Konolfingen - Überraschende Kontraste in der Kirche

Der Orchesterverein Konolfingen stellte sein Sommerkonzert unter das Thema «Kontraste». In barocken und zeitgenössisch-klassischen Werken sowie in Jazz-Arrangements wurden die Zuhörer von der Vielseitigkeit des Laienorchesters überrascht un

Jürg Streit, Wochen-Zeitung
Unter der Leitung von Peter Knecht, der zur Zeit mit Orestis Chrysomalis das Dirigentenamt teilt, erklang zu Beginn das Concerto grosso op.6, Nr.7 von Georg Friedrich Händel (1685–1759). Als «Spitzenreiter» aus der Barockzeit werden diese Händel-Concerti von vielen berühmten Ensembles in verschiedenen Aufführungs- und Interpretationsweisen gespielt und als Tonträger angeboten. Dies verleitet wohl den Zuhörer dazu, die Ansprüche (zu) hoch zu erheben. So wirkte die Interpretation denn auch etwas gleichförmig, mit wenig Dynamik und mit Übergewicht der tiefen Stimmen. Dem Orchester gelang es nicht recht, den Funken auf das Publikum überspringen zu lassen.

Das 1735 von Johann Sebastian Bach komponierte «Concerto nach italienischem Gusto» für ein zweimanualiges Cembalo wurde vom Theologen und Cembalisten Andreas Marti zwar mit perfekter Technik, jedoch mit zu wenig Einfühlungsvermögen und ohne grosse innere Regung dargeboten. Dies führte dazu, dass auch hier der Faden zum Publikum nicht recht gesponnen werden konnte. Mag sein, dass auch die etwas unglückliche Aufstellung des Instrumentes (vom Grossteil der Zuhörer abgekehrt) den gewünschten etwas herzlicheren Eindruck vermissen liess.

Von der Moderne zum Jazz

In der Sinfonietta für Streichorchester von Harald Genzmer, dem ältesten noch lebenden deutschen Komponisten, waren vom Orchester rhythmische Genauigkeit und flexible Anpassung an die verschiedenen Übergänge gefragt. Die Streicher schienen nun wie verwandelt, spielten frisch, meisterten die Schwierigkeiten bewundernswert gut und schienen sich mit dem Werk identifizieren zu können. Besonders neckisch wirkte die Zupf-Passage im letzten Satz.

Das Concerto für Saxophon, op 109, von Alexander Glazunow(1865–1936) beeindruckte durch ein gut gelungenes Zusammenspiel und gegenseitiges «Aufmuntern» zwischen dem Solisten Michel Duc und dem Orchester. Die Kontraste zwischen lyrischen und klangvollen Partien traten hervor. Die abwechslungsreichen Klangfarben des «russischen Brahms» wurden glaubwürdig interpretiert.

Michel Duc etablierte sich zum Schluss zusammen mit Schlagzeug und Bass als Solisten-Trio, welches die rhythmische und in weiten Teilen auch die klangliche Basis zu den drei Jazz-Standards von Duke Ellington (1899–1974) bildete. Während «Caravan» noch etwas zurückhaltend und «streichorchester-mässig» wirkte, steigerten sich alle Interpreten in «Mood Indigo» und vor allem in «I don't mean a thing» zu einer veritablen Jazzband, die mit Drive und adäquatem rhythmischen Sound das Publikum vollends verblüffte.

Peter Knecht gelang es, die Kontraste zwischen den einzelnen Epochen und Musikstilen mit dem Laienorchester herauszuarbeiten. Viele Zuhörer jedenfalls erlebten den Kontrast wohl in der Art, als dass sie würdig «klassisch» dem Anfang des Konzertes harrten und am Ende groovend und tänzelnd die Kirche verliessen.

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Erstellt: 10.06.2004
Geändert: 10.06.2004
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