Mein Job: Erziehung leicht gemacht

Kathrin Buholzer steht Eltern, die bei der Erziehung ihrer Kinder überfordert sind, mit Rat zur Seite. Mit ihrem Elternblog erreicht die Münsingerin auf Facebook mehr als 50 000 Fans.

Nikola Stosic, Berner Zeitung BZ

Ein harmonisches Familienleben: der Traum aller Eltern. Erziehung ist aber nicht immer leicht. Die Regale in Bücherläden platzen fast von den Elternratgebern, die derzeit auf dem Markt sind. Wer sich aber nicht durch den Bücherwald wälzen möchte, findet Rat und Gehör bei «Frau Elternplanet», auch bekannt als Kathrin Buholzer (46) aus Münsingen.

 

«Warum ist mein Kind so frech?» «Was tun, wenn das Kind schreit und tobt?» «Ist die Abgabe von E-Zigaretten an Minderjährige erlaubt?» Mit solchen Fragen beschäftigt sich Kathrin Buholzer wöchentlich. Alles, was sie dafür braucht, ist eine Videokamera, einen Laptop und die täglichen Erfahrungen, die sie mit ihren beiden Töchtern macht. In den Videos auf ihrem Youtube-Kanal spricht sie jeweils direkt in die Kamera. Dass dabei, gerade in den älteren Aufnahmen, zwischendurch ihre Töchter im Hintergrund spielen und umherirren, gibt dem ganzen eine heimelige Nähe.

 

Angefangen hat ihre Reise zur Eltern-Bloggerin im Jahr 2004, mit einer Weiterbildung zur «Triple P»-Elterntrainerin am Familieninstitut der Universität Freiburg. Die drei P stehen für Positive Parenting Program, ein positives Erziehungsprogramm. Mithilfe von Triple P werden zum Beispiel Selbstvertrauen, Selbstständigkeit und Verantwortungsgefühl von Kindern gefördert. Danach hat die ausgebildete Primarlehrerin angefangen, Elternkurse zu geben.

 

Sie wollte jedoch schnell mehr und ging als Ergänzung zu ihren Kursen mit dem Angebot online. Der Name für ihren Blog «Elternplanet» kam ihr bei einem Urlaub in Sardinien. Ihr Vater habe früher ständig über den Kultfilm «Planet der Affen» gesprochen. «Als Elternteil fühlt man sich oft, als wäre man auf einem anderen Planeten», das war die Geburtsstunde des Namens und schliesslich der Webseite.

 

Qualität der Community

Seit nunmehr zehn Jahren ist Kathrin Buholzer mit ihrer Plattform online. «Ich stellte damals einen Mangel an Erziehungsratgebern im Internet fest», sagt sie. Man konnte sich auf Plattformen wie Youtube breitflächig über alles Mögliche informieren, zum Beispiel auch wie man den Welpen dazu bringt, draussen zu pinkeln. Was man mit einem schreienden Kleinkind macht, da wäre man aber schnell an die Grenzen gekommen. Mittlerweile hat die Münsingerin mehr als 16 000 Abonnenten auf Youtube und über 53 000 Fans auf ihrer Facebook-Seite. Zusammen mit ihrem Blog hat sie sich in diesen zehn Jahren eine grosse und sehr aktive Eltern-Community aufgebaut. «Das Ganze wurde schon am Anfang zum Selbstläufer.» Der Austausch mit anderen Eltern habe schnell viele Früchte getragen und wurde zu einer Mischung aus Service und Unterhaltung.

 

Ihren Bekanntheitsgrad nimmt sie dankend an. Einerseits sei sie immer wieder stolz, wenn sie auf der Strasse oder beim Einkaufen erkannt oder gar angesprochen wird. Andererseits bekommt sie mit zunehmender Bekanntheit immer neue Aufträge. Letztes Jahr war sie in San Francisco im Urlaub. Als in ihrem Hotel ein Probefeueralarm losging und alle Gäste hinausmussten, wurde sie prompt von einer Leserin aus der Schweiz erkannt. «Das war schon verrückt. Das hätte ich auf der anderen Seite der Welt nicht erwartet.», sagt sie.

 

Immer online

«Man muss immer online sein.» Es sei wichtig, mehr oder weniger ständig Präsenz zu markieren für die Community. Denn Kinder würden keine Arbeitszeiten kennen. «Probleme entstehen oft aus dem Nichts», meint sie, «und wie schwierig das sein kann, weiss ich aus Erfahrung.» Deshalb versuche sie, ständig für die Leser erreichbar zu sein. Auch wenn ihr das oft viel abverlange. Das Bloggen, mit allem was dazugehört, nehme sehr viel Zeit in Anspruch. Da komme man oft auf 30 Stunden pro Woche. «In den ersten sechs Jahren habe ich damit keinen Rappen verdient», sagt Kathrin Buholzer.

 

Mittlerweile erhält sie durch das Bloggen und die daraus resultierenden Aufträge regelmässige Honorare, sodass sie sich einen kleinen Lohn auszahlen kann. Dass sie ab und zu mal von Leserinnen und Lesern wegen Kooperationen kritisiert werde, nimmt Kathrin Buholzer mit Verständnis auf. Die Leute seien sich bei Blogs noch nicht so gewöhnt, dass da auch mal ein PR-Beitrag auftaucht.

 

Die Töchter von Kathrin Buholzer sind mittlerweile 17 respektive 15 Jahre alt. Hat ihr Blog deshalb eine natürliche Ablauffrist? «Nein», sagt sie dazu selbstbewusst, «Ich schreibe nicht über meine Kinder per se. Sie beeinflussen zwar meine Arbeit, sie stehen aber nicht im Mittelpunkt.» Dadurch, dass es eben keine strikten Erfahrungsberichte seien, würden ihre Blogeinträge eine gewisse Zeitlosigkeit garantieren. Dass sie aber mit dem Altern ihrer Töchter eine Evolution durchlaufe, sei selbstverständlich: «Ob ich in zehn Jahren immer noch über die gleichen Themen schreibe, weiss ich nicht», das sei aber gerade das Schöne am Bloggen. Die Kernkompetenz des Blogs solle auch in Zukunft bei der Erziehung liegen. Das funktioniere gerade deshalb so gut, weil die «Community ständig wächst». Dass sie den Blog aufgeben oder einmal in andere Hände übergeben werde, sei im Moment eher unwahrscheinlich, sagt Kathrin Buholzer.

 

«Ich bin der Blog. Ich bin Frau Elternplanet.» Würde sie den Blog ausbauen, verliere dieser an Persönlichkeit. «Im Moment ist es mein Traumjob.»

 

[i] Tipps und Tricks zur Erziehung finden Sie unter: www.elternplanet.ch


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Erstellt: 18.07.2019
Geändert: 18.07.2019
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