Kreisgericht VII Konolfingen in Schlosswil: "Ich bin auch nur ein Mann"

Ein Pfarrer stand als Kläger vor Gericht in Schlosswil. Er hatte die Ehefrau eines anderen getröstet. Deren Mann forderte von ihm Geld für die Scheidung und wurde wegen Erpressung, Beschimpfung und Tätlichkeiten verurteilt.

Laura Fehlmann, Berner Zeitung BZ
Der Mann, der gestern wegen versuchter Erpressung, Beschimpfung und Tätlichkeit vom Gericht Konolfingen in Schlosswil verurteilt wurde, nannte das, was seine Exfrau mit dem Pfarrer getan hatte, «bumsen». Dieser verwahrte sich dagegen, gab aber zu, der Frau «zu nahe» gekommen zu sein, und fügte bei: «Ich bin ja auch nur ein Mann.»

Die Beziehung zwischen Pfarrer und frustrierter Ehefrau stand aber nicht im Zentrum der Gerichtsverhandlung, sondern deren Folgen: Der möglicherweise Gehörnte hatte letzten August versucht, beim Pfarrer 15000 Franken zu erpressen. Er wollte damit die Anwalts- und Gerichtskosten bezahlen, die ihm durch die Scheidung entstanden waren. Seiner Forderung verlieh er mit der Drohung «Sonst passiert etwas» Nachdruck sowie mit einer Ohrfeige oder unsanftem Reissen am Arm. Die Aussagen darüber waren unterschiedlich.

Mit «Töfffahren ist gefährlich», soll der Kläger den Angeschuldigten begrüsst haben. Dieser habe geantwortet. «Nein, Töfffahren ist nicht gefährlich, wohl aber das Bumsen mit einer verheirateten Frau.» Die darauf folgenden Tätlichkeiten waren so heftig, dass die Brille des Pfarrers zu Boden fiel. Der Angeschuldigte soll sie aufgehoben und seinem Nebenbuhler gereicht haben, bevor er wieder auf das Motorrad stieg. Vor Gericht wollte er sich nicht mehr genau an den Geldbetrag erinnern, den er gefordert hatte. «Die Scheidungskosten haben etwa 15000 Franken betragen. Es kann sein, dass ich diese Summe genannt habe», sagte er. Und: Er hätte es schön gefunden, wäre ihm der Pfarrer mit Geld zu Hilfe gekommen. «Er ist ja schliesslich schuld an der Scheidung.»

«Feige Kanalratte»

Einig waren sich die beiden Männer über die Wortwahl des betrogenen Ehemannes. Dieser hatte den Liebhaber seiner Gattin als «Sauhund» beschimpft. Später, in einer Mail an eine Kirchgemeindepräsidentin, bei der sich der Pfarrer vorstellen wollte, als «feige Kanalratte». Nach der Wahl des Gottesmannes in diese Kirchgemeinde doppelte der Rächer noch mit einem Telefonanruf nach. Die Bibelsprüche auf einem Papier, das der Pfarrer danach dem Mechaniker in die Hand gedrückt hatte, trugen nicht etwa zur Entspannung bei. Im Gegenteil. Der Angeschuldigte geriet in heiligen Zorn. «Die Bibel ist offenbar flexibel auslegbar und erlaubt quasi den Ehebruch. Vor so einem Pfarrer habe ich keine Achtung mehr», sagte er vor Gericht.

«Erpressung, eventuell der Versuch dazu, Tätlichkeiten, Beschimpfung, üble Nachrede und Verleumdung» waren Verhandlungsgegenstand in Schlosswil. Gerichtspräsident Marco Ferrari befragte die beiden Beteiligten und verglich die Antworten mit den Polizeiprotokollen. Der Kläger zog seine Zivilklage zurück und stellte keine Geldforderungen. Verurteilt wurde der Angeschuldigte wegen versuchter Erpressung, Tätlichkeiten und Beschimpfung. Der Gerichtspräsident sprach eine auf zwei Jahre bedingte Geldstrafe von 2500 Franken aus, das sind 50 Tagessätze von 50 Franken. Dazu kommen eine Busse von 800 sowie 500 Franken Verfahrenskosten. Freigesprochen wurde er von übler Nachrede und Verleumdung. Die 200 Franken Gerichtskosten bezahlt der Staat.

Marco Ferrari stellte fest, dass der Angeschuldigte der Polizei die Forderung der 15000 Franken gestanden hatte. Und auch die Drohung, Arbeitgeber und Öffentlichkeit über den Ehebruch zu informieren.

Ein Artikel aus der

www.schlosswil.ch

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Erstellt: 17.01.2009
Geändert: 17.01.2009
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