz notfallmässig operieren lassen.

«Mein Ziel bleibt es, am 5. Mai in Jerez starten zu können», so Lüthi am Dienstag. Dafür schuftet er täglich mit Therapie zum Teil bis an die Schmerzgrenze. Das grösste Problem: Die Beugung und Streckung des Ellbogens. «Ich setze mir nur kleine Ziele. Sei es, wieder mit der rechten Hand SMS zu schreiben oder als nächstes, Liegestützen, machen zu können.»

Für den 26-jährigen Emmentaler ist 2013 die wohl letzte Chance, den WM-Titel zu gewinnen und so seinem Ziel, in die MotoGP aufzusteigen, näher zu kommen. Lüthi gehörte jahrelang zu den Titelanwärtern, war bei den Vorsaisontests immer bei den Schnellsten, vergab dann aber in den Rennen zum Teil wegen selbst- oder fremdverschuldeten Stürzen wertvolle Punkte. So verwundert es nicht, dass er nach seinem Traumjahr 2005, als er auch Sportler des Jahres geworden war, am Ende einer Saison nie mehr auf dem WM-Podest gestanden hat. In den letzten drei Moto2-Jahren gab es für den siebenfachen GP-Sieger (27 Podestplätze in 165 WM-Läufen) nur die Ränge 4, 5 und 4.


Gut ausgerüstet


Am Material kann es kaum liegen: Interwetten-Teamchef Daniel M. Epp sorgt mit viel Geld dafür, dass Tom von Eskil Suter stets mit Topmaterial ausgerüstet wird. Seit dem Aufstieg von Marc Marquez in die Königsklasse ist Lüthi gar die Nummer 1 unter den vom Turbenthaler Konstrukteur ausgerüsteten Piloten. Ersatzfahrer Sergio Gadea (28), der nach einem Unfall im November 2011 in Malaysia kein Rennen mehr bestritten hat, dürfte es aber schwer haben, in Ad-Dauha überhaupt in die Punkte zu fahren. Zu langsam waren seine Rundenzeiten bei den abschliessenden Tests in Jerez, wo erstmals sämtliche Fahrer die 600-ccm-Einheitsmotoren von Honda eingesetzt haben.


Höhere Ansprüche


Zu den Suter-Schützlingen gehören auch die beiden anderen Schweizer in der Moto2, Dominique Aegerter (22) und Randy Krummenacher (23). Die neuen Teamkollegen, die mittlerweile zu richtig guten Freunden geworden sind, steigen mit grossen Ambitionen in die Saison. Aegerter ärgert sich zwar, dass im Moment in der heimischen Presse mehr über den abwesenden Lüthi als über die in Ad-Dauha am Start stehenden Schweizer geschrieben wird. Aber dies ist auch eine zusätzliche Motivation. Waren in den letzten Jahren die Top 7 das Ziel, so hat Aegerter seine Erwartungen korrigiert: «Ich will regelmässig in die Top 5 fahren.» Der WM-Achte der letzten beiden Jahre, der erst einmal in 104 Rennen aufs Podest gefahren ist (im November 2011 in Valencia), gilt als Blitzstarter und hat erstmals eine eigene Crew mit Cheftechniker Gilles Bigot, zwei Mechanikern und einem Computerspezialisten zur Verfügung. «Ein grosser Vorteil vor allem in den Trainings bei den vielen Boxenstopps.»

Auch Krummenacher wird von einer eigenen Crew betreut. Der Zürcher Oberländer, der nach dem Rückzug von Team Switzerland im «Technomag-carXpert»-Team eine neue Heimat gefunden hat, strebt regelmässige Top-10-Plätze an. «Von mehr will ich noch nicht reden», sagt Krummenacher, der in 97 WM-Rennen erst einmal als Dritter 2007 in Barcelona in der 125er-Klasse Podestluft schnuppern durfte. «Die Umstellung von der Kalex- auf die Suter-Maschine funktioniert schon ganz gut.»


Kalex dominierte Testfahrten


Im Kampf um den WM-Titel dürfte das Duo aber nicht eingreifen können. Topfavorit ist der letztjährige WM-Zweite Pol Espargaro, der bei den Tests in Jerez die Konkurrenz mindestens um eine halbe Sekunde distanzierte. Er führt die Kalex-Armada an, die zuletzt in Andalusien die Ränge 1 bis 6 belegte. Dem Spanier fehlt aber noch der WM-Titel. Ein solchen haben im Moto2-Starterfeld fünf Fahrer gewonnen: Toni Elias in der Moto2 (2010) sowie in der 125er-Klasse Lüthi (2005), Julian Simon (2009), Nicolas Terol (2011) und in der Moto3 Sandro Cortese (2012).

Ein Wörtchen mitreden wollen aber auch Simone Corsi, Mika Kallio, Alex De Angelis (alle wurde bereits WM-Zweiter), Takaaki Nakagami, Scott Redding, Esteve Rabat und Jordi Torres. Und Lüthi hofft, dass sich diese Fahrer in den ersten Rennen gegenseitig so viele Punkte abnehmen, so dass seine Chancen auf den Titel Anfang Mai trotz zwei Nullern noch möglichst intakt sind.

Fehler gefunden?
Statistik

Erstellt: 03.04.2013
Geändert: 03.04.2013
Klicks heute:
Klicks total: