Konolfingen - Mit jeder Schicht eine neue Farbe

Unter dem Titel «Schnittstellen-Verwandlungen» zeigt Georges Wenger im Schloss Hünigen einen Teil seines vielseitigen Werks. Die Druckgrafik steht im Zentrum seiner Arbeit. Der Künstler setzt neben der traditionellen Kupferplatte auch den Com

Bettina Halemann-Bürgi, Wochen-Zeitung
Unter den Künstlerinnen und Künstlern, deren Werke im Schloss Hünigen gezeigt werden, finden sich immer wieder auch grosse Namen. Georges Wenger aus Winterthur, dem die Sommerausstellung gewidmet ist, gehört in diese Kategorie. Bedeutende Institutionen wie das Kunsthaus Zürich und die Fondation Beye­ler haben seine Werke gekauft. Auch an der Vernissage im Schloss fehlte es nicht an prominenten Leuten. Emil Steinberger höchstpersönlich mischte sich unter das Publikum.

Minuziöses mit der Radiernadel

Angefangen hat Georges Wenger als ausgebildeter Schriftsetzer mit Minia-tur-Radierungen: Als Sujets dienten ihm historische Bauten, eine Baumnuss, ein japanischer Tempel. In den Fussstapfen der alten Meister stach er die Motive detailgenau in eine Kupferplatte, die er dann als Druckstock verwendete. Schon früh erhielt der Weltenbummler Gelegenheit, in der Schweiz und im Ausland seine Arbeiten der Öffentlichkeit zu zeigen. Ab 1990 wandte sich Georges Wenger der abstrakten Kunst zu. Die Präzision und die Erfahrung des Kupferstechers treten auch in diesen Werken zum Vorschein. Unzählige kleine Striche bilden zusammen ein zufälliges Muster.

Von unsichtbarer Hand geleitet folgen die Striche einem bestimmten Rhythmus, verdichten sich zu dunklen Flächen und lösen sich danach wieder auf. Ein Formenspiel, das an die kräuselnde Bewegungen des Wassers erinnert, wenn der Wind darüber fährt.

Den Computer entdeckt

Georges Wenger ist ein Weltbürger. Er ist viel gereist, durch Asien, Nord- und Südamerika. Der Kosmopolit liebt den Kontakt mit Künstlern aus anderen Kulturen. Der internationale Austausch lässt den Zürcher immer wieder Neues ausprobieren. Auf diesem Weg lernte er eine neue Drucktechnik aus Amerika kennen, die ohne giftige Lösungen auskommt und den Computer als Hilfsmittel bei der Herstellung des Druckstocks einsetzt. Diese Entdeckung eröffnete dem Künstler ungeahnte Möglichkeiten.

Baumkronen im Winter

Die jüngste Werkgruppe, die auf der neuartigen Technik beruht, basiert auf Fotografien des Künstlers. Sie zeigen Ausschnitte verschiedener Baumkronen im Winter, das feine Geflecht aus blätterlosen Ästen und Zweigen. Jedes der quadratischen Bilder mit dem Titel «Talking to the trees» (mit den Bäumen sprechen) ist in einem bestimmten Farbton gehalten. Auch blau, Wengers Lieblingsfarbe, tritt auf. Doch jedes Bild trägt in Wirklichkeit eine Vielzahl von Farben in sich, die von mehreren Druckvorgängen herrühren und den Bildern eine intensive Ausstrahlung verleihen.

Das ABC

Eine dritte Werkgruppe ist dem Schriftzeichen gewidmet. Was aussieht wie japanische Kalligraphie ist in Wirklichkeit die stark vergrösserte Handschrift des Künstlers selbst. Die Buchstaben, Wörter und Satzteile, die in den Bildern über und nebeneinander liegen, stammen aus einem einzigen Brief. Es handelt sich dabei um ein Dankesschreiben, das der Künstler an seinen Berufskollegen richtet, dem er die neue Drucktechnik verdankt.

Zu der Machart der Bilder schreibt der Künstler: «Bei dieser Arbeit sind Computer, Druckpresse, Fotokopierer, Pinsel, Hammer sowie Cutter, Farbtuben, Leimkübel, Schere, Leinwände und Kupferplatten an einem Arbeitsplatz vereint».

[i] Schloss Hünigen, «Schnittstellen-Verwandlungen», Druckgrafik und Malerei von Georges Wenger, bis 21. August 2005, täglich 8 bis 21 Uhr.

www.wochen-zeitung.ch
www.konolfingen.ch
www.schlosshuenigen.com

Fehler gefunden?
Statistik

Erstellt: 23.06.2005
Geändert: 23.06.2005
Klicks heute:
Klicks total: