Mein Job - Sie töpfert Urnen für Haustiere
Claudia Lang aus Boll ist für Tierfreunde oft ein Halt bei der Bestattung ihrer Lieblinge. Zusammen mit den Kunden kreiert sie eine passende Urne und hilft bei deren Herstellung.
Sie bezeichnet sich selbst als Rüedu, schwärmt für starke Motoren, und lackierte Fingernägel sind nicht ihr Ding. «Schreiben Sie einfach, dass ich eher ein sportlicher Typ mit einem Hang zur Technik bin», sagt Claudia Lang dazu. Das schwere Motorrad vor der Haustüre der 51-Jährigen bestätigt dies, und auch die diversen Handwerksutensilien im Innern des Hauses lassen nicht primär auf eine zierliche Frau schliessen. Und doch: Lang hat eine feine, sensible Seele. «Mein Herz schlägt für Tiere», sagt sie denn auch. Ihren Hund Speedy zum Beispiel würde sie um keinen Preis hergeben.
Persönliche Betroffenheit
Es ist diese Liebe zu Tieren, welche ihr schliesslich Kundschaft ins Haus gebracht hat. Sie, die im Laufe ihrer Kindheit Maus, Hamster und Wellensittich begraben musste, wusste, wie der Tod eines Haustieres seelische Schmerzen auslösen kann. «Ich litt jeweils unsäglich, wenn einer meiner Lieblinge starb», erinnert sie sich. Vielleicht sei ihre Bindung an die Haustiere auch so intensiv gewesen, weil die Mutter ganztags gearbeitet habe und sie alleine zu Hause war. Die Wegbegleiter hat sie als Mädchen jeweils im Schermenwald begraben und die Gräber wöchentlich besucht.
Ein halbes Leben später hat Claudia Lang eines ihrer Hobbys – das Töpfern – und ihre Liebe zu den Tieren über den Tod hinaus zu ihrer neuen Tätigkeit gemacht. Sie stellt Urnen her. Wer sein Haustier verliert und kremieren will, kann bei ihr die passende Urne herstellen. Oft kommen die Frauen und Männer mit der Asche in einem Säckli und besprechen vorab, wo das Tier seine letzte Ruhe finden soll. Die Wünsche erlebt Lang als vielseitig: «Einige wollen die Urne am Schlafplatz ihres verstorbenen Haustieres aufstellen, andere im Garten, oder sie wählen eine Stelle auf dem Lieblingsspaziergang für einen Platz unter der Erde.»
Je nach Wunsch werden im Anschluss gemeinsam eine passende Form und die Farbe des Tons gewählt. Lang staunt, wie die meist niedergeschlagenen Kunden beim Töpfern auftauen. Sie seien erleichtert, die Asche bei sich behalten zu können und künftig einen guten Platz zum Trauern zu haben. Lang hört zu, wenn die Leute aus dem Leben ihrer Haustiere erzählen, drückt die Hand, wenn Tränen fliessen und die Trauer an der Seele frisst. Tiere seien vollwertige Familienmitglieder, und das sei auch gut so, findet die Powerfrau. Doch eines will Claudia Lang klar präzisieren: «Ich bin keine Therapeutin, meine Hilfeleistung basiert auf Empathie und Lebenserfahrung.»
Künftig in Worb
Lebenserfahrung sammelte sie als Arztgehilfin und Hausfrau. In beiden Tätigkeiten lernte sie, wie aktives Zuhören Linderung bringt. Als ihre Ehe vor dreieinhalb Jahren auseinanderbrach, wollte Claudia Lang fortan vollumfänglich für ihre heute 11- und 13-jährigen Söhne da sein.
Und so bedeuteten 500 Kilogramm Ton, zwei Industrieöfen, Gipsformen, Holz, Steine und etliche rostige Nägel den Start zu ihrem neuen Tätigkeitsfeld. Reich werde sie bei dieser Arbeit nicht, konstatiert die Familienfrau. Doch der Umgang mit Ton und Kunden erwärme ihr Herz und bereite ihr viel Freude.
In diesen Tagen wagt Lang gar einen neuen Schritt: Sie zieht aus dem alten Bauernhaus im Lindenthal aus, wohnt neu in Boll und hat ihr Atelier bereits nach Worb gezügelt. Dort kann sie im hinteren Teil des Lokals mit den Kunden töpfern.