Mirchel - Seilziehen um strittige Gebühren

Viele zahlten, andere leisteten Widerstand – und scheinen vorerst im Recht zu sein: Mirchel streitet um Anschlussgebühren.

Stephan Künzi, Berner Zeitung BZ
Wer sich in dieser Sache in Mirchel umhört, stösst auf eine Mauer des Schweigens. Die Betroffenen mögen sich nicht äussern, sogar dann nicht, wenn sie sich zur Wehr gesetzt und Einsprache erhoben haben. Erst recht nichts ist von den Behörden im 350-Seelen-Dorf zu erfahren. Weil es, so die Auskunft in der Gemeindeschreiberei, um ein laufendes Verfahren gehe.

Noch von den Vorgängern

Dabei haben die Rechnungen für Stirnrunzeln gesorgt. Jene etwa, die der BZ vorliegt: Im Dezember 2007 stellte die Gemeinde einem Hauseigentümer aus heiterem Himmel über 700 Franken in Rechnung. Als Nachzahlung für den Abwasseranschluss, weil, so erklärte es ein Beiblatt, «bei An- oder Umbauten, Abbruch und Wiederaufbau die einmalige Einkaufsgebühr nachbelastet werden» dürfe. So stehe es im – notabene vor 33 Jahren erlassenen und vor 26 Jahren geänderten – Abwasserreglement.

Nun war das Stirnrunzeln in diesem Fall umso grösser, als die Betroffenen ihr Haus erst ein paar wenige Jahre zuvor gekauft und seither auch nichts umgebaut hatten. Die Rechnung bezog sich also auf Arbeiten aus der Zeit vor 1999, und die aktuellen Besitzer sollten für etwas bluten, was lange zurücklag und eigentlich noch von ihren Vorgängern zu verantworten gewesen wäre.

Zwei separate Rechnungen

Sie zahlten dennoch – nicht ohne vorher auf der Verwaltung reklamiert zu haben, aber eben, man beschied ihnen dort, dass alles rechtens sei. Auch andere überwiesen das verlangte Geld mehr oder weniger murrend. Die BZ weiss von einem Fall, in dem Mirchel gleich zwei Rechnungen stellte, eine für über 800 Franken und eine für knapp 600 Franken. Insgesamt für rund 1400 Franken also, «ein wahnsinniger Betrag aus dem Nichts, den wir nicht begriffen haben», so die Betroffenen konsterniert.

Die Familie hatte halt in den letzten bald 30 Jahren an ihrer Liegenschaft laufend etwas gemacht – das erklärende Beiblatt hält dazu fest: Wer sowohl vor als auch nach dem 1. Januar 1999 etwas um- oder angebaut habe, erhalte halt zwei separate Rechnungen. Weil Anfang 1999 die Grundlage für die Berechnung geändert habe.

Offenbar ein erster Erfolg

Nicht alle wollten die Rechnung jedoch so schlucken. Einzelne gingen den Einsprache- und Beschwerdeweg, der sie zuerst zum Gemeinderat und dann zu Statthalter Ueli Zaugg führte. Auf Nachfrage schweigt zwar auch er, «weil zwei Beschwerden hängig sind». Immerhin – damit ist klar, dass zwei Betroffene nicht gezahlt und sich auch nicht mit dem abschlägigen Einspracheentscheid der Behörden im Dorf zufrieden gegeben haben.

Einer dieser Fälle ist nun offenbar sogar eine Stufe höher beim Verwaltungsgericht gelandet. Weil die Gemeinde, wie gut unterrichtete Quellen wissen, den Entscheid von Statthalter Zaugg nicht akzeptiert hat – was wiederum heissen würde, dass die Beschwerdeführer mit ihren Einwänden zumindest in wichtigen Teilen vorerst Recht bekommen haben. Offiziell ist auch dazu nichts zu vernehmen.

Neue gesetzliche Vorgaben

In der Tat gibt es Hinweise darauf, dass Mirchels Nachzahlungen nicht auf stabilstem juristischem Grund fussen. So ist offen, ob die Gebühren für weit zurückliegende Um- und Anbauten nicht schon längst verjährt sind. Das Verwaltungsgericht jedenfalls hat die entsprechende Frist auf 5 Jahre festgesetzt, falls – wie in Mirchel – das Abwasserreglement keine zeitliche Grenze zieht.

Fraglich ist weiter, ob für die Berechnung der Nachzahlungen noch auf den amtlichen Wert abgestellt werden darf. Mirchel hat dies getan, das kantonale Gewässerschutzamt dagegen sagt klar, dass dies nach den neuen gesetzlichen Vorgaben nicht mehr zulässig sei. Massgebend seien heute sogenannte Belastungswerte.

Ein Artikel aus der

www.mirchel.ch

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Erstellt: 28.11.2008
Geändert: 28.11.2008
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