Mirchel - Die grosse Anbauschlacht und ihren «General» nicht vergessen

Das grösste Landwirtschaftprojekt der Schweiz – der Anbauplan von 1940 bis 1945 – soll nicht vergessen werden. Geprägt und realisiert hat ihn der gebürtige Mirchler und spätere Bundesrat Friedrich Traugott Wahlen. Nun wird ein Film gedreht%

Silvia Ben el Warda-Wullschläger, Wochen-Zeitung
Der Film über den Professor und Politiker und seinen Anbauplan verfolge mehrere Ziele, wie Ruedi Meister und Ernst Wüthrich erklären. Sie haben den «Verein zur Wahrung der Erinnerung an Bundesrat Prof. Dr. Friedrich Traugott Wahlen und den Anbauplan 1940–1945» mitgegründet. «Zuerst einmal geht es uns darum, die grosse Leistung der Landwirtschaft, der Frauen und des Militärs während des Zweiten Weltkrieges anzuerkennen.» Junge Menschen, die keine grosse Ahnung mehr hätten von der damaligen Zeit, sollen erfahren, wie das Leben vor nicht allzu vielen Jahren in der Schweiz ausgesehen habe. «Wer von der Nachkriegsgeneration kann sich schon vorstellen, wie es war, von Feinden umzingelt zu sein und kurz vor einer Hungersnot zu stehen», fragt Professor Ernst Wüthrich. Seiner Ansicht nach wird dieses Thema auch in den Geschichtsstunden der Schulen zuwenig eingehend behandelt. Deshalb ist der Film auch für den Unterricht gedacht.

Kartoffeln vor dem Bundeshaus

Ein weiterer Schwerpunkt des Films bildet der Mensch, Agronom, Politiker, Weltbürger und Christ Friedrich Traugott Wahlen (siehe Kasten). Der gebürtige Mirchler war es, der vom Bundesrat berufen wurde, das grösste Projekt der Schweizer Landwirtschaft zu planen und umzusetzen: der Anbauplan oder besser bekannt als die Anbauschlacht der Kriegsjahre 1940 bis 1945. Der Film will aufzeigen, wie es Wahlen – der damals noch nicht Bundesrat war – gelang, den Selbstversorgungsgrad der Schweiz zu steigern. Er liess überall im Land Bodenproben entnehmen und dort, wo es möglich war, Kartoffeln aber auch Gemüse ansetzen. So wuchsen auch vor dem Bundeshaus Kartoffelstauden. «Das war die Lösung, denn mit einer Hektare Kartoffeln erhalten mehr Menschen die nötigen Nährstoffe als mit einem Getreidefeld der gleichen Fläche», erklärt Ernst Wüthrich. Es sei Wahlen gelungen, dass Kartoffeln und Gemüse nie rationiert werden mussten.

Zeitzeugen erzählen

Der Anfang Mai gegründete Verein hat das Filmprojekt nicht von ungefähr gerade jetzt angepackt. «Der Hauptgrund ist, dass die Zeitzeugen noch leben und authentisch über die damalige Zeit, aber auch über Friedrich T. Wahlen persönlich, berichten können», erklärt Ruedi Meister. So haben einige der Vereinsmitglieder noch selber beim Anbauplan mitgearbeitet und werden im Film dazu befragt. «Leben sie einmal nicht mehr, geht viel Wissen verloren. Das wollen wir verhindern.» Das Medium Film sei gewählt worden, weil damit mehr Leute – insbesondere auch Jugendliche – als mit Büchern erreicht werden könnten, sagen die beiden Vorstandsmitglieder. Wie lange der Film, der von Profis gedreht wird, dauert, richtet sich nach den finanziellen Mitteln. «Wir sind auf Sponsoren angewiesen. Kommt genug Geld zusammen, drehen wir 45 bis 60 Minuten.» Bis in einem Jahr soll der Film fertiggestellt sein.

In Mirchel verwurzelt

Das Engagement von Ruedi Meister und Ernst Wüthrich ist kein Zufall. Sie sind fasziniert von der Persönlichkeit Friedrich Traugott Wahlens, seinem Weitblick und Mut, seiner Offenheit und seinem Bekenntnis zum christlichen Glauben. Ihre Väter kannten Wahlen gut und verbrachten die Kindheitsjahre gemeinsam. Nicht zuletzt sind sie auch stolz auf den Bundesrat aus Mirchel. Dieser habe sich auch später stets mit seinem Geburtsort verbunden gefühlt, sei aber der Gesinnung nach ein Weltbürger gewesen. Beeindruckend und einmalig finden sie das Lebenswerk von Wahlen. All dies wollen sie mit dem Film auch für künftige Generationen festhalten. Später soll, so plant es der Verein, in Mirchel ein kleines Museum eingerichtet werden. Dieses soll die Gedenktafel am Geburtshaus im Gmeis und der 1945 zu Ehren von Wahlen gepflanzten Linde ergänzen.

Weitere Informationen zum Verein und zum Filmprojekt erteilt Ruedi Meister, Mirchel, Telefon 031 711 19 18. Am 17. September ab 14 Uhr findet im Schulhaus Mirchel eine öffentliche Orientierung über den Verein und das Projekt mit ersten Filmausschnitten statt.

Friedrich T. Wahlen

Friedrich Traugott Wahlen, geboren 1899 in Mirchel, war ein vielseitiger Mensch. Bereits 1920 schloss er die ETH mit dem Diplom als Ingenieur Agronom ab, 1922 mit dem Diplom als Doktor der technischen Wissenschaften. 1938 vertraute ihm der Bundesrat die Leitung der «Sektion für landwirtschaftliche Produktion und Hauswirtschaft» an. In dieser Position entwickelte er den Anbauplan. Zudem war er von 1942 bis 1949 Mitglied des Ständerates und von 1943 bis 1949 Professor für Pflanzenbau an der ETH. 1949 nahm er als Leiter der FAO (Welternährungsorganisation der UNO) in Washington und Rom den Kampf gegen den Hunger weltweit auf. Diese Tätigkeit führte er aus, bis er 1959 in den Bundesrat gewählt wurde. Aus diesem trat er 1965 zurück.

Friedrich Traugott Wahlen war verheiratet mit Rosalie Hopf, das Ehepaar blieb kinderlos. Er starb 1985 in Bern.

Ein Artikel aus der
www.mirchel.ch

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Erstellt: 28.07.2005
Geändert: 28.07.2005
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