Kulturfabrik Biglen: «Es war keine Rede von Schliessung»

«Es tuet verdammt weh», sagte Kulturfabrik-Urgestein Pesche Leu zu BERN-OST, nachdem die Schliessung des Bigler Kulturorts bekannt wurde. Hier erzählt er, was er seit der Hiobsbotschaft  unternommen hat und weshalb er den Verein Kulturfabrikbiglen in der Verantwortung sieht. Dessen Präsident Hannes Zaugg-Graf wehrt sich: «Es war kompliziert und kaum zu lösen.» Mittlerweile ist klar: Das Ende ist wohl definitiv.

Anina Bundi, anina.bundi@bern-ost.ch

„Ich bin stocksauer“, schrieb Pesche Leu auf Facbook kurz nachdem bekannt wurde, dass sein Lebenswerk, die Kulturfabrikbiglen vor der Schliessung steht. In den Kommentaren griffen weitere User:innen die aktuelle Leitung der Kulturfabrik, insbesondere den Trägerverein und dessen Präsidenten Hannes Zaugg-Graf an. Man habe nicht alles versucht, um den Ort zu retten, „Unwissenheit, Naivität und masslose Überschätzung der nicht vorhandene Fähigkeiten“ seien Schuld.

 

«Es war keine Rede von der Schliessung»

Gegenüber BERN-OST bekräftigt Leu, dass er das auch so sieht. Er habe von der Schliessung in seinem Zweitwohnsitz in Italien erfahren, erzählt er. Erst im Juni hatte er seinen Job als künstlerischer Leiter abgegeben und sich aus dem Tagesbetrieb der Kulturfabrik zurückgezogen, Obwohl er immer gesagt habe, er sei ansprechbar, wenn Hilfe nötig sei, habe man ihn nicht konsultiert vor dem Entscheid. Auch an der Mitgliederversammlung im Juli und an der Saisoneröffnung Mitte August sei offenbar noch keine Rede gewesen von der Schliessung.

 

Gemeinden angeschrieben

«Man hat nicht alle Wege ausgeschöpft», ist er überzeugt. Schliesslich hatte die Kulturfabrik erstmals seit ihrer Entstehung jährlich 80'000 Franken Unterstützung durch die Gemeinden der Region Bern in Sicht.

 

Er habe deshalb «die Ärmel hochgekrempelt» und alle involvierten Parteien angeschrieben: Die Gemeinden, den Vorstand, die Regionalkonferenz Region Bern (RKBM) und ihnen Vorschläge gemacht, wie die Kulturfabrik zu retten sei. In einem Brief bat er etwa die Gemeinden der RKBM, die Unterstützung für die Kultufabrik noch nicht zu künden, und ihm Zeit zu geben für deren Rettung.

 

Allerdings nur unter der Bedingung, dass auch der grösste Teil des Vorstands mithelfe. Von vier Gemeinden habe er positive Antworten bekommen. «Leider half das aber nicht mehr, denn vom Vorstand will niemand mehr weitermachen. Alleine will und kann ich den Weiterbetrieb nicht stemmen, zumal die Verträge mit allen Künstlerinnen und Künstlern ab Januar 24 bereits annulliert worden sind.» Schweren Herzens sehe auch er sich unter diesen Umständen zur Aufgabe gezwungen.

 

Defizit von 40'000 Franken

Hannes Zaugg-Graf wehrt sich gegen die Vorwürfe von Leu: «Wir haben an der Mitgliederversammlung nicht direkt die Schliessung angekündigt, aber klar gesagt, dass es sehr schwierig werde, bis Ende Jahr die Liquidität für den Betrieb zu erhalten.» In der letzten Saison, das Vereinsjahr der Kulturfabrik läuft von Juli bis Juni, gab es ein Defizit von rund 40'000 Franken.

 

«Kaum zu lösen»

Auf die Frage, ob der Vorstand denn die Kompetenz habe, den Betrieb zu schliessen, ohne die Mitglieder zu konsultieren, lacht er bitter. An die letzte Mitgliederversammlung seien ausser dem Vorstand zwei Personen gekommen, erzählt er. Und die Leute, die nun auf Facebook alles besser wüssten, habe er auch an Veranstaltungen nie gesehen. Zu wenig Publikum bedeute kein Geld für Werbung, worauf noch weniger Leute kämen. «Das ist kaum zu lösen.»

 

Es mangelt an Publikum und an Leuten, die mithelfen

Doch vor allem mangle es an Leuten, die sich engagieren. So habe es auch auf die Schliessungsnachricht null Echo gegeben, seien keine neuen Hände und Schultern aufgetaucht, um die Kulturfabrik zu stemmen. «Zwei, drei meldeten sich, dass sie mithelfen würden beim Auflösen, aber das wars.» Es sei ein «Strauss an Gründen», die zur Schliessung geführt hätten. Der Verein habe einfach keine Chance mehr gesehen, die Fabrik weiterzuführen.


Fehler gefunden?
Statistik

Erstellt: 02.11.2023
Geändert: 03.11.2023
Klicks heute:
Klicks total: