Konolfingen - Wenn Ehepaare Versicherungen verkaufen
Während mehrere Banken wegen rückläufiger Kundenfrequenz Filialen schliessen, tut die Emmental-Versicherung das genaue Gegenteil: Sie will ihr Agenturnetz schweizweit ausbauen. Oft sind es Mikroniederlassungen.
Die Emmental-Versicherung sah sich im letzten Jahr mit so vielen Schadenfällen konfrontiert wie niemals zuvor – und schrieb dennoch einen Rekordgewinn. Was im ersten Moment wie ein Widerspruch klingt, lässt sich logisch erklären: Die grossen Elementarereignisse blieben 2017 weitgehend aus. Klar gab es Überschwemmungen, etwa im Stammgebiet der Versicherung in Konolfingen, und auch Hagelschäden. Aber eben nicht in bedeutendem Ausmass. Der überwiegende Teil der 18'000 Schadenmeldungen betraf kleinere, normale Fälle wie Velodiebstähle und Ähnliches.
Der Reingewinn von 9,8 Millionen Franken ist zudem vor allem auf die Entwicklung am Aktienmarkt zurückzuführen. Dort hat die Nummer neun unter den Versicherern in der Schweiz einen beträchtlichen Teil der Kundengelder angelegt. "Die Aktienmärkte kennen derzeit nur eine Richtung: nach oben", sagte Emmental-Geschäftsführer Christian Rychen gestern vor den Medien. Weiteres Geld hält die Versicherungsgenossenschaft in Liegenschaften investiert. Weil sämtliche ihrer 230 Wohnungen vermietet sind, stimmt auch in dieser Sparte der Ertrag.
12 Millionen für die Kunden
Wie bei der Emmental-Versicherung üblich, partizipieren die knapp 60'000 Kunden, die gleichzeitig Genossenschafter sind, direkt vom guten Jahresergebnis.
Alle drei Jahre finden in allen Teilen des Landes Gewinnausschüttungen mit Volksfestcharakter statt. 2018 ist es wieder so weit. Jeder Versicherte erhält 15 Prozent seiner Jahresprämie zurück. Insgesamt werden so 12 Millionen oder im Schnitt 200 Franken pro Kunde in bar rückvergütet.
Einen eigenen Weg geht die Emmental-Versicherung auch beim angestrebten Kundenwachstum: Während in der Region Bern etwa Banken – zum Beispiel die BEKB – ihr Filialnetz in den letzten Jahren tendenziell eher ausdünnten, will Emmental-Chef Rychen einen Gegentrend setzen. Er strebt im ganzen Land einen Ausbau des Agenturnetzes an. Derzeit existieren rund 250 Niederlassungen, alle auf dem Land oder in Subzentren. In die Städte wird Emmental auch künftig nicht vordringen. "Wir wollen aber auf dem Land noch näher bei den Leuten sein", so Rychen. Häufig handle es sich bei Emmental-Agenturen um Einpersonenbetriebe. "Ideal sind Ehepaare, die zusammen eine Agentur führen. Beide können Kundenanrufe beantworten." Solche Kleinstagenturen hielten die Kosten tief. Weil oft von zu Hause gearbeitet werde, könne sich die Versicherung Neubauten oder hohe Mietkosten sparen.
Burglind wird teuer
Rychen konnte gestern erste Schätzungen zu den Schäden der Januarstürme Burglind, Evi und Friederike abgeben. So gingen bei der Emmental-Versicherung 600 Meldungen ein. "Wir rechnen mit einer Schadensumme von rund 3,3 Millionen Franken." Etwa zwei Drittel der Schäden seien aus dem Kanton Bern gemeldet worden. Dort hat der Versicherer immer noch die Hälfte all seiner Kunden.