Leichtathletik: Rekordtermin in Berlin

Maja Neuenschwander, die schnellste Marathonläuferin des Landes, will am Sonntag ihren Bestwert unterbieten. Unterstützt wird die 35-jährige Bernerin unter anderen von einem Schweizer EM-Teilnehmer.

mjs, Berner Zeitung BZ

Die Wahl des Wettkampfs lässt die Zielsetzung erahnen. Maja Neuenschwander bestreitet am Sonntag den Berlin-Marathon, weil sie ihren Bestwert unterbieten will. Der Rang ist nebensächlich, die Konkurrenz hochwertig. Was nicht erstaunt, gilt die Strecke doch als schnellste im Kreis der grossen Stadtläufe. Die letzten sechs Männer-Weltrekorde über die bedeutendste Langstreckendistanz wurden in Deutschlands Hauptstadt realisiert. Im Vorjahr reüssierte der Kenianer Dennis Kimetto in 2:02:57 Stunden, der aktuellen Bestmarke.

Neuenschwanders Ambitionen sind bescheidenerer Natur. Die Bernerin unterteilt das Rennen gedanklich in zwei Hälften, will beide ungefähr gleich schnell zurücklegen; ihr schweben Zeiten von 1:13:30 bis 1:14 Stunden vor. Lief sie im April in Wien überraschend als Siegerin ein, wird das Podest in Berlin höchstwahrscheinlich ausser Reichweite bleiben. Um 2:20 Stunden herum werden die Weltklasse verkörpernden Ostafrikanerinnen benötigen; die 35-Jährige aus Rubigen orientiert sich an Athletinnen ihrer Leistungsklasse.

Anna Hahner beispielsweise, in Wien fast eine Minute langsamer als Neuenschwander, will sich für Olympia 2016 qualifizieren; dazu ist in Deutschland eine Zeit von 2:28:30 erforderlich. Die Schweizerin hat das Ticket nach Rio de Janeiro mit erwähntem Triumph so gut wie gelöst, die Vorgabe von Swiss Athletics (2:33:00) ist etwas milder als jene des nördlichen Nachbarn. Im nächsten Jahr benötigt sie nur noch eine Leistungsbestätigung. Erreichte sie den von Hahner angestrebten Wert, würde sie ihre Bestmarke (2:29:42) markant senken.

Schneller Tempomacher

Es ist aber nicht so, dass sich die Bernerin von Beginn weg an Hahners Fersen heften wird. Neuenschwander ist wie fast alle Marathonspezialisten eine Perfektionistin und daher bestrebt, das Gewicht des Faktors Zufall zu minimieren; sie lässt sich wie fast alle starken Mitteleuropäerinnen von männlichen Tempomachern begleiten.

In Wien ging der Plan nicht auf. Die Südtiroler Hermann Achmüller und Hannes Rungger litten an Krämpfen, mussten aufgeben; die letzten 10 der 42,195 km bewältigte Neuenschwander bei Gegenwind im Alleingang. Rungger ist neuerlich dabei, komplettiert wird das Duo durch Michael Ott. Der 33-jährige Zürcher – er vertrat die Schweiz an der EM in seiner Heimat – hat eine Bestleistung von 2:16:53 vorzuweisen. Ein schnellerer Pacemaker lässt sich hierzulande kaum finden.

Hinter den Bemühungen findet sich der Wunsch, in der Gunst der Veranstalter aufzusteigen, in eine lukrativere Kategorie zu laufen. In Wien sei die Zeit (2:30:09) dafür zu wenig gut gewesen, sagt Neuenschwander. Vom Triumph profitiert sie vorab in mentaler Hinsicht. «Ich weiss nun, dass ich ein solches Rennen gewinnen kann. Und all jene, die ich geschlagen habe, wissen das auch.» Sollte der Plan in Berlin aufgehen, würde dies das Selbstbewusstsein neuerlich erhöhen. Erwischte Neuenschwander zudem einen richtig guten Tag, könnte gar der Landesrekord von Franziska Rochat-Moser (2:27:44) ins Wanken geraten.


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Erstellt: 25.09.2015
Geändert: 25.09.2015
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