Langnau/Schlosswil - Jörg Reber will Sieg gegen den SCB
1992 hat Jörg Reber mit dem SC Bern den Meistertitel gefeiert. Die Playoff-Qualifikation mit den Langnauern hat für den 36-Jährigen jedoch emotional einen höheren Wert. Am Freitag will er dem Meister im Derby Paroli bieten.
Rund 34 Kilometer liegen Bern und Langnau voneinander entfernt. In der Mitte befindet sich die Gemeinde Schlosswil. Das 654-Seelen-Dorf wird mitunter als Tor zum Emmental bezeichnet – aufgrund der geografischen Lage markiert es quasi die Grenze zweier Fankulturen.
«In Schlosswil sind die Leute gespalten, es gibt SCB- und Langnau-Sympathisanten», erzählt Jörg Reber augenzwinkernd. Der Profi der SCL Tigers ist in Schlosswil aufgewachsen, in Jugendjahren hegte er eine Vorliebe für den SCB. «Mein Vater besass zwanzig Jahre lang eine Saisonkarte, ich begleitete ihn oft an die Spiele. Das hat mich geprägt.» Auf dem Schulhof habe er Hockey gespielt; «es gab eine Gruppe Langnau-Fans und eine SCB-Fraktion». Die Rivalität sei spürbar gewesen, die Vereine hätten grosse Ausstrahlungskraft gehabt. «Vor Derbys gab es immer Sticheleien», sinniert Reber. Heute (19.45 Uhr, Postfinance-Arena) folgt das nächste Duell.
Fasziniert vom SCB
Jörg Reber hat die Seite längst gewechselt. Seit knapp zwei Jahren ist er bei den Tigers engagiert. So richtig lanciert hat er seine Karriere jedoch beim Kantonsrivalen. Als 13-Jähriger wechselte er zu den SCB-Novizen. «Ich hatte zuvor auch mit Langnaus Verantwortlichen Gespräche geführt. Beim SCB faszinierte mich aber die Begeisterung der Zuschauer, ich wollte um jeden Preis in diesem Stadion einlaufen.» 1991 debütierte der heute 36-Jährige unter Trainer Bill Gilligan (Reber: «Er hatte ähnliche Qualitäten wie John Fust») in der ersten Mannschaft; zu seinen Teamkollegen zählten unter anderen Reijo Ruotsalainen, Renato Tosio, und der heutige SCB-Sportchef Sven Leuenberger. Mit dem «Starensemble» gewann Reber seinen einzigen Meistertitel. Drei Jahre später war ihm unter Coach Bryan Lefley keine bedeutende Rolle mehr beschieden, daher folgte der Wechsel nach La Chaux-de-Fonds. Junge Akteure hätten es bei den ambitionierten Bernern damals nicht leicht gehabt. Der Kontakt sei rasch abgerissen, erzählt Reber, «eine Rückkehr war nie mehr ein Thema».
Titel für die Statistik
Beim SC Bern feierte Reber seinen grössten Erfolg. Die Goldmedaille habe er aufbewahrt, er wisse die Bedeutung der Auszeichnung jedoch einzuschätzen. «Mit dem Titel habe ich nie angegeben, ich bestritt in dieser Saison ja nur eine Partie. Es ist ein Erfolg für die Statistik.» Reber zieht es vor, von seinen fünf Meistertiteln in der zweithöchsten Spielklasse, den Aufstiegen mit La Chaux-de-Fonds (1995) und Biel (2008) sowie der Playoff-Qualifikation mit den SCL Tigers zu sprechen. «Diese Erfolge haben für mich einen emotionalen Wert.»
Nach einem «schwierigen ersten Jahr» in Langnau geniesst Reber den Höhenflug. Dass es den Emmentalern derart gut läuft, hängt auch mit seinen Leistungen zusammen. Er spiele die Saison seines Lebens, sagt der Walkringer, welcher in 47 Spielen 13 Tore und 16 Assists buchte. Sogar Nationaltrainer Sean Simpson zeigte sich von Reber beeindruckt und bot ihn im November für drei Länderspiele auf. Einzig Paul-André Cadieux war bei seinem Debüt in der helvetischen Auswahl älter gewesen (42). Reber sagt, er fühle sich nicht wie ein 36-Jähriger. Die jungen Teamkollegen – Alban Rexha etwa ist 18 Jahre jünger – wirken offenbar belebend. Seinem Körper hat er Sorge getragen, intensiv im Kraft- und Ausdauerbereich gearbeitet. «So konnte ich den Nachteil der Körpergrösse (170 cm, die Red.) kompensieren. Ich hatte es nie leicht; ich musste mir vieles hart erkämpfen und lernen, wie man sich gegen physisch überlegene Spieler durchsetzt.»
«Ein Knüller»
Bei den Tigers fühlt sich Jörg Reber wohl, der bodenständige Berner identifiziert sich mit dem Landklub. Im November hat er einen Vertrag bis Ende der Saison 2012/2013 unterzeichnet; die Emmentaler haben Interesse signalisiert, die Zusammenarbeit danach in einer noch zu definierenden Form fortzusetzen. Eine Aufgabe im Marketingbereich könnte eine Option sein, Reber wird zudem bald das A-Diplom erwerben. In Langnau leitet er Juniorentrainings. Er will dem Verein damit etwas zurückgeben.
Reber hat sich ein zweites Standbein aufgebaut. Der gelernte Spengler bildete sich weiter; als er mit Biel in der NLB spielte, arbeitete er als Office Supporter bei einer Telekommunikationsfirma. «Viele Spieler versäumen es, sich für das Leben nach dem Sport vorzubereiten. Ich will für diesen Schritt bereit sein.» Vorerst aber zählt das Geschehen auf dem Eis. Vor dem heutigen Vergleich mit dem SCB ist er zuversichtlich. «Wir sind konkurrenzfähig, Spiele gegen Bern haben wieder Derbycharakter.» An das mögliche Wiedersehen im Playoff-Viertelfinal denkt Reber nicht. «Ich habe keinen Wunschgegner. Für den Verein und die Fans wäre ein Duell mit dem SCB aber sensationell. Das wäre ein Knüller.»