Konolfingen - Im Untergrund lauert Gift
Eine Textilreinigung an der Emmentalstrasse hat über Jahrzehnte Chemikalien im Boden entsorgt. Hermann Peter ist Nachbar der verseuchten Liegenschaft und will Klarheit über die Bodenbelastung.
Hermann Peter wohnt und arbeitet an der Emmentalstrasse 3 in Konolfingen. Von 1972 bis 1994 war im Haus daneben die Textilreinigung Grogg, die ihre Chemikalien in einem Sickerschacht entsorgt hatte. «Zuletzt wurden 2012 Probebohrungen gemacht», sagt der bald 60-Jährige. Resultate der Untersuchungen hat er nie gesehen. «Ich wartete, dass sich jemand vom Kanton bei uns meldet.» Peter weiss nicht, ob das Gift im Untergrund die Gesundheit beeinträchtigt. Vor 10 Jahren wurde ihm wegen eines Tumors eine Niere entfernt. «Da denkt man natürlich sofort an krebsfördernde Gifte im Untergrund», sagt Peter, der seine Nachfolge regeln will, um die Liegenschaft und das Geschäft seinen Kindern zu übergeben.
Vergiftete Zone
«Ich verlange einen Altlastennachweis oder eine schriftliche Bestätigung, dass unsere Liegenschaft nicht belastet ist», sagt Peter. Darum hat er auch bei der Gemeinde und beim Amt für Wasser und Abfall interveniert, aber noch nichts gehört. «Wir leben in einer vergifteten Zone, vielleicht ist auch das Trinkwasser verseucht, und niemand unternimmt etwas», ärgert sich Peter. Die Ungewissheit weckt Ängste in ihm. Verliert die Liegenschaft an Wert, wenn der Boden vergiftet ist? Muss das Haus abgerissen werden, damit der Boden saniert werden kann?
Belastetes Grundwasser
Rund um die ehemalige Textilreinigung zeugen Gusseisendeckel von Probebohrungen, die das kantonale Amt für Abfall und Wasser (AWA) vornehmen liess. Vor 2 Jahren hatte das Amt mitgeteilt, dass das Grundwasser dort unter mehreren Liegenschaften belastet sei (wir berichteten). Bei einer Altlastenuntersuchung stellten Fachleute fest, dass der Untergrund schwer mit CKW belastet ist. Das sind chlorierte Kohlenwasserstoffe, wie sie in der Textilreinigung verwendet werden. Sie verwandeln sich in krebsförderndes Vinylchlorid und verbreiten sich über das Grundwasser weiter. Laut Rolf Tschumper vom AWA liegen die Resultate der letzten Bohrungen seit Mai vor. Jetzt wird ein Sanierungskonzept erstellt und ein -perimeter bestimmt. «In den nächsten Tagen wird das weitere Vorgehen mit der Gemeinde und dem Bundesamt für Umwelt besprochen. Ende Juli informieren wir die betroffenen Grundeigentümer», sagt der Geologe und betont, dass Gemeinde und Betroffene regelmässig informiert wurden. «Sie konnten uns auch jederzeit anrufen und Fragen stellen.» Tschumper betont, dass in der nahen Grundwasserfassung keine Belastungen gefunden wurden. Saniert werde, so Tschumper, «in den nächsten Jahren». Das vergiftete Erdmaterial muss ausgehoben und entsorgt werden. Die Sanierungskosten muss der Kanton übernehmen. Er berappt sie aus dem Abfallfonds und erhält nach Abschluss der Arbeiten 40 Prozent der Kosten vom Bund zurückerstattet. Die Firma Grogg, die die Belastung verursacht hat, ging vor 12 Jahren in Konkurs und existiert nicht mehr. Deshalb kann sie finanziell nicht mehr belangt werden.
Gemeinde wusste von nichts
«Wir haben lange nichts gewusst», sagt Gemeinderat Christoph Zürcher (FDP). Die Sache sei erst ins Rollen geraten, als die Raiffeisenbank Kiesental mit anderen Investoren an der Emmentalstrasse vor 2 Jahren eine Überbauung plante. Diese wurde nicht realisiert, weil zuvor der Boden hätte saniert werden müssen. Die Raiffeisenbank baut nun neben der belasteten Liegenschaft. Das Gift ist noch im Untergrund. «Die Leute, die diese giftigen Substanzen in den Boden fliessen liessen, sind kriminell», sagt der Gemeinderat. Die belastete Liegenschaft gehört der Erbengemeinschaft Habegger. Jakob Hofstetter-Habegger von der Erbengemeinschaft wohnt an der Emmentalstrasse 1. In den Räumlichkeiten der ehemaligen Textilreinigung ist heute Schlüssel Stalder eingemietet. «Es ist belastend, eine solche Liegenschaft zu besitzen», sagt Hofstetter, der auch die finanziellen Lasten mitträgt: Die Erbengemeinschaft musste bereits namhafte Beträge an Voruntersuchungen und Abklärungen bezahlen. «Wir hoffen, dass der Kanton die Sanierung endlich vorantreibt.»