Konolfingen - Helfer auf dem letzten Weg
Ein Verein aus der Region bietet Begleitungen für Schwerkranke und Sterbende an. Dadurch bekommen auch Angehörige mehr Zeit und Raum, sich mit der schwierigen Situation auseinanderzusetzen.
Wie verhält man sich, wenn jemand gerade gestorben ist? «Erst einmal tut man nichts», sagt Ursula Burkhalter. «Dann öffnet man vielleicht ein Fenster oder zündet eine Kerze an. Auf jeden Fall sollte man sich Zeit lassen», erklärt sie. Ursula Burkhalter leitet seit kurzem die Erfahrungsgruppe des Vereins Begleitung Schwerkranker Konolfingen.
Die Begleitenden stehen unter Schweigepflicht. Damit sie sich dennoch über ihre Erlebnisse mit Schwerkranken und Sterbenden austauschen können, treffen sie sich mehrmals jährlich in der sogenannten Erfa-Gruppe. Eine der drängendsten Fragen bei den Treffen sei immer wieder die nach dem Umgang mit dem Tod, so Burkhalter.
Im Hintergrund
Wo es Trauer und Angst gibt, wird es oft schwierig. Da können die Begleiter schon mal zwischen die Fronten geraten. Auch für solche Situationen weiss Ursula Burkhalter Rat: «Wenn sich Angehörige und Patienten in den Haaren liegen, ist es wichtig, sich seiner Rolle bewusst zu sein und nicht in das Familiengefüge eingreifen zu wollen. Wir bleiben im Hintergrund.»
Ursula Burkhalter ist seit 2013 im Verein dabei. Sie hat jahrelang bei der Spitex gearbeitet und war auch im Spital in der Intensivpflege im Einsatz. Heute arbeitet sie im Pflegezentrum Kastanienpark in Oberdiessbach. Die ehrenamtliche Arbeit beim Verein macht sie aus Überzeugung: «In unserer Gesellschaft gibt es keinen Platz für das Sterben», sagt sie. Der Sterbeprozess und das Abschiednehmen kämen vor allem in Spitälern viel zu kurz. «Der Verein ermöglicht allen Betroffenen, sich mit dem Sterben auseinanderzusetzen.»
Einfach da sein
Annelies Rothen ist seit fast zehn Jahren im Verein tätig. Die Pflegefachfrau begründet ihr Engagement so: «Ich wollte an einem Ort arbeiten, wo das Sterben keine Nebensache ist.» Für Rothen haben die Begleiter vor allem eine Aufgabe: «Wir müssen einfach da sein − für die Kranken und auch für die Angehörigen.» Da zu sein heisst etwa, mit den Betroffenen spazieren zu gehen, ihnen etwas vorzulesen oder Fotoalben anzuschauen. Aber auch ganz einfach nur anwesend zu sein. «Es geht aber nicht nur um die Kranken», fügt Rothen an.
Wichtig sei auch, dass die Angehörigen entlastet würden. Bei einem Ehepaar etwa, wo der eine Partner schwer krank sei, komme es oft vor, dass der andere sein soziales Netz verliere, weil er sich nur noch um den Kranken kümmere. «Hier kommen wir ins Spiel», sagt Rothen. Durch ihren Einsatz könnten die Angehörigen durchatmen und auch mal zu sich selber schauen. Annelies Rothen erkennt auch ganz klar, was sie für sich aus ihren Einsätzen mitnehmen kann: «Man ist den Menschen sehr nah und kann sehr viel über das Leben und das Sterben lernen, ohne es am eigenen Leib erfahren zu müssen.»
Keine Konkurrenz zur Spitex
Der Verein zählt heute 75 Mitglieder. Beruflich kommt ein Grossteil aus dem Pflegebereich, obwohl das keine Bedingung ist. Von allen Mitgliedern sind gut 35 aktive Begleitende. «Alle haben eine entsprechende Ausbildung absolviert. Diese bieten wir in Zusammenarbeit mit einer erfahrenen Ausbildnerin an, die ähnliche Kurse auch beim Roten Kreuz gibt», erklärt der Vereinspräsident Hans Schär. Alle Begleiter arbeiten ehrenamtlich und bekommen lediglich eine Spesenentschädigung.
Eine Betreuung für eine Nacht ab 22 Uhr beispielsweise kostet 80 Franken. Im letzten Jahr begleitete der Verein zwölf Schwerkranke. Das Angebot des Vereins solle nicht als Konkurrenz zur Spitex verstanden werden, sagt Hans Schär. «Weder Hauswirtschaftsarbeiten noch medizinische Betreuung gehören zu unseren Aufgaben», sagt er.