Markus Hirschi: «Das macht mich stolz»
In Oberdiessbach wird es kein Tempo 30 geben. Abstimmungssieger Markus Hirschi sagt, wo das Tempo gleichwohl reduziert werden kann und weshalb Tempo 30 so emotional ist.
Schönried, Gurmels und Dürrenroth haben sich schon gegen Tempo 30 entschieden, am Montagabend auch Oberdiessbach. Die Abstimmung war klar und deutlich. Die Gemeindeversammlung hat mit über 60 Prozent Nein-Stimmen Tempo 30 bachab geschickt. Markus Hirschi aus Oberdiessbach war die Stimme hinter dem Komitee «Stopp-Tempo-30».
BERN-OST: Markus Hirschi, wie geht es Ihnen nach dem Sieg?
Markus Hirschi: Mir geht es gleich gut wie jeden Tag. Klar, es freut mich und bestätigt, was das Komitee im Sinne hatte. Wir wollten eine Mehrheit finden und das macht mich stolz.
Hat Oberdiessbach mit der Abstimmung etwas Historisches erreicht?
(Überlegt) Die Umstände waren historisch, so viel wie ich weiss, gab es hier noch nie eine Gemeindeversammlung, die so viele Leute angezogen hat. Das war einmalig und von dem her historisch.
Das Resultat ist eine Bestätigung der Abstimmung vor zehn Jahren. Erstaunt sind wir eigentlich nicht, es kam wie erhofft und bestätigte unsere Vermutung.
Wie geht es jetzt weiter in Oberdiessbach?
Wir sind weder im Gemeinderat vertreten noch haben wir direkten Einfluss, da wir keine politische Partei sind. Wir haben immer betont, dass wir punktuelle Massnahmen unterstützen. Der Gemeinderat kann nach wie vor an den punktuellen Stellen Vorschläge machen, so wie vor zehn Jahren kommuniziert. Wenn er vernünftige Vorschläge der Gemeindeversammlung unterbreitet, gehen wir davon aus, dass diese eine Mehrheit finden könnten.
Was heisst punktuell?
Gemeint ist beispielsweise der Bereich Freimettigen-/Industriestrasse, das ist sicher ein Schwerpunkt. Auch im Bereich der Schulhäuser - ob Primar- oder Sekundarschule – sehen wir kein Problem für Massnahmen. Grundsätzlich sind die Schulwege in Oberdiessbach sicher.
Thema war auch immer das Altersheim Kastanienpark, wer dort zu Fuss unterwegs ist, sieht nichts Gefährliches. Insbesondere noch mit der vermurksten Bushaltestelle, damit hat man die Strasse bereits kastriert. Dort braucht es keine Temporeduktion.
Die Gemeindepräsidentin sagte im Interview, dass man etwas für die Schulkinder machen muss – was sagen Sie dazu?
Das ist eine Aussage! Wir haben bereits viel in die Schulwegsicherheit investiert, beim Löwen, ein durchgehendes Trottoir auf der Haube, man hat die Schulhausstrasse und weitere Trottoirs saniert. Schlussendlich müssen die Kinder jedoch lernen, dass es Verkehr und Stellen gibt, wo man aufpassen muss. Die gefährlichen Stellen hat man bereits berücksichtigt.
Stichwort Bahnhof?
Jetzt übernimmt die Gemeinde die Bahnhofstrasse, die ist sanierungsbedürftig, klar. Dort muss man nicht zu viel Geld ausgeben, verkehrstechnisch kann man sich den Aufwand sparen. Wenn man die Strasse neu teert und ein paar Linien macht, sollte das reichen. Es braucht keine Poller und keine zusätzlichen Trottoirs. Als direkter Anwohner kann ich sagen: es gibt dort kaum gefährliche Situationen.
Was erwarten Sie vom Tiefbauamt des Kantons Bern?
Wir erwarten vom Kanton, dass er früher oder später die Sanierungen vornimmt und auf die Anliegen der Mehrheit eingeht. Dann steht einer Sanierung nichts im Weg.
Warum löst Tempo 30 so starke Emotionen aus, wie erklären Sie sich das?
Es geht um diese Ideologie. Es geht darum, dass die einen den anderen etwas aufzwingen wollen. Das führt zu einer Bevormundung und Einschränkung, das hat jetzt übergekocht. Das hat nichts mit einer Spaltung der Gesellschaft zu tun. Es ist eine demokratische Angelegenheit und es wurde abgestimmt.
Was passiert mit dem Komitee Stopp-Tempo-30?
Wir hatten mehrere Ziele. Erstes Hauptziel war, dass man über das Tempo abstimmen konnte. Dann gings noch darum, Tempo 30 grossflächig zu bekämpfen. Wir haben auf der ganzen Linie gewonnen. Wir sind weder eine Partei noch ein Verein. In unserem Komitee haben sich viele Leute zusammengefunden, die das nicht in Ordnung fanden. Es ging um die Stimme des Bürgers.
Treten Sie an bei den nächsten Wahlen an, sieht man Sie bald in der Politik?
Es gibt schon Stimmen, die das gut fänden, eine künftige Partei wie freie Wähler zu gründen. Aber dafür bin ich nicht die richtige Ansprechperson. Ich habe keine Ambitionen für die Politik, das habe ich bereits hinter mir. Ich war 17 Jahre in der Baukommission (bis Ende 2021) und über zehn Jahre Präsident der FDP Oberdiessbach. Etwas möchte ich noch sagen.
Und das wäre?
Wir möchten andere Gemeinden dazu ermuntern, die Leute in die Tempodiskussion einzubeziehen. Dieses Thema betrifft die meisten von uns.