Mirchel - Ein Cocktail aus Pestiziden tötete 172 Bienenvölker

Im Appenberg informierte der Bienenzüchterverein Zäziwil und Umgebung mit dem Gesundheitsdienst über die Ursachen eines massiven Bienensterbens. Der Grund ist ein Giftcocktail.

Laura Fehlmann, Berner Zeitung BZ
Walter Leuenberger erinnert sich an den Tag vor knapp einem Monat, an dem sein Telefon heiss lief: Imker aus der Region Zäziwil und Mirchel berichteten ihm von einem verheerenden Bienensterben. «In den Ständen lagen massenhaft tote Bienen. Diejenigen, die noch lebten, waren flugunfähig oder torkelten wie betrunken durch die Luft», sagt der Präsident des Bienenzüchtervereins Zäziwil und Umgebung im Saal des Restaurants Appenberg in Mirchel. Für ihn ist klar: «Es handelt sich um eine Vergiftung.» Eine Woche nachdem das Bienensterben eingesetzt hatte, starben immer noch Bienen. Die Überlebenden mussten gefüttert werden, weil ihnen die Kraft fehlte, sich das Futter in der Natur zu holen. Es ist zu befürchten, dass auch die Brut nachhaltig geschädigt ist.

Umfangreiche Analysen

Imker aus der Region füllen den Appenberg-Saal. Sie wollen wissen, weshalb über 170 Bienenvölker sterben mussten. Um die Ursache herauszufinden, liess der Bienengesundheitsdienst Pollen, Waben, Futterproben und Pflanzenmaterial in einem Labor analysieren. Die Untersuchungen brachten einen Cocktail von Pestizidrückständen zutage, darunter ein Insektizid, das als extrem bienengefährlich gilt, aber immer noch verwendet wird.

Die umfangreichen Analysen lieferten noch kein eindeutiges Resultat. Es werden nun weitere Untersuchungen in zwei verschiedenen Labors durchgeführt, die zeigen sollen, ob unerlaubte Wirkstoffe im Giftcocktail waren. Die Suche nach dem tödlichen Wirkstoff sei, so Benjamin Dainat vom Gesundheitsdienst, wie «die Suche nach einem Schräubchen am Eiffelturm».

Spritzprotokolle kontrolliert

In zwölf Ständen rund um zwei grosse Obstkulturen zwischen Grosshöchstetten und Zäziwil sind fast alle Bienen gestorben. Der Bienengesundheitsdienst hat deshalb die Spritzprotokolle der Obstbauern kontrolliert, fand aber nichts Verdächtiges. Ein Imker warnt davor, einen Graben zwischen Bauern und Imkern zu schaufeln, denn: «Wir brauchen uns gegenseitig.»
 

Bienenschutz

 

Der Bundesrat will Bienen besser schützen und die Risiken durch Pflanzenschutzmittel reduzieren. Er hat gestern einen Aktionsplan in Auftrag gegeben, der bis Ende 2016 fertiggestellt sein soll. Damit will der Bundesrat die bestehenden Massnahmen besser koordinieren und klare Ziele festlegen. Zudem soll abgeklärt werden, ob weitere Instrumente notwendig sind. In zwei Berichten, die die Bundesverwaltung vorlegt, sind allerdings nur wenige konkrete Massnahmen zu finden, die das Risiko reduzieren sollen. Keine Massnahmen hat der Bundesrat zur Bekämpfung der Varroa-Milbe vorgeschlagen. Pflanzenschutzmittel stehen im Verdacht, die Bienen zu schwächen und damit anfälliger zu machen für die Varroa-Milbe. Bevor Imker jedoch gesetzlich verpflichtet werden könnten, brauche es vertiefte Abklärungen, heisst es in einer Mitteilung. Er schlägt stattdessen vor, das Nahrungsangebot im Sommer zu verbessern, indem man etwa auf Streifen am Rand von Feldern Blumen blühen lässt. Beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln sollen neue Techniken bewilligungspflichtig werden. Zudem will der Bund mehr in die Forschung investieren. sda

 

[i] Siehe auch "Zäziwil und Umgebung: Plötzliches und massives Bienensterben" vonm 29.4.2014


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Laura Fehlmann, Berner Zeitung BZ
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Erstellt: 22.05.2014
Geändert: 22.05.2014
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