Michael Frey vor dem Spiel Debrecen - YB: Der Vorzeigeprofi

Heute will YB in Debrecen die Qualifikation für die Europa League sicherstellen. Michael Frey ist dabei ein Berner Hoffnungsträger. Zu Besuch in Münsingen, dem Heimatdorf des 20-Jährigen.

Fabian Ruch, Berner Zeitung BZ
Es dauert keine zwei Minuten, bis Michael Frey entdeckt wird. Der YB-Stürmer sitzt während des Gesprächs im Schulhaus Mittelweg in Münsingen auf einer Steintreppe, wo er als Kind oft seine Technik beim Wandfussballspiel schulte. Jetzt kommen drei Buben und möchten ein Autogramm. Frey fragt schmunzelnd: «Müsst ihr nicht in der Schule sein?» Die Jungs haben Pause vom Französischunterricht, und Frey sagt, er sei als Schüler am liebsten draussen gewesen und habe Fussball gespielt. An der Treppenwand, auf dem kleinen Rasen, vor allem aber unten auf dem roten Platz.

Er trifft und trifft und trifft

Und heute, wenige Wochen nach seinem 20. Geburtstag, ist Michael Frey der beste YB-Offensivspieler. Er ist Vorkämpfer, Identifikationsfigur, Torjäger, er kämpft, läuft, trifft. In den letzten fünf Pflichtspielen, in denen er in der Startformation stand, schoss er stets ein Tor.

Am Sonntag, beim mühsam erarbeiteten 1:0-Sieg im Cup beim Erstligisten Bavois, sass er zur Schonung vorerst auf der Bank. In der Schlussphase aber musste der Youngster aufs Feld, am Ende erzielte der ebenfalls eingewechselte Renato Steffen den Siegtreffer. Das sei eng gewesen, sagt Frey, aber er habe nie am Sieg gezweifelt. «Wir spielten ja auf ein Tor und waren auch physisch klar besser.» Michael Frey, und diese Erkenntnis ist keineswegs neu, kennt keine Selbstzweifel. Unterhält man sich mit ihm, wird vieles einfach und logisch, und man wünscht sich vielen Nörglern, Kritikern, Nein-Sagern eine Prise der Unbeschwertheit Freys. Einmal fragt er: «Warum sollte ich mich mit negativen Gedanken befassen?» Ein anderes Mal, es geht um seine Entwicklung, meint er: «Ich glaube immer an mich und immer an den Sieg. Alles andere wäre hinderlich.»

Immer besser werden

In der Welt Michael Freys gibt es keine Probleme, und wenn doch, werden sie konsequent ignoriert und bestimmt nicht der Öffentlichkeit mitgeteilt. Frey ist immer noch frisch, authentisch, direkt und vom unerschütterlichen Willen beseelt, einen Schritt weiterzukommen. Tag für Tag. Spiel für Spiel. Training für Training.

Das hört sich kitschig an, aber Frey hat in seiner kurzen Laufbahn einen äusserst positiven Eindruck hinterlassen. Er ist stets freundlich, wirkt nie abgehoben, im Gegenteil, sein Auftreten ist tadellos, er ist bodenständig und bescheiden und dabei immer für einen Spruch zu haben.

Früher musste man Frey ein bisschen schützen, wenn er nach einem Spiel und geprägt von Emotionen Dinge erzählte, die vielleicht einen Schuss zu übermütig daherkamen. Aber Frey lernte schnell. Er haut immer noch gerne einen netten Satz raus, tritt aber ganz schön professionell auf. So bemerkt er in Münsingen, dass der vom Journalisten mitgebrachte Ball weder von seinem Privatsponsor Puma noch von YB-Ausrüster Jako sei. Das Bild auf dem roten Platz wird ohne Ball gemacht.

Bald im Nationalteam?

Die Entwicklung Freys ist rasant, ein Ende ist nicht abzusehen. «Er macht vieles richtig, ist ein Vorbild in Sachen Einsatz und schiesst Tore», sagt YB-Coach Uli Forte. «Was will man als Trainer mehr?» Beim Schweizerischen Fussballverband setzt man seit Jahren auf den aktuellen U-21-Stürmer Frey - auch beim neuen Nationaltrainer Vladimir Petkovic steht der kräftige Angreifer offenbar hoch im Kurs. Der 20-Jährige reagiert cool, wenn man ihn auf seine Ambitionen anspricht. Er konzentriert sich auf YB und sagt, er lasse sich nicht verrückt machen, nur weil geschrieben werde, grosse europäische Vereine seien an ihm interessiert. «Ich muss meinen Weg gehen und hart arbeiten, dann kommt alles von alleine.»

Bei aller Liebe zu YB ist Frey abgeklärter geworden. Noch vor wenigen Monaten bekannte er sich enthusiastisch und fast wie ein Fan zu YB («das ist mein Klub, ich denke an nichts anderes»). Heute sagt er, sein Vertrag laufe bis 2016, man werde sehen, was danach passiere. «Natürlich wird YB immer in meinem Herzen sein», sagt er, «aber jeder junge Fussballer träumt doch von einem Wechsel ins Ausland.» Und so lebt Frey weiter seinen Traum. Er ist ein Vorzeigeprofi, pflegt seinen Körper perfekt, isst gesund («viel Gemüse und Fleisch, das ist gut für meine Regeneration»), absolviert jeden Tag zu Hause Stabilisationsübungen, betreibt Kinesiologie und Mentaltraining, schläft viel und lässt sich nicht ablenken. Zeit für eine Freundin hat er im Moment nicht, Statussymbole bedeuten ihm nichts. «Ich verdiene gerade für einen 20-Jährigen sicher gut. Aber wir waren nie besonders reich, und ich brauche keine teuren Sachen.»

Am Ende des Gesprächs wird Frey von rund 20 Schülern beobachtet. Er sagt zum Fotografen, der auch in Münsingen lebt: «Die sind wegen dir hier.» Dann schwingt er sich aufs Velo und fährt die kurze Strecke zur Wohnung seiner Familie, wo er noch im Kinderzimmer wohnt – und sich am Nachmittag eine Stunde hinlegen will.

Fehler gefunden?
Statistik

Erstellt: 28.08.2014
Geändert: 28.08.2014
Klicks heute:
Klicks total: