Kulturfabrikbiglen: Weitermachen ist wichtiger als Defizit

Im Herbst sorgte sich Kulturfabrigkbiglen-Leiter Peter Leu noch um das Überleben der Theater. Unterdessen haben er und sein Team sich mit der aktuellen Situation arrangiert. "Wir sind guten Mutes", sagt er trotz kleinem Publikum und Loch in der Kasse.

Isabelle Berger, info@bern-ost.ch

"Liebes Publikum, wir brauchen euch jetzt. Möglicherweise ist es später zu spät, weil einige Theater diese Reservationsenthaltsamkeit nicht überleben", schrieb Peter Leu vor einigen Monaten auf Facebook. Mit den jetzigen, nicht weiter verschärften Massnahmen scheint in der Eventbranche nun doch so einiges möglich zu sein. Und Publikum gibt es auch. Jüngstes Beispiel ist das Barfest in Münsingen (BERN-OST berichtete).

 

Tische statt Sitzreihen

"Wir haben natürlich ein älteres, vorsichtigeres Publikum als ein Barfest", sagt Peter Leu. Die Leute seien zurückhaltend mit dem Reservieren. "Aber bei uns ist es nicht so schlimm, weil wir die Bestuhlung geändert haben." Statt bis zu 250 Plätzen in Sitzreihen gibt es jetzt 70 Plätze um mehrere Tischchen. "Es gilt die 2G-Regel. Beim Laufen und Stehen tragen die Leute eine Maske, am Tischchen können sie ohne sein. Das ist schön für sie und für die Künstler:innen und gibt eine schöne Stimmung", sagt Leu.

 

Zum Beispiel die Aufführung von Comedian Michael Elsener vom Freitagabend sei voll gewesen. Vor der Vorstellung hätten sie zudem 18 Essen gehabt. "Das ist im Verhältnis zur Publikumszahl recht viel, und es funktioniert bestens."

 

Offenbleiben wichtiger als Defizit

"Wir sind zufrieden, aber finanziell ist es meistens defizitär", sagt Leu. Bereits im Herbst sei festgestanden, dass Veranstaltungen ab 30 Personen durchgeführt würden. Bei 20 Personen seien sie dann auch auf die kleine Bühne ausgewichen. So könnten sie offenbleiben und dem Publikum einen guten Abend bieten. "Wir sind aufgestellt, fröhlich und guten Mutes und schauen, dass auch unser Publikum dies sein kann."

 

Darum bemühen sich Leu und sein Team besonders: "Wer an der Bar arbeitet, trägt eine Maske. Damit versuchen wir zu signalisieren, wie ernst wir die ganze Situation nehmen", betont Leu eine der Massnahmen im Betrieb. "Wir haben alles unternommen." Bisher erhielt er auch keine Meldung von einer Ansteckung an einem der Events.

 

Intensive Publikumsbetreuung

Auch mache er derzeit auffällig Werbung: "Zum Beispiel habe ich eine Mail geschrieben an die Leute, die Michael Elsener bereits einmal gesehen haben. Er sei wieder da mit neuem Programm. Ich weise auch darauf hin, dass die Gäste an Tischen sitzen und nicht in Reihen, wie im Reservationssystem dargestellt."

 

Dieses intensive Betreuen und Informieren der Leute werde dankbar aufgenommen. "Die Leute haben Freude und sagen 'es fägt' und 'es ist schön'", sagt Leu. Er und sein Team könnten alles erfüllen, was man so müsse. "Wer kommt, kommt gerne. Es ist eigentlich ein Halleluja." Aber: "Es gibt einfach wahnsinnig viel zu tun. Alles umorgeln, Tickets und Reservationen ändern, Leute informieren, dass sie auf einem anderen Platz sitzen als reserviert…"

 

Programm Top, Vermietungen Flop

Am Programm habe er nicht viel ändern müssen, sagt Leu. "Ich habe nur drei Sachen mit Künstler:innen aus Deutschland verschoben und drei Sachen abgesagt, weil die Künstler:innen 2G nicht akzeptieren wollten", sagt Leu. Dafür habe er kein Verständnis.

 

Was die Vermietungen anbelangt laufe derzeit nichts, ausser einer Geburtstagsfeier im Dezember. Drei Firmenanlässe seien storniert worden. Als nächstes stehe im April eine Hochzeit an. "Da müssen wir noch schauen."

 

Erträgliches Defizit

Das finanzielle Defizit kann die Kulturfabrikbiglen ertragen. "Wir haben Reserven und bekommen auch Ausfallentschädigung", sagt Leu. Bei den Künstler:innen, die schon einmal bei ihnen aufgetreten waren, könnten sie die Differenz von der damaligen zur heutigen Publikumszahl geltend machen. "Wir kommen mit einem hellblauen Auge davon."


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Erstellt: 17.01.2022
Geändert: 17.01.2022
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